26.4.08

Sie

»Ist es ein Wunder, dass sie ausgerechnet auf ihn geschossen haben? Den mir liebsten unter meinen politischen Freunden.« Ulrike Meinhof im April 1968 über Rudi Dutschke
Es ist dieses "sie", vor dem wir uns zu fürchten haben. Die mangelnde Unterscheidung innerhalb von Gruppen. Das aus dem Blick Geraten des Individuums, das Verpassen von "Charaktermasken". Beide haben schwer für diesen aus ihrer Situation heraus nur zu verständlichen Fehler bezahlt.
Der eine als Opfer, die andere als Täterin und damit den Mittätern Ausgelieferte.

"Der Handelnde ist immer gewissenlos" (Goethe). Gut, dass Dutschke nicht alle seine politischen Pläne ausagieren konnte. Meinhofs Tragik, dass sie zum Handeln verführt wurde.
Nicht nur im Konzentrationslager gilt: Wenn überhaupt involviert, dann besser als Opfer, denn als Täter.
So ungeheuer das Unrecht, das dem Opfer widerfährt, auch sein mag.

23.4.08

Protest gegen gegenwärtige Biospritverordnung

Dass Benzin und Diesel in den nächsten Jahren immer mehr Agrarsprit enthalten sollen, ist eine große Fehlentscheidung. Diese Energie vom Acker heizt das Klima an, vertreibt Menschen, zerstört Regenwälder und führt zu mehr Hungertoten.

Ich bitte Sie im Interesse der Umwelt: Nehmen Sie die Entscheidung zurück, bis es möglich ist, aus Bioabfällen genügend Agrarsprit herzustellen. Dann wird er ein Segen sein.

So der Wortlaut meines Schreibens an Bundesumweltminister Gabriel.

Man kann bei Regenwald.org auch ein Flugblatt dazu herunterladen.

22.4.08

Was tun?

Wenn man politisch etwas erreichen will, sollte man nicht nur sich selber dafür einsetzen, sondern auch sein Geld, meint Wolfgang Kessler von Publik-Forum.
Wir kennen das vom Boykott, z.B. gegen Shell im Zusammenhang mit dem schwimmenden Öltank Brent Spar, der den mächtigen Ölkonzern zu einer Änderung seiner Politik bewogen hat. Aber man kann auch positiv sein Kapital für ökologische Investitionen einsetzen, z.B. über Ökofonds.
Aber man sollte auch den Staat dazu bringen, etwas zu tun. So könnte er z.B.:
1. sinnvoll investieren in Forschung und Bildung. (Dabei geht es vor allem um die Integration derer, die gegenwärtig aus dem Schulsystem herausfallen, damit sie nicht, wenn die Geburtenjahrgänge schwächer werden, zusätzlich zu den Rentnern mitversorgt werden müssen.)
2. Er sollte eine Mindestabsicherung für alle einführen. Freie Versicherungswahl sollte nur für Zusatzleistungen bestehen.
3. Er sollte zur Förderung ökologischeren Wirtschaftens kann eine Energiesteuer einführen, die zu 100% wieder zurückgezahlt wird, freilich pro Kopf eine einheitlicher Betrag, so dass sich umweltschonendes Verhalten für jeden lohnt.
4. Öffentlich kontrollierte Banken dürften nicht frei spekulieren.
5. Ein Teil des freien Geldes (im Promillebereich) sollte über eine Spekulationssteuer (Tobinsteuer) abgeschöpft und gezielt zur Bekämpfung von Armut eingesetzt werden.
6. Der Staat sollte auch auf Beteiligung der Arbeitnehmer an ihrem Betrieb hinarbeiten, weil das wieder Wirtschaften für ihre Interessen möglich machen würde.

Und schließlich könnten die Tarifparteien durch höhere Lohnabschlüsse mehr Inlandsnachfrage ermöglichen.

