Dass immer das Böse im Menschen
thematisiert wird und verwendet wird, um psychologische Studien, der
Schilderung von originellen Charakteren und attraktiven Orten durch
Sensationelles aufzuwerten, spannender zu machen, gefällt mir nicht.
Rätselhaftes, Geheimnisvolles,
Aufregendes gibt es doch auch, ohne dass immer einer Person das
Kainsmal des Mordes aufgedrückt werden muss.
Doch nun sah ich einen Tatortkrimi, der
sich von diesem Aufgeputschten, Aufgepufften distanzierte.
Immer wo Gesten, Mimik und Schnitte
besonders bedeutungsgeladen daher kamen, wurden sie von einem
Erzähler ironisiert, der durch Doppelung des Bedeutungselements ein
entfremdendes Element beisteuerte. In kurzen, knappen, nur das
Äußerliche schildernden Kommentaren wurde eine zweite Ebene
geschaffen. Leicht irritierend war schon, wenn das, was gezeigt
wurde, noch einmal mit Worten beschrieben wurde. Besonders
wirkungsvoll aber war die Verfremdung dann, wenn - wie in einer Regieanweisung - zuerst Mimik und Gestik beschrieben wurden, bevor
der Schauspieler sie nachspielte und das so rasch, dass verblüffte,
wie perfekt er in Sekundenschnelle genau den Ausdruck annehmen
konnte, der angekündigt worden war.
Dadurch wurden auch alle
Effekthascherei durch übertriebenen Ausdruck, durch
handlungstrennende Schnitte und durch unwahrscheinliche
Handlungskonstruktion als künstlich und aufgesetzt entlarvt. - Dies
Stilmittel machte zu Kunst, was gewollt, aber nicht erreicht hätte
scheinen können.
Endlich ein Tatort, den ich mir ansehen
konnte, ohne mich zu ärgern!
Als ich am nächsten Tag nach den
Nachrichten wieder in einen Krimi geriet, fand ich zu einem Erstaunen
dasselbe Stilmittel wieder vor. Und haargenau in der gleichen Weise
eingesetzt.
Ein Stilmittel, das ich zuvor noch nie
in einem Krimi wahrgenommen hatte, an zwei aufeinander folgenden
Tagen? Das konnte doch nicht mit rechten Dingen zugehen.
Da hatte ich plötzlich das Gefühl
eines Déja-vu-Erlebnisses. Ich hatte etwas Ähnliches doch vor
vielen Jahren schon einmal gesehen: Das war in einem Spielfilm für
Blinde.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen