17.1.25

Kinderbetreuung

"Wenn Institutionen mehr Aufgaben übernehmen müssen, dann brauchen sie auch ein erweitertes Personal und multiprofessionelle Teams. Man müsste auch Anreize schaffen, damit Pädagogen in sinnvollem Umfang, etwa einer halben Stelle, auch im Rentenalter weiterarbeiten. Wichtig wäre zudem mehr Unterstützung von außen. Wenn sich nur jeder zehnte Babyboomer ehrenamtlich oder als Honorarkraft im Bildungsbereich engagieren würde, dann wären das mehr Menschen als alle derzeit tätigen Erzieherinnen und Grundschullehrer zusammen. Als Lesepate oder Mentorin, durch Sport-, Musik- oder Handwerksangebote – es gäbe unheimlich viele und zum Teil notwendige Bereiche für Engagement. [...]"

  " [...] Da kommt man in eine Klasse, auf dem Papier gibt es dort einen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund von 60 Prozent, und man denkt: Das ist für eine Großstadt durchschnittlich und müsste doch hinzukriegen sein! Aber dann erfährt man, dass dort zwölf Muttersprachen gesprochen werden, sieht an den Stecknadeln auf der Weltkarte an der Wand, dass die Familien aus drei Kontinenten kommen und verschiedensten Religionen angehören. Man trifft auf Hatice, vierte Generation, die sagt, sie sei Türkin, aber sie zählt per definitionem genauso wenig zu den 60 Prozent wie die schwarze Sandra. Und dann kapiert man, dass der Begriff Migrationshintergrund die Realität nicht mehr angemessen beschreiben kann. Stellen Sie sich ein zugewandertes ukrainisches oder syrisches Kind vor, das in so einem Klassenzimmer sitzt: Wie nimmt es dieses Land wahr? Für dieses Kind sind seine Klassenkameraden aus aller Welt Deutschland. Und mit dieser Brille merkt man schnell: Im politischen Berlin werden Debatten über Integration und Migration geführt, die 1990 sinnvoll gewesen wären. [...]"

https://www.zeit.de/2025/03/kinderbetreuung-muetter-kindergarten-schule-demografischer-wandel/komplettansicht

11.1.25

Wie arbeitet man eine Gruppe in "Lernen durch Lehren" ein?

Lernen durch Lehren (Wikipedia)

https://jeanpol.wordpress.com/2025/01/11/ldl-in-kazan-alinas-berichte/

daraus:

THEMA:   LdL in Kasen: Alinas Berichte

 44 Antwort(en).

jpm begann die Diskussion am 19.11.06 (07:45) mit folgendem Beitrag:

Die ersten Schritte:
_______________________________-
AlinaR antwortete am 13.11.06 (16:44):
@jpm
Im ersten Studienjahr versuche ich Ihre LdL-Methode einzusetzen. Es gelingt ziemlich gut, weil die Studenten sehr engagiert sind. Nicht alles klappt bestimmt, aber gerade heute war es schon bei einigen ganz gut. Ich moechte auch Fotos machen waerend des Unterrichts. Wo kann spaeter ich meine Versuche mit LdL und die Fotos unterbringen, ob es solche Moeglichkeit gibt?
________________
AlinaR antwortete am 18.11.06 (14:25):
@jpm
Wo kann ich meine Bemerkungen (auch kritische) zur LdL-Methode aessern, ob es ein Forum im Imternet gibt?


jpm antwortete am 19.11.06 (08:06):

Und hier Alinas (Kasan) Posting in dem Blog von Alexander Imig (Japan):
_______________
"Die ersten Schritte 19.11.2006, 08:36:37
Alina
Ich bin Lektorin fuer Deutsch an der Kasaner paedagogischen Universitaet. Im ersten Studienjahr versuche ich jetzt die LdL-Methode einzusetzen, aber bis die Studenten noch keine Erfahrung haben (wie ich eigentlich), so gebe ich ihnen im voraus Themen, die sie besprechen koennen. Und das klappt ziemlich gut, je weiter, desto besser. Die Studenten sind sehr engagiert und sie sind jetzt nicht so schuechtern wie am Anfang. Das Problem besteht darin, dass sie als Lehrer zu viel selbst sprechen, ohne die Studenten zu befragen, denn sie finden wirklich sehr viel Ihnformationen. Aber es gefaellt ihnen als Lehrer ihren Mitstudierenden was neues beizubringen, manchmal sind sie stolz darauf, besonders, wenn das was sie machen wirklich klappt.


