2.3.23

Genderstern, Meldung antifeministischer Aussagen und Sensivity Reading

 Im Unterschied zu vielen meiner Bekannten gebrauch ich gern im Netz immer wieder mal den Genderstern, weil er ausdrückt, dass die Trennung in zwei Geschlechter und die Zuschreibung von "richtigen" erotischen und sexuellen Vorlieben fragwürdig ist. Doch deshalb von Mitglieder*innen und Bekannt*innen zu schreiben erscheint mit abwegig. 

Ich lese jetzt, dass Roald Dahl neu ins Deutsche übersetzt wird und dabei eine größere Nähe zum Original angestrebt, dass sich aber die deutsche und die englische Version deshalb jetzt stärker unterscheiden, weil die englische Version stärker unterscheiden als je zuvor unterscheiden, weil man den englischen Originaltext im Zuge des Sensive Reading von möglicherweise verletzendem Wortmaterial zu reinigen versucht. Will man etwa "Schwachheit, dein Name ist Weib" in der Übersetzung von Hamlets Ausspruch in Hamlet I,2, wo er kritisiert, dass seine Mutter den Mörder ihres Mannes geheiratet hat, ersetzen, weil Frauen diese höchst fragwürdige Verallgemeinerung verletzend finden könnten? (frailty  lässt sich ja durchaus mit Gebrechlichkeit übersetzen, Wieland hat es vorgemacht.) Dabei wirft Hamlet seiner Mutter allerdings durchaus nicht Gebrechlichkeit vor. Wenn man das tut, dürfte man das aber nicht, wenn man angibt, der Schlegel-Tieckschen bzw. der Übersetzung von Erich Fried zu folgen, denn die haben sich für Schwachheit entschieden.

So sehr ich dafür bin, dass Frauen vor herabsetzenden Ausdrücken geschützt werden, wenn sie sich im Netz einmal prononciert geäußert haben, so fragwürdig finde ich es, wenn eine allgemeine Sammlung antifeministischer Äußerungen stattfindet. Dafür ist die Definition von 'antifeministisch' zu ungenau. Es warnt das Beispiel von 'antisemitisch', wo ein afrikanischer Philosoph als Antisemit bezeichnet wurde, weil er die Segregation von Arabern und Israelis in Palästina mit der Apartheid in Südafrika verglich.



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