31.10.08

Zur Glaubwürdigkeit der Ergebnisse von Meinungsumfagen

ARD und ZDF haben eine Studie über Internetverhalten in Auftrag gegeben und dabei auch nach der Glaubwürdigkeit von Blogs gefragt. Was da gefragt und was aus den Antworten geschlossen wurde, erinnert mich an eine Erfahrung, die ich in meiner Studentenzeit gemacht habe.
Als ich die Studie „Student und Politik“, die damals u.a. von von Friederburg und Jürgen Habermas duchgeführt worden war, las, fand ich eine Antwort, die als „irrational von Politik distanziert“ gewertet wurde, und der ich voll zustimmen konnte.
Ich habe damals schon mein politisches Tagebuch geführt und kann noch heute von Distanz zur Politik in diesem Tagebuch nichts finden. Das heißt: Die mathematische Auswertung der Ergebnisse auf eine Frage mag fehlerfrei sein. Zunächst aber ist wichtig, ob die Frage erlaubt, eine nicht-falsche Aussage zu machen.
Bei der Frage nach der Glaubwürdigkeit von Blogs kann jemand, der Blogs kennt, nur „teils/teils“ sagen oder raten, wonach eigentlich gefragt ist.
Ich würde, wenn gefragt, raten, dass die durchschnittliche Glaubwürdigkeit von Blogs gefragt ist (damit fielen für mich wissenschaftliche Blogs als – nach meiner Beobachtung – immer noch kleine Minderheit für den Durchschnitt fast nicht ins Gewicht).
Bei der Standardfrage nach der Glaubwürdigkeit von Berufsvertretern könnte ich noch Politiker und Physiker halbwegs gut auseinanderhalten. Aber bei Medien? Ulrich Beck wird mir doch nicht unglaubwürdiger, ob er sich im Fernsehen oder in einer Zeitung äußert, Kurt Beck ebenfalls nicht. Natürlich halte ich „arte“ für glaubwürdiger als die „Bildzeitung“ und kann deshalb der naheliegenden Aussage, dass Fernsehen weniger glaubwürdig sei als Zeitungen auch nicht sinnvollerweise zustimmen.

30.10.08

Warum Erziehung immer schwerer wird

und Schulen ihrem Bildungsauftrag nur noch eingeschränkt wahrnehmen können.
Die tägliche Beobachtung in der Schule und auf der Straße zeigt, dass immer mehr Kinder und Jugendliche sich nicht einmal für ihr unmittelbares Lebensumfeld verantwortlich fühlen und dass Eltern immer weniger Einfluss auf ihre Kinder haben und Fernsehen, Computerspiele, Handykommunikation einen großen Teil der Zeit wegnehmen, die vor nicht allzu langer Zeit noch bei gemeinsamen Mahlzeiten und Unternehmungen dem Austausch zwischen den Generationen diente.
"Kindergerechte" elektronische Medien und die Überflutung mit Werbung machen es den Eltern schwer, ihre Kinder zu sinnvollem Lernen anzuregen und zu diszipliniertem Konsum zu erziehen.
Wenn Zweijährige gezielt durch speziell auf sie ausgerichtete Fernsehsendungen Markenbewusstsein lernen (vgl. McNeal, S.20), wenn Kinderreime und Fingerspiele durch Werbeslogans und die Bedienung elektronischen Spielzeugs ersetzt werden, dann ist Steuerung durch Industrie an die Stelle der Bildung eines gemeinsamen Wertbewusstseins in der Familie getreten.
"Die Vermarkter locken sie aus ihren Elternhäusern, um sie in eine erwachsene konsumistische Welt zu bringen, in der ihre Arglosigkeit sie besonders anfällig macht für kommerzielle Verführung. Befreiung bedeutet hier, aus Kinderboutiquen sowie aus Disney- und Warner Brothers Läden erwachsenenfreie Zonen zu machen [...], damit die Jungen getrennt von ihren Eltern einkaufen gehen", schreibt dazu B. Barber in Consumed!, S.37.

