16.4.16

Aaron Swartz und der offene Zugang zu wissenschaftlichen Ergebnissen (Stifterverband: Forschungsgipfel 2016)

Aaron Swartz war mir schon länger als eine der Koryphäen des Internets bekannt. Erst heute habe ich mehr von seiner Lebensgeschichte wahrgenommen.
In der Wikipedia heißt es über ihn:
Am 19. Juli 2011 wurde Swartz angeklagt, 4,8 Millionen wissenschaftliche Artikel von dem Zeitschriftenarchiv JSTOR illegal heruntergeladen zu haben.[9] Nachdem er die Daten an JSTOR ausgehändigt hatte, kündigte der Betreiber an, keine zivilrechtlichen Ansprüche gegen Swartz zu stellen. Der Fall wurde vom Staatsanwalt Stephen Heymann weiterverfolgt.[13] Gegen eine Kaution von 100.000 US-Dollar blieb er auf freiem Fuß. Ihm drohten im Fall seiner Verurteilung eine bis zu 35-jährige Haft- und eine hohe Geldstrafe.[1] Im September 2011 gab JSTOR bekannt, den gemeinfreien Teil der Zeitschriftentexte öffentlich zugänglich zu machen,[14] am 9. Januar 2013 gaben sie bekannt, 4,5 Millionen Artikel für begrenzte Zeit kostenlos zugänglich zu machen.[15] Der Gerichtsprozess war für April 2013 angesetzt.[15]
Swartz, der seit Jahren an Depressionen litt, beging Suizid. Er wurde am 11. Januar 2013 von seiner Freundin in seinem Apartment in Brooklyn tot aufgefunden.[13] Nach seinem Suizid wurde unter anderem von Seiten der Angehörigen und Freunde Kritik gegenüber der Staatsanwältin laut. Ihr wurde eine Mitschuld am Tod von Swartz vorgeworfen, sie sollte im Prozess „überzogen“ gehandelt haben, zumal JSTOR selbst keine Anzeige gemacht hat.[16] Im Nachhinein versicherte sie, Swartz habe ihre Forderung durch ein Schuldbekenntnis auf sechs Monate Haft reduzieren können. Der Rechtswissenschaftler Lawrence Lessig, der als Swartz’ Mentor bezeichnet wurde, äußerte Kritik am Vorgehen der Staatsanwaltschaft, wollte sich der These einer Mitschuld jedoch nicht anschließen.[17] Ebenfalls wird dem MIT aus verschiedenen Gründen eine Mitschuld bzw. Fehlverhalten vorgeworfen.[18]  (Hervorhebungen von mir)

So lange schon beschäftige ich mich mit dem Internet und OER, und erst heute ist mir die Bedeutung und Tragik von Swartz klar geworden. (Den Hinweis darauf bekam ich von Markus Beckedahl*)
Beckedahl sprach auf dem Forschungsgipfel 2016 des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft.

Christian Heise verwies darauf, dass allgemein anerkannt ist, dass offener Zugang zu wissenschaftlichen Ergebnissen die entscheidende Grundlage für wissenschaftliche Innovation ist. Andererseits aber auch allseits bekannt, dass man bei Forschung ständig auf Probleme stößt, an wissenschaftliche Information heranzukommen, weil Wissenschaftler eine große Scheu davor haben, wissenschaftliche Ergebnisse zu kommunizieren, wenn nicht sichergestellt ist, dass sie eindeutig als Urheber erkannt werden können. (Man kennt den Streit, wer die Infinitesimalrechnung entwickelt hat: Newton oder Leibniz.) 
Was bei weltberühmten Wissenschaftlern und in der Grundlagenforschung noch als müßiger Streit erscheinen könnte, ist es eindeutig nicht bei angehenden Wissenschaftlern, etwa Doktoranden bei ihrer Dissertation (Plagiat oder nicht?) oder angewandter Wissenschaft, die privatwirtschaftlich betrieben oder finanziert wird. (Wer hat den Algorithmus entwickelt, der die Suchmaschinenwelt revolutioniert hat?)
Die Frage ist immer, wo ist die eigene Domain, das Geschäftsmodell, mit dem ich Geld verdienen kann?

Ich kann nur kurze Einblicke in die Diskussion geben.
Meine Reaktion auf das, was ich mitverfolgt habe ist die Frage: Wie können wir eine Menschheitskatastrophe durch den menschenverursachten Klimawandel verhindern, wenn wir erst ein Geschäftsmodell daraus machen müssen, um damit anzufangen?
Naomi Klein hat ihre Antwort darauf schon gegeben.

*Beckedahls Hinweis auf SOPA und PIPA, Versuche, die Veröffentlichung von wissenschaftlichen Ergebnissen zu kriminalisieren, möchte ich nicht völlig unerwähnt lassen. 

