Jeder Versuch, objektive Kriterien für Notengebung zu gewinnen, wird um einen erheblichen Ermessensspielraum nicht ausschließen können, soweit es nicht um standardisierte Tests geht. Meine Erfahrungen beruhen auf dem hessischen und dem baden-württembergischen System und dem der Europäischen Schulen (mit Erst-, Zweit- und Drittkorrektor innerhalb einer Schule, eines Landes und länderübergreifend).
Als ich von Deutschland ins System der Europäischen Schulen kam, setzte der Zweitkorrektor ca. 70% meiner schriftlichen Deutschnoten um eine Note herauf. In mindestens einem Fall wurde die Note sogar von 3 auf 1 heraufgesetzt.
Bei meinem letzten Europäischen Abitur wurde eine 1, die ich gegeben hatte, durch Zweit- und Drittprüfer in eine 4/5 umgewandelt. Dieselbe Schülerin wurde übrigens im mündlichen Abitur vom externen Prüfer mit 2 bewertet.
Als ich von Deutschland ins System der Europäischen Schulen kam, setzte der Zweitkorrektor ca. 70% meiner schriftlichen Deutschnoten um eine Note herauf. In mindestens einem Fall wurde die Note sogar von 3 auf 1 heraufgesetzt.
Bei meinem letzten Europäischen Abitur wurde eine 1, die ich gegeben hatte, durch Zweit- und Drittprüfer in eine 4/5 umgewandelt. Dieselbe Schülerin wurde übrigens im mündlichen Abitur vom externen Prüfer mit 2 bewertet.
Als ich in das deutsche System zurückkam, schockte ich eine Schülerin in der ersten Deutscharbeit mit einer 3+ (entspricht 9 Punkten), die nachher ein Abitur mit einem Schnitt
von 1,0 hinlegte. (Sie war mir übrigens sehr sympathisch, und ich war bald
mit der Familie befreundet.)
Wenn man glaubt, das gäbe es nur in
Deutsch, so ein anderer Fall.
Mathematiklehrer einigten sich nach
ausführlicher Diskussion auf einheitliche Bewertungskriterien.
Danach wurde ihnen eine anonyme Arbeit vorgelegt. Die Bewertungen
schwankten zwischen 2 und 5.
Nach diesen Erfahrungen habe ich mir
gesagt: Jede (!) Arbeit, die ich mit bestem Wissen und Gewissen
bewertet habe, kann zu Recht einen Punkt besser und einen Punkt
schlechter bewertet werden.
Freilich, wenn ein(e) Schüler(in) in
der schriftlichen Prüfung mit 13 Punkten bewertet wird, diese Arbeit
vom Zweitprüfer mit 9 Punkten beurteilt wird und in der deshalb
erforderlich gewordenen Prüfung sie so glänzend vorträgt und
Zusatzfragen so gut beantwortet, dass die meisten Anwesenden der
Meinung sind, noch nie eine so gute Prüfung in dem Fach gesehen zu
haben, dann sind ihr die 9 Punkte wohl nicht gerecht geworden.
Eine Abweichung um einen (!) Punkt (von
15) liegt m.E. eindeutig im Bereich der Abweichung, die kein
menschliches Bewertungssystem ausschließen kann.
Ich darf das sagen, denn ich bin
pensioniert und aus Hessen und musste nie Notenentscheidungen
aufgrund von Hundertsteln von Punkten innerhalb der
Jahresdurchschnittenote fällen.
Dass man einen IQ punktgenau festlegen
kann, ist etwas anderes. Da gilt nur: IQ ist das, was der Test misst.
- Ein Physiker, der bei IQ-Test mit 85 abschnitt, konstruierte
daraufhin einen anderen, der mit dem anderen weitestgehend
korrelierte, ihm selbst aber ein Ergebnis von über 110 brachte. (Das
habe ich freilich nur gelesen, ist vielleicht eine "Spinne in
der Yuccapalme", eine moderne Sage.)
5 Kommentare:
Ich habe auch gleich an Korrelationen mit dem IQ gedacht. Wikipedia hat eine schöne Tabelle mit typischen Korrelationen zwischen 0,3 und 0,7.
Validität von Intelligenzmessungen
Die Bewertung der Mathearbeit interessiert mich. Hast du das selbst so erlebt? Und nach welchen Kriterien wurde die Arbeit bewertet? Was war vorher im Unterricht?
@ixsi Ich habe es nicht selbst erlebt, sondern ein Mathematiklehrer, der an einer Europäischen Schule (http://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ische_Schule) unterrichtete und an der Konferenz teilgenommen hat, hat mir vor ca. 30 Jahren davon erzählt, dass sie versucht haben, die Bewertungskriterien über die Ländergrenzen und Sprachsektionen der Schulen hin zu vereinheitlichen. (Die Lehrer der Europäischen Schule entwickelten auch die Lehrpläne für die Europäischen Schulen gemeinsam.) Sie bezogen sich bei der Entwicklung der Bewertungskriterien für die Arbeit also nicht auf eine einheitliche Lernsituation, sondern auf eine bestimmte Klassenstufe und die dafür vorgegebenen Lehrpläne.
Das erinnert mich an ein Fachbuch, das ich mal in Händen hielt (damals auf der Suche nach einem Hausarbeitsthema).
Da wurden Aufsätze verschiedenster SuS anonymisiert verschiedensten Deutschlehrern zur Bewertung vorgelegt und die Bewertungen gingen massiv auseinander.
Dass derlei auch in Mathe möglich ist, hätte ich allerdings nicht gedacht.
Es ist echt ein Leid mit der Notenvergabe, aber ganz ohne geht es eben auch nicht, scheint mir.
Wenn man sie nicht überbewertet, haben sie durchaus eine Funktion, zum Beispiel als Weckruf.
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