31.10.09

Abmahnungen

Die ehemalige Unterstützerin der Hausbesetzerszene und heutige Journalistin Eva C. Schweitzer lässt abmahnen und gibt sich dann wieder großzügig.
Jonny berichtet in Spreeblick und nimmt zu ihrer Stellungnahme Stellung.
Abmahnungen sind eine Methode, Blogger von ihrer Meinungsäußerung im Internet abzuschrecken. Mich empört das weit mehr als die Relevanzkriterien der Wikipedia.
Zur presserechtlichen Situation in diesem Zusammenhang schreibt Thomas Schwenke.
Der Pressekodex im Wortlaut.

In ihrem neusten Blogeintrag stellt Eva Schweitzer fest, dass schon vor meinem Kommentar zu Ihrem letzten Eintrag bereits alles gesagt sei. Daher wiederhole ich hier nur noch das dort offenbar schon Gesagte:
Ich möchte Sie bitten, mir mitzuteilen, ob ich Ihre Stellungnahmen hier kritisieren darf, ohne vorher bei Ihnen anzufragen, ob ich einen kritischen Kommentar schreiben darf.
Des weiteren interessiert mich, ob ich Ihnen 10 Euro zu zahlen habe, falls Sie auf meinen Kommentar antworten.
Schließich interessiert mich, ob der folgende Blogbeitrag Sie kritisieren würde.
(Der damit angesprochene Blogbeitrag ist der, der meinem Hinweis auf Eva Schweitzers Blogeinträge voranging.)

Jüdin beschreibt Rettung durch Nazi

Valentin Beck ist volksdeutscher Nazi in Ostpolen. Bei einem Saufgelage in seinem Haus rühmt sich der Polizist Hans, 72 Juden erschossen zu haben.
Eine jüdische Familie hört es getrennt nur durch ein paar Dielen in ihrem niedrigen Versteck mit. Valentin Beck hat sie versteckt.
Clara Kramer berichtet 65 Jahre darauf in ihrem Buch Eine Handbreit Hoffnung. Die Geschichte meiner wunderbaren Rettung, wie sie in ihrem Versteck überlebt hat.
Beck war ein Säufer, betrog seine Frau, einmal auch mit einer der versteckten Jüdinnen. Seine Frau, die ihn dabei erwischte, bereut, die "Schlange" in ihr Haus aufgenommen zu haben. Doch sie verrät sie nicht.
Beck rettet insgesamt 18 Juden.
1944 wird Beck von Agenten des sowjetischen Geheimdienstes NKWD verhaftet. Clara legt ihnen ihr Tagebuch aus dem Versteck vor, und er wird freigelassen.
Als Clara Kramer ihm nach dem Krieg Geld schickt, schreibt er bald: "Kein Geld mehr".
Denn Kontakte nach Israel waren damals in Polen verdächtig.

23.10.09

Die deutsche Blogosphäre

Der sogenannte Qualitätsjournalismus geht wie ein Tsunami über das Land und dann ist das Wasser wieder weg und kommt in den nächsten 12 Jahren nicht mehr wieder. Genau da können Blogs allgemein und auch deutsche Blogs einen Gegenentwurf liefern, indem sie auch und gerade marginale Themen längerfristig und tiefer betrachten.
schreibt Jörg Wittkewitz in digital public.de
Den Vorteil von Blogs sieht er darin, dass Einzelthemen längerfristig vertieft behandelt werden könnten.
Außerdem bemerkt er m.E. zu Recht, dass Blogs nicht so sehr der Verständigung unter Freunden dienten. Dafür gebe es sozile Netzwerke.
M.E. dienen Blogs der Selbstreflexion, zu der man aber gern andere einlädt.

Robert Basic lobt die Vernetzungsmöglichkeiten
Gerade die Vernetzungssystematik ist eines der herausragendsten Kulturmerkmale der Blogs. Manch einer spricht davon, dass Blogs nur eine Technik seien, ein simples CMS, doch verkennt und vergisst man dabei nur zu schnell um die innewohnenden Kulturtechniken, die sich mit der technologischen Weiterentwicklung der Blogs (ausgehend von den ersten Blog-Systemen) entwickelt haben. Bessere Mensch-Vernetzungs-Maschinerien wird man draußen im Netz kaum finden ...