Wenn sie so mit Werbung überflutet und mit allen Mitteln der Kunst zu bloßem Konsum und Lebensgenuss überedet werden, hat es auch die Schule schwer, mit ihrem auf langfristigen Lebenserfolg ausgerichteten Konzept bei Kindern anzukommen. Natürlich gibt es immer noch die, denen die Schule gar nicht genug Anregungen bieten kann und die sich in großem Stil eigene Lernfelder schaffen. Zwölfjährige etwa, die beim Internetlexikon Wikipedia nicht nur Artikel schreiben, sondern für ganze Projektbereiche Verantwortung übernehmen. Daneben gibt es viele, die sich freuen, zum Lernen angeregt und dabei unterstützt zu werden.
Aber wenn man von klein auf lernt, dass es vor allem auf den Konsum ankommt, und als Zweijähriger in Markenkenntnis trainiert wird, damit man spätestens als Dreijähriger seinen Eltern seinen persönlichen Kleidungs-, d.h. Markenstil aufdrücken kann, dann verliert man schon dann etwas von Neugier und der elementaren Lust am Ausprobieren. Dann tritt Konsumverhalten an die Stelle von Kreativität und Experiment.
Wenn dann nicht spätestens im Kindergarten Konzentration von Aufmerksamkeit geübt wird, wird die Schule mit ihren Lernzielen für manche zum Schock.
Bei nächster Gelegenheit möchte ich einige Punkte davon noch genauer behandeln.

28.10.08

Neuron

Für ein Gehirn sind es noch viel zu wenige. Trotzdem scheinen die Neuronen schon etwas in Bewegung zu bringen. Jedenfalls liest sich dieser Beitrag so. Kommentare und Folgebeitrag klingen auch so.
Bleibt abzuwarten, ob das Vorbildwirkung hat.

25.10.08

Schüler als Lehrer

Hübsch und griffig formuliert Reinhard Kahls Bericht über den Französischunterricht, in dem besser gelernt wird, weil mehr Fehler gemacht werden, vor allem von den Lehrern.
Man kann verstehen, dass Jean-Pol Martin diesen Artikel über seine Methoder Lernen durch Lehren gern auf seinen Blog stellt. Es lohnt sich, den Artikel zu lesen.

Noch interessanter war es mir freilich, mitzubekommen, wie Schüler der 11. Klasse, von der im Artikel die Rede war, sich mit Lehramtsstudenten über ihren Unterricht austauschen. Man sollte sich von den ersten Beiträgen, in denen Martin (jpm) sich auf französisch äußert, nicht irritieren lassen, sondern gleich weitergehen zu der Stelle, wo Hanna etwas über den Unterricht sagt.
Wenn man schon dabei ist, sollte man allerdings auch mitverfolgen, wie die Lehramtsstudenten über Lernen durch Lehren diskutieren und wie sie auf den Gedanken kommen, mit den Schülern der 11c Verbindung aufzunehmen.

Vokabelkasten im Computer

Das Prinzip des Vokabelkastens setzt ein polnischer Informatiker in einem erfolgreichen Computerlernprogramm ein. So wie es beschrieben ist, fagt man sich, warum es das noch nicht schon länger gibt. Denn das, was an Programmen oft am längsten braucht, die Bedienerführung, ist offenbar bei diesem Programm noch in den Kinderschuhen.

23.10.08

Deutschland sucht ...

Castingshows als Mittel für "Fernsehgrößen" sich vor kleinen Mädchen, die sich statt Bugee-Jumping den Casting-Kick geben, als etwas darzustellen. Mit der Technik von Enttäuschung, halber Hoffnung, harter Forderung, dann endlicher Gewährung gelang es heute einer Crew ein Mädchen mehrfach unter Tränen zu setzen und ihr dann die Formulierung zu entlocken "Jetzt weiß ich, dass es eine höhere Macht gibt". Wenn es nicht zu sehr an - zugegeben die harmloseren - Stasi-Foltermethoden erinnerte, würde ich es "selbstgefällig und borniert" nennen. Es ist aber schlimmer. Und der Staat lässt zu, dass ein solches Fernsehen als Sozialisationsmedium mit Elternhaus und Schule in Konkurrenz tritt. Um ehrlich zu sein: Ich saß am Computer und habe mir von der Show nur berichten lassen. Leider klang der Bericht sehr glaubwürdig.

21.10.08

Woher kommen all die Krankheiten?