jpm antwortete am 19.11.06 (08:10):

@Alina
Sie haben völlig recht: die Studenten übernehmen die Lehrerrolle und geben ihren Mitstundenten genauso wenig Sprechanteil, wie es der Lehrer normalerweise tut. Deswgen ist meine Gehirnmetapher (und -technik) so wichtig: wenn ein Stoff oder eine Frage behandelt wird, soll zunächst das Plenum darüber sprechen (wie Neuroneninteraktionen im Gehirn) bis dann eine Lösung "emergiert", die dann dem Lehrer (oder den Studenten als Lehrer) angeboten werden kann. Erst dann sollen die Lerhrer/Studenten weitere Fragen und Impulse an die Gruppe eingeben. Wenn ich nächstes Jahr in Kasan bin, werde ich Ihnen genau zeigen, wie so etwas geht. In Japan habe ich das während des Workshops mit den deutschen Lektoren sehr klar verdeutlichen können, aber da hatte ich drei Tage, um dieses Ziel zu erreichen.


jpm antwortete am 19.11.06 (09:19):

Nützlich zur Verbreitung unserer Arbeit ist die Theorie. Hier alles zusammengefasst:
http://www.zum.de/wiki/index.php/Benutzer:Jeanpol/Fortbildungen/Materialien

(Internet-Tipp: http://www.zum.de/wiki/index.php/Benutzer:Jeanpol/Fortbildungen/Materialien)


AlinaR antwortete am 19.11.06 (10:58):

@jpm
Es ist wahnsinnig interessant am Forum "LdL in Japan" teilzunehmen, ich habe noch ein paar Berichte geschrieben.
Mich interessiert die Frage der Themenauswahl bei der LdL-Methode. Denn die Studentenwollen auch was eigenes besprechen, das ihnen interessant ist, was sie aufregt. Was muss man machen, wenn die Themen, die man den Studenten vorschlaegt, ihnen nicht besonders interessant sind? Das ist fuer mich wirklich ein Problem.


jpm antwortete am 19.11.06 (11:12):

Interessante Texte zu finden, ist genau der Punkt! Ich behandele jede Woche den jüngsten Leitartikel aus dem Express oder dem Nouvel Observateur. Das entspricht ungefähr dem Spiegel. Suchen Sie einen Artikel, der ganz aktuelle politische Ereignisse behandelt. Am Anfang werden die Studenten vielleicht sagen, dass es sie nicht interessiert, aber im Laufe der Zeit werden sie immer mehr wissen und immer mehr Interesse entwickeln.
In ihrer Freizeit haben meine Schüler im Internet eine Arrt UNO aufgebaut, in dem sie alle interessanten aktuellen Themen diskutieren. Das wäre doch toll, wenn auch Ihre Studenten hier mitdiskutieren würden!
Hier sind die Seiten:
http://de.wikiversity.org/wiki/Schulprojekt:Franz%C3%B6sisch_in_der_gymnasialen_Oberstufe:UNO

(Internet-Tipp: http://de.wikiversity.org/wiki/Schulprojekt:Franz%C3%B6sisch_in_der_gymnasialen_Oberstufe:UNO)


jpm antwortete am 19.11.06 (11:14):

Ganz umfangreich ist die Diskussion zwischen meinen Schülern über die Nord-Korea-Krise:
http://de.wikiversity.org/wiki/Schulprojekt:Franz%C3%B6sisch_in_der_gymnasialen_Oberstufe:UNO:Nordkoreakrise
Es wäre doch toll, wenn Ihre Studentinnen hier mitdiskutieren würden!

(Internet-Tipp: http://de.wikiversity.org/wiki/Schulprojekt:Franz%C3%B6sisch_in_der_gymnasialen_Oberstufe:UNO:Nordkoreakrise)

https://jeanpol.wordpress.com/2025/01/11/ldl-in-kazan-alinas-berichte/


7.1.25

Gleichberechtigung bei der Bildung?

 Wie stünde es auf dem Bildungssektor, wenn nicht die Frauen das Nachlassen der Männer ausgleichen würden?