Er erhält eine sehr positive Reaktion eines Fernsehredakteurs und berichtet über die Möglichkeiten von Bloggern, gemeinsam zu recherchieren. Eine gute Ergänzung seines Beitrages bieten die Reaktionen auf seinen Beitrag, die er hier gesammelt hat.

18.10.09

Aktuelle Links

Schillers Kunstphilosophie besprochen in der SZ

Robert Basic über die soziale Funktion von Blogs als Menschenvernetzungsmaschinen

Einmal mehr: Das Netz vergisst nichts (FAZ)

Bildung hacken: Überblick (weblearn-Wiki) Einzeläußerungen (etherpad)

Wikipedia, Relevanzkriterien, Löschdiskussionen, fefes Blog und Kampf gegen Zensur im Internet

Stasi 2.0 In diesem Wikipediaartikel wird über die sehr zweifelhafte Praxis von Gegnern von online-Computerdurchsuchungen und Internetzensur berichtet, die solches Vorgehen und das Bild des gegenwärtigen Finanzministers mit Stasimethoden in Verbindung bringen. Dagegen scheint mir der Bundestrojaner eine gelungene Art von Kritik.

Abmahnungen

Presserechtsblogbeitrag von Thomas Schwenke

Der Pressekodex im Wortlaut.

"Loch in der Wand" - ein Computer unterrichtet 300 indische Kinder (mit ersten Kommentaren)

Kant, Web 2.0 und Kritik an Abmahnungen

Es gibt kein Rezept für gehirngerechtes Lernen

Schule reformieren genügt nicht. Man muss sie transformieren, sagt Lisa Rosa.

Digitale Medien helfen nicht gegen die gegenwärtigen Probleme der Schule

Verhaltensregeln für Neuronen (über die normative Funktion der Neuronenmetapher)

Aufstellung über "die 50 einflussreichsten englischsprachigen Blogger" nach income diary von Thilo Bonow

(was immer most influential nach Th. Bonow heißen mag)
Bis jetzt mein Favorit aus der Liste: huffington post

Links zu Politik u. Medien

Lernen und Vergessen

eines Tages: Abschied vom Quellekatalog u.a.

weniger aktuell, aber ziemlich einmalig: Spaziergang unter dem Eis der Losse

16.10.09

Um uns zu verlinken ... und Kulturtechniken

... weise ich auf den Professorinnenblog von Kerstin Mayrberger hin, auf den mich lisarosa aufmerksam gemacht hat. Sie schreibt da über e-learning 2009 und bietet auf einem Video ihr Statement auf der Konferenz. Zu Recht weist sie darauf hin, dass für jede Gelegenheit die passende Form zu wählen ist. Für mich passen Videos meist nicht. Vor allem, weil ich sie in den seltensten Fällen bis zum Schluss sehe, nicht zuletzt, weil ich schwerhörig bin, meine Mitbewohner nicht mit störender Geräuschkulisse plagen will und deshalb meist das Video gar nicht erst anklicke. Da die wenigen Fälle, wo ich es getan habe, nur ganz selten etwas boten, was ich nicht schon per Lesen erfahren hatte, bleibt die Kulturtechnik YouToube für mich weiterhin unvertraut.
Doch ich wollte verlinken: J. Hochberg (Gophi), J. Wedekind (konzeptblog/jowede), B. Redel (bei soultank) und natürlich C. Spannagel, der überall unterwegs ist und natürlich über Twitter twittert und dabei auf J.-P. Martin (jeanpol) und die Neuronenmetapher aufmerksam macht.
Wie gesagt, ich sehe ungern Videos, weil ich in denen keine Links finde, die mich weiterführen.