8.4.16

Lernen durch Lehren in Theorie und Praxis - Preci von Peter Ringeisen

LdL in Theorie und Praxis (2016)
Grundzüge des Unterrichtsprinzips "Lernen durch Lehren (LdL)" nach Prof. Jean-Pol Martin auf der Grundlage seines Aufsatzes "'Weltverbesserungskompetenz' als Lernziel?" (2002), konkretisiert an Beispielen aus eigenem Unterricht, Fortbildung Neu-Ulm (2016)

3.4.16

Tweets zu Joffe, Trump und Obama

Linksrechtspop von Josef Joffe
"In der Außenpolitik klingt Trump wie Obama: Ami, come home."

Ich war versucht, zu diesem Aufsatz von Joffe einen Leserbrief zu schreiben. Denn ich fand, dass er diesmal nicht nur von einem politischen Standpunkt geschrieben war, den ich ablehne, sondern dass er so sehr die Realität ausblendete, dass die ZEIT sich dafür schämen müsse, dass so etwas die Zensur durch die Redaktion passieren konnte.
Aber lohnte das wirklich einen Leserbrief? Deshalb schrieb ich zwei Tweets, um meinen Ärger loszuwerden.

vergleicht Trump u Obama mit und schließt: Wer immer US-Präsident wird, wird es anders machen als Hillary. Uff!

Wer in der statt ZEIT-Journalisten Texte von lesen muss, wünscht sich die herbei. Mach End o Herr, mach Ende!

Weil diese Tweets doch recht polemisch waren, schob ich einen dritten nach:
Emotionsabfuhr ohne differenzierte Begründung.
Jetzt steht der Text, auf den sich die Tweets bezogen, im Netz, und ich kann ohne allzu großen Aufwand anführen, was mich zu den allzu polemischen Tweets verführt hat. Originalton Joffe:
"Trump nimmt auch das pazifische wie das europäische Engagement ins Visier. Die Ukraine sei wichtiger für "manche Nato-Länder als für uns". Aber "die tun nichts. Warum kümmert sich nicht Deutschland mit der Nato um die Ukraine?"Warum "riskieren wir den Dritten Weltkrieg mit Russland"?
Europa profitiere, während "wir ein Schuldner-Land geworden sind".

Obama sagt’s noch härter: "Trittbrettfahrer nerven mich." Damit meint er nicht nur die Saudis, sondern auch die anderen Verbündeten. Dahinter steht die fromme Hoffnung, dass die mehr tun werden, wenn Amerika weniger oder gar nichts tut. Den Ohne-uns-Instinkt teilen Trump und Obama, wobei nicht zu vergessen sei, dass der Isolationismus sich historisch sehr wohl mit Gewaltschüben – rein und wieder raus – vertragen hat. Trump würde "den IS mit Bomben plattmachen". Obamas strategisches Konzept kann man "Isolationismus mit Drohnen und Spezialkräften" nennen – fein dosiert statt massiv, aber immer aus der sicheren Distanz. [...] Obwohl ein klassischer Linker, will der Demokrat Bernie Sanders nichts anderes. Wie Trump fordert er: Engagement runter, Schutzmauern hoch! Laut den heutigen Umfragen würde Sanders "The Donald" klar schlagen, so Trump gekürt wird. Der Populismus ist also ein lagerübergreifender Reflex. Wer auch immer im November gewinnt, wird weitermachen, womit Obama begonnen hat. Die Ordnungsmacht ist müde geworden, die Signale stehen auf Rückzug." (Hervorhebung von mir.)  

Aufgrund meiner Einschätzung von Trump sehe ich es ungern, wenn Obama und Sanders so mit ihm verglichen werden, als wäre nicht ein meilenweiter Unterschied zu ihm. Was mich aber wirklich empört, ist, dass Joffe Hillary Clinton völlig übergeht.  Zum einen ist Clinton bis zur Stunde noch die wahrscheinlichste Nachfolgerin Obamas, zum andern ist sie alles andere als eine Isolationistin. Dass Joffe so tut, als gäbe es sie nicht, ist meiner Meinung nach weder mit Sexismus noch mit konservativer oder bellizistischer Ideologie zu erklären, sondern allein mit Realitätsverleugnung. Dass er offenbar glaubt, bei den ZEIT-Lesern damit durchzukommen, empfinde ich als Beleidigung der Leser.
Oder sollte er wirklich der Ansicht sein, dass der Unterschied zwischen Clintons und Trumps außenpolitischem Konzept vernachlässigenswert wäre? Dies Joffe zu unterstellen, wäre nach meinem Verständnis geradezu eine Beleidigung Joffes. Auf einem ganz anderen Blatt steht, dass die objektiven Machtverhältnisse sich seit 2001 so verschoben haben, dass auch Clinton - und auch ein US-Präsident, der noch weit interventionistischer eingestellt wäre als sie - nicht die Möglichkeit haben wird, eine Koalition der Willigen in solche Abenteuer zu führen, wie es Bush junior getan hat. Die Zeiten, wo die USA die unumstrittene Weltmacht waren, sind vorbei.

Vgl. auch: 

Trump liegt in allen Schlüsselstaaten hinter Clinton, SPON 3.4.16