Inzwischen ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Mädchen nicht nur in sprachlichen Bereich, sondern ganz allgemein schulisch den Jungen deutlich überlegen sind. Nur noch bei wenigen "Männerdomänen" ist das noch nicht der Fall. 

Ein Glück, dass Bildung seit dem 19. Jahrhundert weiblicher geworden ist: die Vielzahl der Salonnieren schon seit Ende des 18. Jahrhunderts, darunter der von Marie Lavoisier sogar schon ganz auf Naturwissenschaft ausgerichtet, waren das Vorspiel zu höherer 'weiblicher Bildung' an den höheren Töchterschulen, die jetzt vermehrt ihre 150. und 125. Jubiläen feiern, waren die Voraussetzung für einen breiten Zugang der Frauen an die Universitäten.

Im Bild das Humboldtgymnasium in Bad Homburg.


Die Schülerinnen ganz in Weiß und mit weißen Schleifen im Haar.

(Zur vollständigen Bildansicht bitte anklicken!)

8.12.24

Hausarbeiten für 69 €

 In Zeiten von KI braucht man nicht mehr umständlich der Allerwelts-KI das Zitieren beizubringen und man braucht auch nicht umständlich umzuformulieren. Dafür sorgt kostengünstig - wenn man der Werbung vertraut - studytexter.de.

Das bedeutet: Man muss als Lehrer nicht nur Internettexte aufspüren und KI-Texte nachweisen können, sondern man muss in die Hausarbeiten personenorientierte Abschnitte einbauen, die man mit wenigen mündlichen Fragen - möglichst wenig standardisiert - auf inhaltliche Fundierung hin überprüfen kann. - Ein leicht erkennbarer Nachteil von KI.

Andererseits wird es immer leichter, Erklärvideos an den Anfang von Stunden bzw. als Hausaufgabe vorzugeben, nach denen man Schüler*nnen die Aufgabe stellen kann, den Mitschülern die vorgegebene Aussage noch einmal zu verdeutlichen (Flipped Classroom, Lernen durch Lehren).

5.12.24

Welchen Anteil hat Allgemeinbildung an der Bildung?

 Wenn man allgemein über deutsche Literatur und deutsche Philosophie spricht, sollte man die Rolle Büchners und Wittgensteins gewiss nicht übergehen. Die Kenntnis ihrer Schriften ist allerdings sicher nicht grundlegend für Bildung, sondern gehört nur zur Allgemeinbildung.

Dies möchte ich meinem folgenden Plädoyer vorausschicken. Entstanden ist es, weil auf gutefrage.net Folgendes über die Einschätzung einer 11.Klasse über die Rolle Kants folgendes mitgeteilt wurde: "alle in der Klassengruppe sagen, er hat nichts mit Ethik zu tun, sondern mit Deutsch". 

Dieser Mangel an Allgemeinbildung erschreckte mich so, dass ich über deutsche Philosophie und Literatur geschrieben habe, als wären Hegel und Schiller selbstverständlich wichtiger als Wittgenstein und Büchner. An der Europäischen Schule Culham habe ich erfahren, dass in Italien Allgemeinbildung offenbar weit wichtiger genommen wird als in Deutschland. Wenigstens wurde in Italienisch als Muttersprache Herder behandelt, während ich ihn im deutschen Muttersprachenunterricht übergangen hatte.

Jetzt mein Text zur Rolle Kants in Ethik und Literatur:

Eine der drei großen Kritiken Kants bezieht sich nur auf Ethik: Die Kritik der praktischen Vernunft. In ihr hat er auch seinen berühmten kategorischen Imperativ formuliert. Schon drei Jahre zuvor hatte er sein leichter zu lesende Grundlegung zur der Metaphysik der Sitten verfasst.

Beide Schriften gehören zu den wichtigsten Schriften der ethischen Philosophie überhaupt. 

Kant gilt weithin als der bedeutendste deutsche Philosoph, aber hinsichtlich der Wirkung auf das praktische Leben kann man Hegel und vor allem Marx natürlich als wirkungsvoller verstehen.