Muss ich noch sagen, dass ich noch schlimmer als Videos im Netz Powerpointpräsentationen im Netz finde? Ich liebe Videos in Realität und sehe mir das Weihnachtsspiel in Oxford oder unsere Jüngste, wie sie eine Ente "verfolgt", gern zehnmal an. Aber Powerpointpräsentationen, die schon in der Realität eine Zumutung sind und im Netz so gut durch einen fortlaufenden Text ersetzt werden könnten, statt einem zum Sklaven sinnloser Spielchen zu ..., ich breche ab. Es gab einmal eine von Beat Döbeli über Web 3.0, die er erstellte, weil als Referent des Vortrags, von dem er sich versprochen hatte, endlich zu erfahren, was es mit dem Hype dazu auf sich habe, er selbst bestellt war. Die war hübsch, weil sie zeigte, wie viel man im Netz (nämlich in seinem eigenen Bibliotheksnetz) finden kann, wenn man schon weiß, dass es drin ist. Aber natürlich blieb am Ende der Präsentation die Frage genauso offen, wie sie dem Referenten am Beginn seiner Präsentation war.
Und jetzt sollte ich noch gestehen, dass ich ohne meinen Ärger über Powerpointpräsentationen im Netz vielleicht nie etwas über Heinz von Foerster, den konstruktivistischen Physikerphilosophen, gelesen hätte, geschweige denn außer Beats Notaten dazu etwas von ihm (Link zu pdf-Datei, englisch). DuSie meinst/meinen: "Wozu soll ich auch Heinz von Foerster lesen?" Ja, das meine ich ja. Man verschwendet nur seine Zeit damit. So wie mit diesem Blogbeitrag und gar den Links, wenn man so blöd sein sollte, ihnen nachzugehen.

Er lernt Schweißen und spricht Deutsch

Freie Tribüne

In Port-Gentil hört man Deutsch nicht so oft. Aber fließendes Deutsch von einem Schweißerlehrling scheint noch viel überraschender. Romeo, 28, hat die Schule in der 12. Klasse aufgegeben. Nach seinem großen Traum, mit Deutsch Karriere zu machen, ist die Wirklichkeit anders geworden. Unser Magazin hat ihn getroffen.

Nachbarschaft: Kannst du uns etwas von dir sagen?
Romeo: Danke. Ich bin Romeo, 28 Jahre alt. Ich stamme aus Kamerun und wohne jetzt in Gabun und besonders in Port-Gentil. Derzeit bin ich Schweißerlehrling.

N: Ein Schweißerlehrling, der aber Deutsch spricht und sogar fließendes Deutsch. Wieso?
R: Mein erster Kontakt mit Deutsch war in meinem Elternhaus in Kamerun. Damals war ich 10 Jahre alt. Meine Mutter hatte Deutsch in der Schule gelernt und sprach es gern. Regelmäßig hörte ich sie reden. In der 9. Klasse musste ich meine zweite Fremdsprache wählen. Da gab es kein Zögern. Ich wählte Deutsch.

N: Und dann...?
R: Ja, und dann war ich in der Klasse in Deutsch sehr begeistert. Zudem hat mir meine Mutter zu Hause geholfen. Als Hausfrau hatte sie viel Zeit und konnte meine „zweite Deutschlehrerin“ sein. Ich kriegte gute Noten und freute mich darauf. Ich wurde oft von meinen Deutschlehrern gelobt.

N: Hast du einmal ein Projekt oder einen Traum mit Deutsch gehabt?
R: Ja, natürlich! Da Deutsch mein Lieblingsfach war, wollte ich Deutsch bis zur Universität studieren und damit Karriere machen, z.B. als Lehrer, Dolmetscher oder etwas anderes. Leider habe ich die Schule früh verlassen.

N: Und warum mußtest du deine Studien so früh abschließen?
R: Wegen der schwierigen wirtschaftlichen Situation in meinem Land ist mein Vater arbeitslos geworden und konnte meine Schulung nicht mehr bezahlen. Es gab keine andere Möglichkeit. Ich musste die Schule widerwillig verlassen.
N: Wie hast du das empfunden?
R: Als sehr peinlich. Ich hatte einen Traum. Ich hatte den Willen und die intellektuellen Fähigkeiten, hatte aber leider keine Hilfe.

N: Trotzdem kannst du Deutsch noch sprechen und sogar fließend…
R: Ja, aber nicht mehr wie früher. Ich habe viel verlernt, da ich die Sprache fast nicht mehr übe.

N: Und wie bist du jetzt nach Gabun gekommen?
R: Meine ältere Schwester wohnt in Gabun. Sie ist verheiratet und mein Schwager hat mich eingeladen, um mir eine zweite Chance zu geben.

