29.9.10

kommentierte Links

Maik Rieken arbeitet mit Blogs, die nur innerhalb einer beschränkten Gruppe zugänglich sind und wertet die Ergebnisse aus.

Auch Tom Barret gibt Hinweise für das Unterrichten mit Blogs und bietet eine Fülle weiterer Empfehlungen zu Unterrichtsmethoden, freilich auf Englisch.

28.9.10

Odenwaldschule, Entschädigungen und pädagogische Reformen

Die Odenwaldschule will die Opfer sexuellen Missbrauchs an ihrer Schule entschädigen, hat aber nicht das Geld dazu (darauf wies Rita Süssmuth hin). Sie wird sie laut FR trotzdem entschädigen. Vertretern der Opfer ist das zu wenig.
Die Schule dürfe nicht geschlossen werden, man brauche diesen Typ Schule - so Rita Süssmuth - "weil unsere Gesellschaft sonst mit schwierigen Kindern nicht fertig wird".

Meine Überzeugung ist, dass jedenfalls bisher die Regelschulen nicht genügend Voraussetzungen haben, diesen Kindern zureichend zu helfen. Es bedarf professioneller Unterstützung der Schüler über den Unterricht hinaus. Wer Schülern und Lehrern abverlangt, ohne sie auszukommen, programmiert vielfältiges Scheitern von Jugendlichen und sorgt damit dafür, dass selbst die, die erfolgreich arbeiten können, letztlich vom Problemdruck überwältigt werden.
Dagegen wird dann auch nicht helfen, wenn die Renditen der Banken allgemein auf 25 Prozent gestiegen sind.

Nachtrag vom 26.5.11:
Maßnahmen gegen sexuellen Missbrauch im Hessischen Landtag besprochen
Dabei Auftritt eines ehemaligen Odenwaldschülers

Nachtrag vom 3.3.12:
Der Fall eines Lehrers, der seinen Beruf aufgibt, weil er für pädophil gehalten wird. Fiktiv?

25.9.10

Für mehr professionielle Unterstützung der Schulen bei der Aufarbeitung von Erziehungsdefiziten

Ich fühle mich nicht berufen, die Reformpädagogik gegen die überzogenen Angriffe von Gabriele Behler, der ehemaligen NRW-Kultusministerin, in der heutigen ZEIT zu verteidigen. Das mögen Kompetentere tun.
Statt dessen greife ich heraus, dass hier einmal von kultusministerieller Seite darauf hingewiesen wird, dass ein Gegensatz besteht zwischen liebevoller Erziehung und den durch die Institution vorgegebenen Anforderungen, etwa der verkürzten Schulzeit und den Bildungsstandards.
Ausnahmepersönlichkeiten mag es dennoch in bewundernswürdigem Maße gelingen, beises zu vereinen. Im Regelfall kann eine solche Forderung m.E. nur zu Resignation, Heuchelei oder Burnout führen.
Es hilft aber nicht, Erziehungsdefizite zu leugnen. Deshalb brauchen die Schulen zur Unterstützung Schulpsychologen, die nicht wegen Überlastung nur konstatieren, sondern, die auch zu helfen können. (Stichworte: Finnland, PISA)
Es hat aber auch keinen Sinn, die Schuld an Problemen zu individualisieren (im Sinne von: Saufende oder gar rauchende Hartz IV-Empfänger versauen mir meine Schüler). Probleme aufgrund unzureichender Integration von Migranten, des übermäßigen Drucks aufgrund von Mobilitäts- und Flexibilitätsforderungen aus der Arbeitswelt bestehen unabhängig von im Einzelfall durchaus auch nicht zu bestreitender Individualschuld.

Neue Formen Unterrichtsorganisation und neue Methoden (z.B. individualisiertes Lernen, LdL, Web 2.0) bieten manche Chancen. Man sollte sich aber von keiner die Lösung aller Probleme versprechen.
Angesichts der gegenwärtigen Problemkonstellation braucht die Schule mehr professionelle Unterstützung.

Wenn in der Öffentlichkeit mit Zahlenspielen gearbeitet wird, die die Ausgaben für Forschung und Bildung künstlich hochrechnen, etwa indem man wie die Ausgaben für die Untersuchung von Gorleben als Endlagerungsstelle für Atommüll dazu rechnet, so hilft das letztlich niemandem, nicht einmal den Politikern, die die Zahlenspiele in Auftrag geben. Was wir brauchen, ist eine eindeutige Prioritätensetzung für Bildung (und Erziehung!), die verhindert, dass 20% der kommenden Generationen aus der Arbeitswelt herausfallen, weil ihnen nie eine echte Chance gegeben worden ist.
Wer meint, alle erfolgreichen Absolventen der Odenwaldschule hätten in einer Regelklasse mit 33 Schülern im G8-System genauso gut gefördert werden können wie dort, mag das freilich anders sehen. (Ich erinnere mich an den Fall einer Schülerin, die, weil sie das Versetzungsziel nicht erreichte, eine Klasse überspringen durfte, um sie wieder zu motivieren, und die dann eine glänzende Berufskarriere absolvierte. Regelschulen kann ich dies Beispiel nicht zur Nachahmung empfehlen.)

