13.8.12

Supervision als wichtiges Hilfsmittel für reflektierende Lehrer

Reflexion über die eigene Praxis als Lehrer heißt nicht zuletzt Reflexion über den Umgang mit Schülern, zu denen man schwer Zugang findet. Besonders dafür, aber auch für meine Unterrichtspraxis habe ich Supervision als wichtiges Hilfsmittel erlebt.
Dabei habe ich an zwei Gruppen teilgenommen, an einer, bei der zwei Psychologen die Leitung hatten und Übungen zur Selbsterfahrung im Umgang mit Schülern und Eltern machten, und einer, bei der die teilnehmenden LehrerInnen angeleitet von einem erfahrenen Psychotherapeuten ein Verständnis für die Situation des Schüers und seiner Eltern und ihr Verhältnis zu den jeweiligen Lehrenden zu erarbeiten versuchten.
Beide Gruppen waren nützlich. Das lag schon daran, dass man den speziellen Fall vorzutragen hatte und dazu die Sicht verschiedener Außenstehender bekam. Sehr wichtig war aber insbesondere, dass man viele unterschiedliche Fälle aus verschiedenen Schultypen aus der Sicht ganz unterschiedlicher LehrerInnen kennen lernte und so eigene Problemfälle zu relativieren und einzuordnen begann.
So denke ich an die Junglehrerin, die davon berichtete, dass ihr von einem Schüler, der neu in ihre Klasse kam, berichtet wurde, er habe angekündigt, seine Lehrerin umzubringen, und die dennoch rasch zu ihm Zugang zu ihm gefunden, aber immer noch ein ungelöstes Problem mit ihm hatte.
Gemeinsam konnten wir ihr ein differenzierteres Verständnis der Situation des Schülers ermöglichen, und spätere Berichte zeigten, dass dies sich auch als hilfreich erwies.
Ich meinerseits hatte durchaus meine Schwierigkeiten mit Schülern, die ihre Ablehnung von Unterricht weit harmloser als durch Morddrohungen zum Ausdruck brachten. Auch imponierte mir, dass diese Lehrerin bei der Erläuterung ihrer Situation darauf kam, dass sie ständig mit Referendaren überlaufen sei und die auch nicht abweisen wolle, weil bisher alle mit einer eins im Examen abgeschnitten hätten. (Schon aus Selbstschutz ist man gegenüber solcher Renommisterei ja vorsichtig. In ihrem Fall kam das freilich so beiläufig neben dem angestrengten Versuch um Verständnis der Situation des Schülers her, dass ich bereit war ihr Glauben zu schenken.)
Wenn man in gemeinsamer Reflexion dazu beitragen kann, dass solch eine Kollegin ihre Schüler besser versteht, hat man den Eindruck, etwas gelernt zu haben.
Bezeichnender ist aber ein anderer Fall. Eine erfahrene Grundschulkollegin, die immer wieder durch eine sehr gute Kenntnis ihrer Schüler aufgefallen war, berichtete von ihren vergeblichen Anstrengungen, einen Schüler zu fördern, zu dem sie durchaus ein Vertrauensverhältnis gewonnen hatte. Auch unsere Bemühungen, die ihr durchaus ein noch differenzierteres Verständnis des Schülers ermöglichten, brachten ihr keine wesentliche Hilfe.
Dann berichtete sie plötzlich davon, dass bei dem Schüler ein Durchbruch erzielt worden sei. Sie hatte keine neue Erkenntnis gewonnen, sie hatte auch ihr Verhalten gegenüber dem Schüler nicht geändert. Aber in der Nachmittagsbetreuung - seine Mutter war berufstätig -war er von einer Gruppe von 24 SchülerInnen (SuS) mit einer Betreuungsperson in eine gewechselt, wo pro acht SuS eine Betreuung zur Verfügung stand. (In der gab es ein sehr überzeugendes etreuungskonzept.) Dort konnte er sich erstmals auf Lernen konzentrieren. Das hatte es gebracht.

Zu sehen, dass manchmal äußere Bedingungen verantwortlich sein können und alles Verstehen der Situation des Schülers und der seiner alleinerziehenden Mutter nicht entscheidend hilft, hatte auch etwas Entlastendes.

Der Schüler ging übrigens in die 1.Klasse. Was die Veränderung der Nachmittagsbetreuung in dieser Situation für seine gesamte Schulkarriere ausgemacht hat, ist gar nicht abzuschätzen.

Dieser Beitrag ist Teil der von Herrn Larbig angeregten Blogparade Reflektierende Praktiker.

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