N: Das heißt Schweißen zu lernen?
R: Genau. Nach zwei Jahren meiner Ausbildung werde ich bald meine Ausbildung abschließen.

N: Und wie fühlst du dich in deiner neuen Schule?
R: Obwohl sie mir keinen Traumberuf öffnet, mag ich meine Lehre. Ich bedaure nur die Tatsache, dass es hier mehr Theorie als Praxis gibt. Es gibt nicht genug Maschinen und kein modernes Equipment. Ich fühle deswegen die Notwendigkeit, nach der Ausbildung hier noch eine Weiterbildung in einer besseren Berufsschule zu haben.

N: Dafür wird aber noch Geld benötigt. Wird dein Schwäger dich weiter unterstützen?
R: Das ist die Frage. Er hat schon viel für mich getan, und dafür bin ich ihm dankbar. Für eine Weiterbildung muss ich jetzt selbst Geld finden; das heißt einen Job suchen, was derzeit nicht leicht ist. Wenn ich genug gespart habe, kann ich meine Ausbildung bezahlen und warum nicht das Abitur an einer Abendschule vorbereiten?

N: Ist das dein neuer Traum?
R: Sagen wir eine neue Herausforderung.

N: Also, Nachbarschaft wünscht dir viel Glück.
R: Vielen Dank.
Das Gespräch führte Evariste Fosong.

Wenn dieser Gastbeitrag Sie interessiert hat: Im Blog Nachbarschaft können Sie noch weit mehr lesen, was Lehrer und Schüler aus Afrika und Deutsche, die mit ihnen in Kontakt stehen, bewegt.
Übrigens (Nachtrag vom 18.10.12): Dieser Beitrag ist in seinem Ursprungsblog Nachbarschaft unter 10-mal aufgerufen worden, in diesem Blog über 800-mal. Ist das die Wirkung der Exotik?

14.10.09

Gründe für Jugendgewalt

2006 habe ich an anderer Stelle unter dem Titel Banlieues - Vorstädte - Slums geschrieben
"Wenn sie mehr in die Ausbildung der Jungen investieren würden, gäbe es weniger Kriminalität. Denn nach der Schule bleiben viele auf der Strasse. Und da fangen sie an zu stehlen. Die Jungen, die müssen selbst etwas schaffen, um zu merken, dass sie nicht nichts sind." (I. Coutant)
Was uns, die wir weder Slumbewohner noch Forscher sind, wie ein Problem Frankreichs erscheint, könnte ein höchst aktuelles deutsches Problem sein. Mehr und mehr Mitglieder unserer Gesellschaft machen die Erfahrung, dass die Gesellschaft sie nie etwas schaffen lässt, so dass sie merken, dass sie nicht nichts sind. - Gewalt hilft gegen das Gefühl, nichts zu sein.

Die Aussage ist auffallend aktuell geblieben. Was ich am 23.9.09 geschrieben habe, ist zwar ausführlicher, aber die Hauptaussage ist die Gleiche.
Der Unterschied zwischen Unruhen und den Taten einzelner Amokläufer ist freilich, dass eine besondere psychische Disposition und die Möglichkeit, an Waffen zu kommen, zusätzlich vorhanden sein muss, so dass es zu dieser Art von Gewalt kommt. Denn viele Menschen erleben das Gefühl, nicht gebraucht zu werden, ohne dass sie Amok laufen.
Ein weiterer Unterschied ist freilich, dass Unruhen sich ankündigen, dass Missstände in einem bestimmten Viertel deutlich zu sehen sind, bevor es zu Unruhen kommt. Man fragt sich daher manchmal, weshalb es nicht schon vorher zu Gewalttaten gekommen ist. Dagegen sind Amokläufer häufig ganz unauffällig, auch wenn sie ihre Tat schon lange vorher planen.