20.9.10

Buchtipp

Diemal nur ein kleiner Buchtipp mit erläuterndem Link:

Hans Küng: Anständig wirtschaften, September 2010

8.9.10

Arianna Huffington Januar 2007

Die Star-Bloggerin der USA, Arianna Huffington, deren Blog inzwischen eine der angesehensten politischen Netzadressen ist, hat im Januar 2007 Spiegel online ein Interview gegeben, das ich in Erinnerung rufen möchte.
Wie lange her kommen einem die Auseinandersetzungen der Bush-Ära und selbst der Vorwahl-Kampf zwischen Hillary Clinton und Barack Obama vor! Und doch ist die Weltpolitik noch immer ganz wesentlich von den Fehlern aus der Bush-Zeit überschattet. Und Obama könnte daran scheitern, dass er sie nicht so überwinden kann, wie er sich das erhoffte. Das gilt nicht nur für seinen Versuch, die unglückseligen Kriege gegen Irak und Afghanistan zu beenden.

Doch nun zu dem Interview:
Huffington: Die Mainstream-Medien formulieren immer nur Gemeinplätze, sie sehen alles durch einen Rechts-gegen-links-Filter. Es ist absurd, den Krieg im Irak durch diesen Filter zu betrachten – die Mainstream-Medien machen es trotzdem. Senator Sam Brownback zum Beispiel ist ein renommierter Republikaner, und er ist gegen den Eskalationsplan des Präsidenten für den Irak. Trotzdem reden die meisten US-Journalisten weiter von "Druck von links". Den Bloggern fällt unter anderem die Rolle zu, die Mainstream-Medien aufzurütteln: Hört endlich auf, so reflexhaft zu berichten! Das Gleiche gilt für Themen wie die Gesundheitspolitik oder den "Krieg gegen Drogen".
SPIEGEL ONLINE: Barack Obama ist für Blogger im Moment augenschenlich interessanter als Hilllary Clinton, es wird mehr über ihn geschrieben – warum? Und wie inwieweit beeinflusst das die Allgemeinheit?
Huffington: Vorwahlen wurden immer vor allem von jenen beeinflusst, die sich politisch am stärksten engagieren – Blogs sind da nur ein weiteres Element. Für die meisten Blogger ist Authentizität ein wichtiges Kriterium. Sie reagieren allergisch auf übervorsichtige Politiker. Das ist Hillary Clintons Problem mit der Blogosphäre: Sie ist so berechnend, dass man es förmlich riechen kann. Jeder Gedanke wurde von ihr und ihren Ratgebern auf vielfache Weise durchgegangen. Das ist so künstlich!

Hillary und Barack ziehen an einem Strang. Wer hätte es damals gedacht?
Und wie schwer fällt ihnen, gegen Netanjahu und die Folgen der Siedlungpolitik anzukommen und einen Weg zum Frieden zu eröffnen.

7.9.10

Stolper - Steine

Schon länger will ich einmal einen etwas ausführlicheren Artikel über Stolpersteine schreiben. Schon der Name gibt Anlass für Reflexion, denn man soll ja nur metaphorisch darüber stolpern, nicht in Wirklichkeit.
Deshalb sind sie in den Boden eingelassen - also barrierefrei - oder so hoch, dass man nicht darüber stolpern, sondern höchstens dagegen stoßen kann.

Aber aufmerksam werden, im Alltag einen Augenblick betroffen werden, weil man an das Verbrechen erinnert wird, das in Deutschland und in den von Deutschland beherrschten Gebieten millionenfach geschah, das sollte man.
So wie es mir ging, als ich an einem schönen Sommerabend beim Bohnenviertelfest in Stuttgart einen mir golden entgegenleuchten sah. Wie eine Ikone.

"Hier wohnte" und dann die Ermordungsdaten.

Hier nicht der Stuttgarter Name, sondern Heymann Jakoby, der in der Weststraße 8 in Kamen wohnte, weil ich ein wenig mehr über ihn weiß. Er heiratete Friederike Leeser, war der erste Kamener Fleischer mit einem Fleischerladen (1828), bekam 12 Kinder. Darunter Rosalia und Rosalie. War Rosalia gestorben?
Sein Sohn Moses übernahm die Fleischerei, wurde 1901 Obermeister der Metzgerinnung. Eine Erfolgsgeschichte.
Dessen einziger Sohn Hugo Jakoby (*1882) trat schon 1930 durch Unterstützung des Reichsbanners hervor und wurde deshalb bereits am 14.3.1933 verhaftet, dann wieder am 10.11.1938 in "Schutzhaft" genommen. Er zog nach Dortmund um, wurde 1942 nach Riga deportiert und im Juli 1943 ermordet.
Über weitere Opfer aus der Familie kann man in Stolpersteine in Kamen, Kamen 2008, S.30ff nachlesen.
Weniger trocken als in der Wikipedia wird man hier über die Stolpersteine Gunter Demnigs informiert.

Die Frankenpost über einen Stolperstein
Stolpersteine in Dresden
Stolpersteine zum 9.11.12 in Greifwald gestohlen - die symbolische Wirkung wird gesehen und versucht zu bekämpfen