Wir hören nur noch von Krankheiten, unsere Kinder leiden an ADHS, Legasthenie, an Dyskalkulie, andere sind hochbegabt. Immer mehr Kinder befinden sich in Behandlung, sei es die Logopädie oder Ergotherapie. Wie ist das denn zu erklären? Es kann doch nicht sein, dass wir auf einmal nur noch kranke Kinder haben.

So sagt Michael Winterhoff in einem Interview im Südwestfunk.
Er führt das Phänomen darauf zurück, dass Kinder nicht genügend gereift sind, um die notwendige Frustrationstolerenz zu entwickeln.
Das komme u.a. daher, dass Eltern sich nicht genügend von ihren Kindern abgrenzten und statt sie zu erziehen, von ihnen bestätigt werden wollten. Dadurch werde den Kindern die Möglichkeit der Reifung genommen. Erst diese führe zur Wahrnehmung, dass der andere Mensch nicht von uns gesteuert werden kann, sondern dass wir in einem sozialen Prozess mit ihm umgehen müssen.
Eltern, die Kleinkinder nicht erzögen, sondern als Freunde auf gleicher Stufe behandelten, machten Kinder zu künftigen Tyrannen.

19.10.08

Vorbild

Peter Frattons pädagogischer Grundsatz:
Niemals andere motivieren wollen – aber selbst von etwas begeistert sein.

15.10.08

Fernsehschelte von Marcel Reich-Ranicki

Anlässlich seiner Fernsehkritik hat man Marcel Reich-Ranicki "borniert und selbstgefällig" genannt. In der Tat, in der Selbstgefälligkeit kann ihn kaum eine(r) übertreffen. Aber von borniert kann bei ihm keine Rede sein.
Dabei ist "borniert und selbstgefällig" eine hervorragend knappe Charakterisierung der Fernsehberühmtheiten.
Dass es im Fernsehen auch andere Sendungen gibt, die weitab von Borniertheit sind - man denke an den ebenfalls höchst selbstgefälligen Peter Sloterdijk - rettet nicht die Fernsehberühmtheiten, die sich gegenseitig hochjubeln.
Ich möchte diese Berühmtheiten mal mit Orhan Pamuk vergleichen. Dieser hat schon als 20jähriger sich ernsthaft bemüht, sich ganz umfassend mit Geschichte und Kultur seines Landes vertraut zu machen, und wurde, als er ein Meisterwerk vorlegte, darauf aufmerksam gemacht, dass man einen Türken nicht recht wahrnehmen könne, unabhängig von dem, was er leistet. Bei den heutigen Fernsehgrößen gilt das Umgekehrte: Sie werden wahrgenommen unabhängig von dem, was sie leisten. Oder meint wirklich jemand, der Arundhati Roy kennt (ihr Name steht für Hunderte andere, von denen wir noch weit weniger hören), Dieter Bohlen verdiene auch nur ein Zehntel der Aufmerksamkeit, die wir ihren Aussagen zukommen lassen sollten? Und wann hört man noch von ihr?

Nachtrag von 2013: Ein Porträt MRRs von Ulrich Greiner

6.10.08

Reicht Verbesserung der Lehrerausbildung aus?

Was nützt die psychologische Ausbildung, wenn man nur mit Gruppen um 30 Schülern arbeiten kann?
Die meisten Probleme, die die Pschologin der Elternberatungsstelle an unserer Schule zu bearbeiten hatte, waren Familienprobleme, die nur mit Einzel- und Familientherapie anzugehen waren. Das kann ein Lehrer auch mit der besten Ausbildung nicht übernehmen. Die Ausbildung hilft ihm nur, die Fälle früher zu erkennen und die Schuld nicht den Schülern in die Schue zu schieben. Dann aber muss ein Ansprechpartner da sein, der an dem Fall weiterarbeiten kann. Das gibt es in Finnland, in Deutschland viel zu selten.

Ich persönlich habe mit die besten Erfolgserlebnisse gehabt, als ich als Mediator (Streitschlichter) gearbeitet habe. Da hatte man mal eine Schulstunde lang für ein Problem Zeit und konnte Schülern helfen, Lösungen für ihre Probleme zu finden.

Theoretisch sollte ja auch eine Schulstunde dafür da sein. Weshalb sie das nur in den seltensten Fällen leisten kann, das zu behandeln, reicht ein Eintrag nicht aus.