12.10.09

Randgruppen werden nicht beachtet

Wer aufmerksam durch die Stadt geht, kann immer wieder einmal Wohnungslose wahrnehmen, auch wenn sie keine Zeitschrift verkaufen. Doch eine Studie im Auftrag der Caritas zeigt, dass sie dennoch - wie andere Randgruppen - kaum in den Blick geraten. Dem versucht der Blog Mitten Am Rand abzuhelfen, auf den wir auf unserer Webseite rechts verweisen. Kürzlich hat er im Blog Blogpatenschaften versucht, allgemeinere Aufmerksamkeit zu gewinnen. Dort schreibt der Betreiber
Ihr Leben spielt sich an den Rändern unserer Gesellschaft ab – von der Mehrheit der Bevölkerung ignoriert. Mit solchen Schicksalen wollen die wenigsten etwas zu tun haben. Angst vor dem eigenen Absturz hält sie auf Distanz zu Obdachlosen, ehemaligen Häftlingen und extrem armen Menschen.

Es ist wohl noch etwas anderes: die Angst vor dem Fremden. Nicht der Absturz, sondern die Unfähigkeit, sich auf etwas einzulassen, was man nicht kennt.
Diese Angst ist uns allen mehr oder minder bekannt. Dagegen hilft nur: Information und Annäherung. Man braucht ja nicht gleich wie Günter Wallraff selbst mit den Wohnungslosen zu wandern.

11.10.09

Wissen

"Wissen steht gerade in meinem Land nicht sehr hoch im Kurs - außer im Zuusammenhang mit besseren Jobs, besseren Einkommen."
Aus welchem Land kommt die Person, die das gesagt hat?
Sie fährt fort:
"Unsere Medien tun ja ihr Bestes dazu, uns dumm zu halten - durch unablässige Unterhaltung dumm zu halten."
Kann das auch auf soziale Netzwerke gemünzt sein? Ist die Wikipedia inzwischen schon so einseitig, dass dies Verdikt zu Recht auch für sie gelten könnte? Gibt es einen Bereich in der digitalen Kommunikation, für den es nicht gilt? Welche Veränderungen durch das Internet (Hier mahnt uns Robert Basic, die früheren Arten des Informationsaustauschs nicht zu vergessen.) gehen in die Richtung Verdummung, welche in Richtung Wissen?
"Mir wird oft gesagt, meine Bücher seien so traurig. Aber ich frage mich, ob diese Sichtweise nicht mit dem geringen Wert zu tun hat, den man dem Wissen generell beimisst. Denn das gibt es in jedem meiner Romane: jemand, der etwas lernen muss, etwas verstehen, das er am Anfang noch nicht kannte. Aber in den meisten Religionen ist Wissen Sünde - es ist schlecht für dich, du must leiden dafür, kommst in die Hölle. Und das gilt, jenseits von Religion, immer noch!" Und auf die Nachfrage "Wird Wissen denn immer durch Leiden erworben?" antwortet die Person: "Durch Leben!"
Sollte es von Hentig sein, der so spricht? Immerhin hat er "Die Menschen stärken, die Sachen klären." geschrieben. Oder muss es ein Autor sein, der fiktionale Texte geschrieben hat?
"Vieles hat mit Obama eine neue Qualität bekommen. Er hat keine Angst vor Fremden, vor dem Fremden."

Zu einem entfernt verwandten Stichwort Hirndoping zunächst nur ein Link. Vielleichtkommt es noch zu einem eigenständigen Beitrag.

7.10.09

Lehrerbildung - Bildungsstandards

Herr Larbig versteht es, interessante Diskussionen anzustoßen. So äußert bei ihm Lisa Rosa:
Die Bildungsstandards Geschichte bspw. widersprechen schon im Ansatz dem Kompetenzmodell “Historisches Denken” von Schreiber/Körber/v. Borries”. Letztere werden darum auch nicht von den Bildungsplanmachern aufgenommen. Wie widersprüchlich die Praxis derzeit aussehen kann: Ich arbeite mit Körber zusammen und biete Lehrerfortbildungen auf der Grundlage des Kompetenzmodells an – und neben mir und über den Hof rüber sitzen die Lehrplangestalter und passen die Lehrpläne an die Bildungsstandards Geschichte an.

