2.12.13

Zur Abstimmung der SPD-Mitglieder über den Koalitionsvertrag

Die Argumente, dass SPD-Mitglieder keinen größeren Einfluss auf die Politik ihrer Partei haben dürften als andere Bundesbürger, braucht man wohl nicht ganz ernst zu nehmen. Bei dieser Argumentation bayerischer Juristen wollte ja selbst Horst Seehofer nicht mitmachen. Schließlich könnte es ihm nicht recht sein, wenn die CDU-Mitglieder  gleichberechtigt mit über die CSU-Politik entscheiden dürften.

Aber das macht die Entscheidung für die SPD-Mitglieder nicht einfacher.

Die Politik der Bundesrepublik steht schon länger vor zwei zentralen Problemen, die zugleich die zentralen Probleme der Weltpolitik sind:
  • vor der globalen Erwärmung
  • und vor der sich weiter auftuenden Schere zwischen Arm und Reich in unserem Land und international

Aktuell hat die Bundesrepublik mit zwei weiteren Herausforderungen zu tun:
  • der Eurokrise
  • der Ausspähung der gesamten Bevölkerung – einschließlich der Bundeskanzlerin – durch ausländische Geheimdienste.

Die globale Erwärmung wird von einer schwarz-roten Bundesregierung sogar befördert werden und zwar durch die Begünstigung von Pkws mit hohem Schadstoffausstoß und die Förderung der Verbrennung der besonders zur globalen Erwärmung beitragenden Kohle.
Was die Schere zwischen Arm und Reich betrifft, hat die SPD-Führung darauf verzichtet, Steuererhöhungen zu fordern, sondern wälzt die Mehrbelastungen auf die Beitragszahler der Sozialversicherungen ab.

Dennoch ist es gerade für ein SPD-Mitglied nicht leicht, gegen den Koalitionsvertrag zu stimmen. Denn 
die Ablehnung des Koalitionsvertrages könnte die SPD schädigen, vielleicht sogar ihre Rolle als eine der beiden großen Parteien der Bundesrepublik aufs Spiel setzen.

Diese Situation ist von der SPD-Führung herbeigeführt worden, ohne dass die Mitglieder darauf Einfluss nehmen konnten.
  1. Die Chance, eine Wechselstimmung zu erzeugen, hat sie weggegeben, als sie von vornherein eine Zusammenarbeit mit der Linken ausschloss und mit Steinbrück einen Kandidaten wählte, der selbst innerhalb der SPD nicht wirklich integrationsfähig ist.
  2. Sie hat außerdem die Koalitionsverhandlungen begonnen, obwohl die Mehrheit der sich äußernden Mitglieder sich dagegen aussprach. (vgl. Medienberichte)
Freilich könnten sie auch aus taktischen Gründen gegen ihre Überzeugung stimmen oder auf eine Teilnahme an der Abstimmung verzichten.
Das erste kann man freilich nur tun, wenn man die taktischen Gründe versteht, aufgrund deren die SPD-Führung die Koalition für notwendig hält. Diese Gründe werden freilich geheim gehalten. 

Das zweite bedeutete, sich in einer Weise aus der Verantwortung zu stehlen, die weit schlimmer wäre als die Verweigerung einer gültigen Stimmabgabe bei einer Wahl. Denn in der Öffentlichkeit entstünde der Eindruck, die Koalitionsentscheidung wäre den SPD-Mitgliedern unwichtiger, als es in Wirklichkeit der Fall ist.  

Um ihre Mitglieder dennoch zur Abstimmung für die Große Koalition zu bewegen, führt die Parteiführung zusammen mit den SPD-Ministerpräsidenten gegenwärtig in Regionalkonferenzen  einen Wahlkampf gegen das SPD-Wahlprogramm und droht - leicht verklausuliert - mit einem Rücktritt der gesamten Führungsriege, falls die Mehrheit der abstimmenden Mitglieder am Wahlprogramm festhält. 
Plötzlich haben auch die Medien, die den SPD-Spitzenkandidaten noch höchst kritisch begleitet hatten, entdeckt, wie wichtig doch die Regierungsbeteiligung der SPD sei. 

Sollen sich die SPD-Mitglieder nun darüber freuen, als wie wichtig sie jetzt gelten, oder sollen sie wütend sein, dass sie so unter Druck gesetzt werden?
Jedenfalls werden sie jetzt die Vorzüge der Bundestagswahl zu schätzen wissen, wo sie ihre Stimme frei und geheim abgeben durften. 
Denn wenn sie jetzt am Wahlprogramm ihrer Partei festhalten, wird es heißen, sie stimmten gegen ihre eigene Führung. Wenn sie jetzt aber der Führung folgen, wird es heißen, in Wirklichkeit seien die SPD-Mitglieder mehrheitlich für Angela Merkel als Kanzlerin. 
Vielleicht sollten sie sich einfach daran halten, was laut verkündet wird, nämlich, dass sie aufgrund der Inhalte des Koalitionsvertrages entscheiden sollten. Dann müsste ihnen die Entscheidung ziemlich leicht fallen (sieh oben!).

Kritik von Campact.de am Koalitionsvertrag:
  • Schwarz-Rot plant einen Frontalangriff auf die Energiewende. Nach der Photovoltaik geht es der Windkraft an den Kragen. Die Koalition setzt auf Kohlekraft und will mit neuen Subventionen verhindern, dass alte Kohlemeiler eingemottet werden. Erneuerbare Energien will sie mit einem Ausbaudeckel blockieren.
  • Der Vertrag enthält zwar Kritik an der Förderung von Erdgas mittels Fracking. Doch die konkret aufgeführten Hürden für die Industrie sind niedrig.
  • Trotz des NSA-Skandals werden die Abgeordneten die Geheimdienste in den kommenden vier Jahren nicht wesentlich wirksamer kontrollieren können.
  • Das Bundesverfassungsgericht hat die Vorratsdatenspeicherung gekippt. Die Große Koalition will sie wieder einführen.
  • Kurz nach der Wahl spendeten Auto-Industrielle große Summen an die Union. Im Koalitionsvertrag findet sich kein Satz zur Begrenzung solch dubioser Parteispenden.
  • Auch das von SPD und CSU befürwortete generelle Gentechnik-Verbot steht nicht im Koalitionsvertrag.

Zu der Art, wie der Koalitionsvertrag im Fernsehen diskutiert wird. (SPON, 3.12.13)

Kritik an Abschottung vor Flüchtlingen und mangelnde Integration für Migranten (SPON, 9.12.13)
Dabei wiegt für mich die Abschottung (de facto mehrtausendfache unterlassene Hilfeleistung mit Todesfolge) noch schwerer als die mangelnde Integration. Bei der Integration geht es vornehmlich um das Schneckentempo der Verbesserungen. Bei der Abschottung um massive Menschenrechtsverletzung, an der wir alle mitschuldig werden, ohne uns recht wehren zu können.  

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