22.1.24

Eine Pandemie und ihre Folgen für die politische Diskussion in unserer Gesellschaft

Weil die Pandemie sich so schnell ausbreitete, dass die akute Gefahr bestand, dass sehr schwer wiegende Folgen schon innerhalb der laufenden Legislaturperiode eintreten könnten, wurden plötzlich Regeln ausgegeben und Sanktionen für Nichtbefolgung verhängt, die schon bald als unverhältnismäßige Einschränkungen von Grundrechten verstanden werden konnten.

Einerseits wurden Ängste geschürt (Massensterben) und andererseits Risiken kleingeredet. 

Es fehlte der Mut zu einer "Blut, Schweiß und Tränen"-Rede: Wir gehen schwere Risiken ein, um größere zu vermeiden. Wir erlassen kurzfristig strenge Regeln, um sie so bald wie möglich aufheben zu können.

Unmöglich ließ sich eine solche Krise ohne Fehler durchstehen. Das "Wir werden einander viel zu vergeben haben." des Gesundheitsministers Spahn war gerechtfertigt. Freilich, was sollten die Regierenden der Bevölkerung zu vergeben haben, wenn sie diese zum gewünschten Gehorsam gebracht hätte?  Das Rechthabenwollen auf beiden Seiten trieb die Bevölkerung auseinander und erschwerte Gesprächskultur.

Wie aber jetzt Meinungsfreiheit gegen Hassbotschaften verteidigen? In de Krise war es ein Leichtes, echte oder vermeintliche Fehler in Menge aufzuzählen, die sehr verärgerten, aber noch keine Hassbotschaft waren. Dass es ein Übermaß solcher Botschaften, Beleidigungen und Morddrohungen gab, ist freilich ebenso evident.

Wie kommt man andererseits wieder dazu, souverän auch mit falschen Aussagen umzugehen und kein Redeverbot für arg abweichende Meinungen auszugeben?

Wir erinnern uns: Willy Brandt, der 1969 Begeisterung mit seinem Satz auslöste "Wir wollen mehr Demokratie wagen!", musste sich bald darauf  (Januar 1972) für seinen Radikalenerlass rechtfertigen, der von vielen, die von Brandt zum "Marsch durch die Institutionen" angeregt fühlten, als Berufsverbot aufgefasst wurden. 

Es wäre töricht, aus Angst vor Exzessen plötzlich alle streng zu reglementieren. 

Die Forderung nach Neutralität von Beamten und insbesondere von Lehrern darf nicht heißen, dass sie ihre politische Meinung nicht kundtun dürften. Neutral sollen sie sein bei der Bewertung von Leistungen (so schwer das im Einzelfall sein mag), aber das Bekenntnis zu ihren politischen Überzeugungen gehört dazu, wenn es Demokratie einzuüben und vor ihren Feinden zu schützen gilt.

Das rechte Maß von deutlichem Bekenntnis und strengem Bemühen um Neutralität, ist im Beutelsbacher Konsens Überwältigungsverbot genannt worden. Ein unschönes Wort, um so beeindruckter war ich von dem Artikel des Bloggers  Bob Blume zur Frage: Müssen Lehrkräfte politisch neutral sein? Seine Ausführungen fand ich so überzeugend, dass ich mich verpflichtet fühlte, zu ihrer Bekräftigung ein wenig von dem nachzureichen, das er in kluger Beschränkung um leichterer Verständlichkeit willen zunächst zurückgehalten hat.

Sieh auch:

Weshalb ist die  Demokratie in Gefahr?

Verteidigung der Demokratie

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