Irgendwie verständlich, dass es Lehrer gibt, die weder von Bildungsstandards noch von Kompetenzmodellen etwas hören wollen, obwohl beide intellektuell anregend sind.
Freilich, es gehört schon sehr viel dazu, Franz E. Weinerts Definition von Kompetenz (die ich auch Lisa Rosa verdanke) "evaluierbar" zu machen. Kompentenz sind nach Weinert nämlich „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können.“

Wie stelle ich nun fest, wer diese Kompetenzen für "bestimmte Probleme" hat? Es ist ein ernsthaftes Problem. Nicht zufällig sind alle Pädagogen der Welt nicht mit dem Problem fertig geworden, wie man die verschiedensten Lehrer mit einem einheitlichen System dazu befähigt, die verschiedensten Schüler zu den jeweils von Politikern gesetzten Zielen zu führen.
Ich bitte mir, spät am Abend ein wenig Unernst zu verzeihen:
George W. Bush ist mit dem Problem fertig geworden, wie man über vier Jahre lang die Interessen einer sehr kleinen Gruppe bedient und der Bevölkerungsmehrheit vormacht, es geschähe in ihrem Interesse.
Obama scheint es nicht zu gelingen, die Bevölkerungsmehrheit dazu zu bringen, eine Gesundheitsreform zu akzeptieren, deren Inhalte von über 60% der Bevölkerung gewünscht werden.
Der nahe liegende Schluss: Das zweite Problem ist definitionsgemäß höchst einfach. Wenn Obama damit nicht fertig wird, ist er unfähig. (Deshalb sacken die Zustimmungszahlen für ihn bereits dramatisch ab.)
Oder soll ich jetzt eine saubere Problemschwierigkeitsskala aufstellen, mit deren Hilfe saubere Kompetenzstandards evaluierbar wären?
Wie sagte v. Hentig: "Die Menschen stärken, die Sachen klären" (und zwar in der Reihenfolge). Ich habe nicht den Eindruck, dass das gegenwärtig für die Mehrheit der deutschen Schüler geleistet wird, aber genauso wenig, dass es für die Mehrheut der deutschen Lehrer geleistet wird.
Es soll freilich DirektorInnen geben, die es verstehen, LehrerInnen zu stärken, indem sie universitäre und ministeriale Empfehlungen und Weisungen deutlich tiefer hängen, als es von seiten dieser Institutionen gewünscht wird.
Kein Wunder, dass Ministerien nachher deren Schulen den anderen als Vorbild vorhalten: "Ihr seht doch, es geht!"
Freilich, einfach ist es nie.

4.10.09

Namensgebung

Wie verhält man sich im Netz?
Offen, freundlich, möglichst viel von den eigenen Interessen darstellend, damit andere an einen andocken können, oder vorsichtig, damit nichts gegen einen verwendet werden kann.
Christian Heller plädiert (auf den macdays) für das erste. Er überzeugt Gabi, bis sie dann entdeckt, dass vielleicht doch etwas dabei problematisch ist.
Merkel und Steinmeier kamen im Internet nicht so gut an wie Obama. Lag das nur daran, dass sie die falsche Netzstrategie hatten? Gibt es vielleicht Gründe, weshalb unterschiedliche Personen sich unterschiedlich im Netz verhalten sollten?
Sollten Kinder und Jugendliche nicht eher vorsichtig mit Mitteilungen über sich umgehen, während Ältere ruhig etwas mutiger mit der Darstellung ihrer Interessen sein sollten, damit sie Gleichgesinnte kennen lernen.

3.10.09

Arbeit mit dem Netz

In seinem Vortrag "Die Wissenschaft auf Wolke google 2.0" beschreibt Jörg Kantel den Arbeitstag eines Geisteswissenschaftlers, offenkundig stark angelehnt an den eigenen (nur ist die Zahl der Blogeinträge hier untertrieben.)
Nach Christian Heller lässt sich hier das Ende der Privatheit studieren, J-P. Martin galubt sogar die Gefahr eines Identitätsverlustes zu verspüren.
Das scheint mir persönlich zu skeptisch, denn die Tatsache, dass sich die Identität trotz eines gewissen Verlusts der Privatheit nicht aus dem Netz rekonstruieren lässt, bedeutet noch nicht, dass sie nicht vorhanden wäre. Trotzdem bleibt Martins Empfehlung Handeln (also: sich größere Projekte vornehmen) natürlich völlig überzeugend.
Die Projekte können umso größer sein, mit je mehr Personen man gemeinsam an einem solchen Projekt arbeitet.