15.9.13

Vereinfachte Erläuterung der Hintergründe des Wartburgfestes von 1817 unter Bezug auf den Bürgerkrieg in Syrien und den deutschen Bundestagswahlkampf

Wenn du vieles gelesen hast und vieles dir sonderbar vorkommt, bist du schon auf der Vorstufe zum Weisen.

Wenn man die Vorgänge in und um Syrien und die Vorgänge im deutschen Bundestagswahlkampf entsprechend darstellen würde, käme noch viel Unverständlicheres heraus.

Zunächst also:

Die Burschenschaftler lebten in einem Regime, das sie für ungerecht hielten wie heute Ägypter und Syrer ihres und Al-Kaida-Kämpfer die politische Weltordnung insgesamt.

Sie empfanden sich als Vertreter der Freiheit und beriefen sich auf Luther als Freiheitskämpfer (gegen die religöse Diktatur der Papstes).

Sie veranstalteten eine Demonstration - wie 1832 die Demokraten beim "Hambacher Fest".

Aber, wie es bei Demonstrationen und Fußballspielen so ist, es finden sich immer welche, die noch eindrucksvoller demonstrieren wollen als die anderen. Die verbrannten dann also den Korporalsstock, mit dem die einfachen Soldaten geprügelt wurden, und Schriften, die - aus ihrer Sicht - das herrschende Regime verteidigten. (Da hätten sie auch den halben Goethe mit verbrennen können.)

Schließlich tötete Sand noch den Schriftsteller Kotzebue. Dieser war seinerzeit erfolgreicher als Goethe; aber Sand tötete ihn nicht deswegen, sondern deshalb, weil er - wie Goethe - ein Höfling war und den Herrschenden nach dem Munde redete.

Heine bemerkte zu Recht: "Wo Bücher brennen, da brennen bald auch Menschen."*

Man hat das auf den Holocaust bezogen, aber es war nur eine metaphorische Redeweise für: "Wer Bücher vernichtet, statt sie zu widerlegen, der ist auf der Vorstufe dazu, Menschen zu vernichten, statt sie zu überzeugen."

Luthers Verbrennen der Bannbulle war - so gesehen - die Vorstufe der Glaubenskriege.

Die Nazis haben dann Heines Metapher in der Wirklichkeit nachgebildet: Zuerst haben sie Bücher verbrannt, dann Millionen von Menschen erst getötet und dann verbrannt.

Nicht der Protest der Burschenschaftler war falsch, sondern die Wahl der Mittel. So kam es zu noch schärferer Unterdrückung, und die führte zunächst zur (gescheiterten) deutschen Revolution von 1848 und dann zu mancherlei Fehlentwicklungen. Je nach Standpunkt, kann man die deutschen Einigungen von 1871 und 1990 dazu rechnen.

Nur: Auch wenn die Burschenschaftler sich auf Luther beriefen, Luther war nicht der Grund des Protestes. Auch wenn die Nazis Bücher verbrannt haben wie Luther und die Burschenschaftler, so hatten sie doch ganz andere Ziele.

Auch als guter Katholik kann man heute vieles, was Luther in seiner Zeit an der Kirche auszusetzen hatte, auch für falsch halten.

Wenn dir das, was ich geschrieben habe, auch sonderbar vorkommt, brauchst du mich deshalb noch nicht beim Geheimdienst zu melden, der liest sowieso schon mit.**

*Wörtlich zitiert: "Dort wo man Bücher verbrennt, // verbrennt man auch am Ende Menschen." - Almansor, Vers 243f (sieh: Wikiquote)
**Mitlesen ist weit besser als zensieren und der Öffentlichkeit vorenthalten. Manches Vorgehen gegen Whistleblower ist freilich noch schlimmer als Zensur. - Dass noch mehr mitgelesen und entschlüsselt wird, als der Normalbürger annahm, hätte man sich denken sollen. Das Schlimme ist die Verharmlosung durch die deutsche Bundesregierung und die Behandlung von Whistleblowern in den USA. Wenn man Snowden verspricht, ihn weder zu foltern noch zu töten, so ist das, nach dem, was man Manning angetan hat, eher eine Drohung als irgend etwas anderes. Zwar werde ich weder Obama als Befürworter von Folter und Putin als Demokraten bezeichnen, doch dass 2013 Obama das Foltern zulässt und Putin einen Demokraten aus den USA vor seinen Verfolgern schützt, das hätte ich bei Obamas Wahl 2008 nicht für möglich gehalten.

Wenn man das, was in und um Syrien alles geschieht so ausführlich kommentieren würde wie Merkels Halskette und Steinbrücks Stinkefinger, so würde das niemandem helfen, diese Vorgänge zu verstehen.
Die Medienberichte vernebeln das, worum es im Wahlkampf geht, wo möglich, noch besser als die Wahlprogramme der Parteien.

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