12.11.08

Bleib so, wie du bist???

Herrn Rau vom Lehrerzimmer verdanke ich den Hinweis und die Problematisierung des unter Jugendlichen immer häufigeren Geburtstagswunsches: "Bleib so, wie du bist!"

Die Formel "Bleib so, wie du bist!" soll dem anderen Anerkennung vermitteln und ihn dadurch stärken. Wörtlich genommen ist sie aber eine Aufforderung, zu erstarren und damit abzusterben.
In der christlichen Religion gibt es die Vorstellung, dass alle Menschen, so wie sie sind, von Gott angenommen sind. (Gleichnis vom verlorenen Sohn)
Gleichzeitig ergeht aber der ständige Ruf an die Christen "Tut Buße, sündigt hinfort nicht mehr, lasst euch von Gott finden!" (Aussage des Zöllners: "Gott sei mir Sünder gnädig!")
Diesen Gedanken greift humanistisch ohne Religionsbezug Bert Brecht auf mit K's Forderung an sich selbst, sich ständig weiterzuentwickeln und seiner Absicht, denen, die er liebt, zur Weiterentwicklung zu verhelfen.
Dagegen stellt Frisch wiederum die Forderung, sich kein Bildnis vom anderen Menschen zu machen.

Qintessenz:
Den anderen als gleichberechtigt akzeptieren.
Uns selbst immer weiter entwickeln.
Den anderen bei seiner Entwicklung unterstützen, nicht ihn im "Menschenpark" zum Übermenschen machen wollen.

Dazu: An unserer Schule hieß ein Abi-Motto "Lernst du noch oder lebst du schon?"
Ich habe es für mich verändert in "Paukst du nur oder lernst du schon? Lernst du noch oder bist du schon tot?"
Es gibt eine Definition von Macht als Fähigkeit, nicht lernen zu müssen. Die Fähigkeit hat die Bush-Administration ein paar Jahre lang bewiesen. Barack Obama versucht jetzt, den Zusammenbruch der USA zu vermeiden, indem er die verpassten Lektionen nachholt.

1 Kommentar:

Ann-Theres hat gesagt…

Deine Ausführungen haben mich sehr nachdenklich gemacht.
Neben den genannten biblischen Quellen gibt es ja auch die Geschichte von den "Talenten", die der Herr seinen Knechten gab. Die meisten machten nichts daraus, hüteten oder vergruben sie gar, doch nur einer war in der Lage seine Talente zu mehren.
Das kommt mir immer in den Sinn, wenn ich wieder etwas Neues gelernt habe und bin dankbar, dass es mir, wenn auch in beschränkter Weise, vergönnt ist...

LG Anntheres