11.4.08

Götz Aly und die Studentenbewegung

Götz Aly, verdient als Holocaustforscher und durch sein Buch "Hitlers Volksstaat" (2005), der die materielle Seite der Zustimmungsmobilisierung durch die Nazis eindrucksvoll belegt, ist jetzt mit einem Buch über die Studentenbewegung hervorgetreten: "Unser Kampf. 1968 – ein irritierter Blick zurück", 2008.
Darin berichtet er u.a. von einer mit "Schweinejagd" bezeichneten Aktion im Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin, die darin bestand, Professoren bei einer Institutsbesetzung zu den Fenstern des Seminarraums zu tragen und ihnen anzudrohen, sie aus dem Fenster zu werfen. Er war dabei beteiligt. Was seine Rolle war, gibt er nicht an.
Dafür erklärt er, die Studentenbewegung von 1968 sei gleichsam die Fortsetzung der Studentenbewegung von 1933.
Interessant ist, was Rolf Schneider am 11.4. in der Frankfurter Runschau zu bemerken hat:
Bei der Besetzung der staatlichen Kunstschule in Berlin durch die SA-Studentenschaft wurde eine Prüfung "gewaltsam unterbrochen", die Professoren wurden "aus den Prüfungsräumen entfernt", die mit den Professoren sympathisierenden Studenten "gewaltsam zurückgedrängt" und eine vier Meter hohe Hakenkreuzfahne aufgerichtet. Als Aly diese Szene rekonstruierte, muss ihn die Frage heimgesucht haben: Hatte er als einer der Anführer der "Schweinejagd" im OSI nicht das Gleiche getan? Das Gleiche oder dasselbe? Und war auf dem vom "Wiedergänger" Aly mitverfassten Aufruf zur "Schweinejagd" nicht eine Karikatur zu sehen, auf der ein besonders großes Schwein namens Richard Löwenthal zu sehen war - eines jüdischen Professors, der in die USA geflohen und nach Deutschland zurückgekehrt war, um den jungen Deutschen die Demokratie beizubringen?
Womöglich, so spekuliere ich, sind es der Schock und die Scham über diese frappante Ähnlichkeit seiner eigenen Schandtat mit der der SA-Studenten gewesen, die dem erfahrenen Rechercheur Götz Aly und Holocaust-Experten die Handwerkszeuge des Historikers aus den Händen geschlagen haben. Statt seinem höchst angebrachten Schuldgefühl nachzugehen, flüchtet er sich in ein General-Verdikt der ganzen Generation ...

10.4.08

Ist doch der Genitiv der Tod des Dativs?

"Ausführlich widmet sich die Süddeutsche Zeitung noch einmal des höchstrichterlichen Urteils", so zu hören in einem Rundfunkkulturprogramm.
Gehobene Stilebene, aber die Kenntnis der Fälle scheint verlorengegangen.

8.4.08

Völkerverständigung

Zwar bin ich fest überzeugt, schon einmal auf dies Gespräch mit einem Aborigine eingegangen zu sein, aber da ich keinen Eintrag dazu finde, setze ich den Hinweis - noch einmal? - hierher.
Und das war's, was ich (freilich anderswo) geschrieben hatte:
Ich glaube, es bedarf nicht einer Tradition von 40 000 Jahren, um nicht verloren zu sein, sondern eine Aufgabe, die man voll und ganz annehmen kann.
Die kann dann ein Bei-sich-sein erzeugen wie bei Gandhi, den Männern des 20. Juli, Matin Luther King und Nelson Mandele.
Doch das Bei-den-Vorfahren-sein, wie es die Aborigines kannten, ist freilich seit Beginn der Jungsteinzeit verloren gegangen. Zu hektisch wurde da der Wandel.
Dagegen hat der junge Joseph laut Thomas Mann noch etwas von der alten Kontinuität gekannt, die die späteren Namensträger mit ihren Vorgängern verband wie etwa seinen Eliezer mit dem Abrahams.
Joseph „sah durch ihn hindurch eine unendliche Perspektive von Elezergestalten, die alle durch den Mund des gegenwärtig Dasitzenden Ich sagten, und da man im Dämmer des schattenmächtigen Baumes saß, hinter Eliezer aber die hitzig durchsonnten Lüfte flirrten, so verlor diese Identitätsperspektive sich nicht im Dunkel, sondern im Licht.“ (Der junge Joseph, zweites Hauptstück, S.312)
Ein Mitglied der stolen generation kann freilich nicht mehr so Ich sagen. Aber er wird sich bei seiner Entscheidung gegen Küstenaustralien und für Outback bewusst mit seinen Vorfahren identifiziert haben, für die das generationenumfassende Ich noch selbstverständlich war. Das unterscheidet ihn freilich von uns, die wir in Nachfolge von Bismarck, Ebert, Möllemann und Westerwelle ich sagen.

Lernen durch Lehren

Zwar habe ich die Methode schon einmal angesprochen, aber die Internetseite dazu noch nicht vorgestellt.
Dass auch die Initiative Teach first als wesentliches Merkmal "Lernen durch Lehren" enthält, habe ich bei meinem Bericht davon auch noch nicht angemerkt.

6.4.08

Erfolgreiche Kommunikation

"Wie verhalten wir uns in Netzwerken? Die Ratschläge von Stephen Downes zielen nicht auf "guten Umgang", sondern auf eine, sagen wir, "richtige Balance". Konkret:
1. Be Reactive
2. Go With The Flow
3. Connection Comes First
4. Share
5. RTFM [Read The Fine Manual]
6. Cooperate
7. Be Yourself"
Das habe ich als Post von Jochen Robes im Weiterbildungsblog entdeckt.
Dieser betont dabei, dass zum Share (Weitergeben) gehört, dass man nicht auf Win/Win fixiert ist, sondern bereit ist, weiterzugeben, ohne dass man dafür etwas erhält. Im Geschäftsleben sei das freilich kaum möglich, weil man ja ständig verkaufen, d.h. also sein Wissen rar machen muss.
Auch das Read The Fine Manual bedarf der Erklärung: Informiere dich über das, was ohne Fragen herausgefunden werden kann, bevor du fragst. - Begründung: Andere werden umso bereitwilliger Auskunft geben, je mehr sie den Eindruck haben, dass der Fragende nicht einfach nur zu faul ist, sich selbst zu informieren.