Philosophieunterricht ohne die Behandlung von Kant wäre schier undenkbar. Mit Deutsch hat er nur insofern zu tun, als er deutscher Philosoph war, als er in seinen Hauptwerken ein schwer verständliches Deutsch geschrieben hat und dass seine Schrift "Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?" die brillanteste und sehr gut zu verstehende Schrift über die Aufklärung ist. Die Aufklärung hat zwar nicht viel zur deutschen Literatur beigetragen, aber eine wesentliche Grundlage für die Weimarer Klassik geschaffen, die Periode, in der die deutsche Literatur ihre höchste Weltgeltung hatte.

Wenn man kurz festhalten wollte, welche Autoren für die deutsche Literatur die größte Rolle spielten, wären vor allem die Namen Goethe, Schiller und Shakespeare zu nennen (letzterer, weil Goethes und Schillers Werke, aber auch die vieler anderer deutsche Autoren der Zeit entscheidend von Shakespeare beeinflusst wurden), für die Philosophie wären Kant, Hegel und Marx zu nennen. Dabei waren Schelling und Fichte für die Philosophie für die Philosophie im engeren Sinne zwar einflussreicher als Marx, aber keinesfalls vergleichbar in ihrer Weltbedeutung.

Ich hätte nicht erwartet, dass Fragen der Allgemeinbildung mir einmal so wichtig werden würden, dass ich so klischeehaft über Literatur und Philosophie schreiben würde. Ist Allgemeinbildung wichtig genug für den Bildungsgang, dass eine solche Betonung noch gerechtfertigt ist?


4.12.24

Zu sprachlicher Differenzierung als Möglichkeit, die Zunahme von Lerndefiziten geringer zu halten

Mich betrifft, wie sehr gegenwärtig die Anforderungen, die im Unterricht gestellt werden, und die Voraussetzungen, derer, die die Anforderungen bewältigen sollen, auseinanderklaffen.

Zwei Beispiele:

https://www.gutefrage.net/frage/in-was-fuer-aktien-hat-adolf-hitler-investiert

https://www.gutefrage.net/diskussion/was-ist-das-fuer-eine-textsorte--3

Das ist ein altes Problem, das sich in der Coronazeit aber verschärft hat und dem bei dem bestehenden Lehrermangel kaum beizukommen ist. So skeptisch künstliche Intelligenz zu beurteilen ist: Eine Aufgabe gegenwärtigen Unterrichtes sollte m.E. sein, zu erproben, wie weit sprachliche Vereinfachung von Aufgabenstellungen durch künstliche Intelligenz hilfreich sein kann, vgl. Einfache und Leichte Sprache und die Ansätze in der Wikipedia.

Ich verbringe gegenwärtig viel Zeit auf gutefrage.net, stelle aber fest, dass die Hilfsfunktion, die das Forum hatte, mehr und mehr durch durch politischen Streit auf kümmerlichem Niveau und durch Provokationen verdrängt wird.

25.11.24

Leichte und einfache Sprache (Barrierefreiheit)

 Leichte Sprache ist so barrierefrei wie überhaupt möglich. Einfache Sprache ist ein wenig schwieriger, aber es ist leichter, Normaltexte fehlerfrei in einfache zu übersetzen, weil die Regeln, die dabei beachtet werden müssen, nicht ganz so streng sind wie bei der leichten Sprache. 

Wie bei jeder Übersetzung gehen Leistungen des Originaltextes verloren, es kommt dabei vor allem darauf an, dass die wichtigsten Informationen erhalten bleiben. Der Übersetzungsaufwand ist groß, weil die Übersetzungen durch künstliche Intelligenz noch einmal durch Menschen darauf überprüft werden müssen, ob keine wichtigen Informationen verfälscht oder ganz ausgelassen worden sind. 

Daher kann man sprachliche Barrierefreiheit nur für öffentliche Institutionen verpflichtend machen, weil der der Aufwand die Profitmarge für Privatunternehmen zu sehr beeinträchtigen würde. 

Zum Glück profitiert aber auch die allgemeine Öffentlichkeit, weil Vereinfachungen "aufwärts kompatibel" sind. Vergleichbar ist das mit den Rampen für Rollstuhlfahrern. Nur sie sind auf Rampen angewiesen, aber auch Kinderwagen, Fahrräder und Rollenkoffer könne die Barriere damit besser überwinden.

vgl. dazu:

1. die verlinkten Wikipediaartikel zu leichte und einfache Sprache

2. Der Artikel Alle profitieren davon, wenn Texte leichter sind (Interview) in der FR vom 25.11.24