"Während die Schule abgewickelt wird, erscheint eine Biografie des früheren Leiters Gerold Becker. Das Buch arbeitet die Affäre mit detektivischem Fleiß auf - und birgt weitere böse Überraschungen."
Die Biografie: Jürgen Oelkers: Pädagogik, Elite, Missbrauch. Die "Karriere" des Gerold Becker, Beltz Juventa 2016, 608 Seiten, 58 Euro.
[...] Gerold Becker soll schon zu Beginn seiner Zeit an der Schule aufgefallen sein, weil er sich ausgerechnet an einen Neffen Hellmut Beckers heranmachte. Der wehrte sich und informierte seinen Onkel. Gerold Becker gelang es, sich herauszureden. Auch später hat es immer wieder Situationen gegeben, in denen der große Skandal nahegelegen hätte. Eine Schulsekretärin soll pikante Einblicke gehabt haben, und belegt ist, dass sich ein Schüler bei einem Lehrer beschwerte, weil er gesehen hatte, wie Becker als Spanner unterwegs war und duschende Jungs beobachtete. Der Lehrer wiegelte ab und ermahnte den Jungen sogar, sich nicht so zu äußern. [...]
An keiner staatlichen Schule hätte Becker einfach so, ohne fertiges Pädagogik-Studium und ohne Lehramtsausbildung, als Lehrer anfangen können, schon gar nicht als Schulleiter. Doch an der Odenwaldschule war vieles möglich. [...]
Becker war ein sehr guter Schüler, ein kleiner Star; trotzdem spürte er eine seltsame Rivalität zu seinem älteren, intelligenten Bruder, der in der Gunst des Vaters höher zu stehen schien.
Als Quereinsteiger gelang es Gerold Becker an der Seite von Hentig, sich schnell einen Namen als Pädagoge zu machen, der er eigentlich nicht war. Seine theologische Ausbildung kam ihm zugute, denn Becker konnte über Bildung predigen, dass dem Publikum das Herz aufging. Gedeckt von seinen Freunden, hatte er wenig zu befürchten. Sein Leben war, wie Oelkers schreibt, "eine ständige und sehr eigensinnige Hochstapelei". Zwar ist sie schließlich doch noch aufgeflogen, für die Opfer von Beckers Tarnung aber war es zu spät."
Oelkers hat mehr Licht in die Missbrauchsaffäre an der Odenwaldschule gebracht. Dafür ist ihm zu danken. Dass er das Buch nicht sine ira et studio geschrieben hat, war schwerlich zu vermeiden.
An keiner staatlichen Schule hätte Becker einfach so, ohne fertiges Pädagogik-Studium und ohne Lehramtsausbildung, als Lehrer anfangen können, schon gar nicht als Schulleiter. Doch an der Odenwaldschule war vieles möglich. [...]
Becker war ein sehr guter Schüler, ein kleiner Star; trotzdem spürte er eine seltsame Rivalität zu seinem älteren, intelligenten Bruder, der in der Gunst des Vaters höher zu stehen schien.
Als Quereinsteiger gelang es Gerold Becker an der Seite von Hentig, sich schnell einen Namen als Pädagoge zu machen, der er eigentlich nicht war. Seine theologische Ausbildung kam ihm zugute, denn Becker konnte über Bildung predigen, dass dem Publikum das Herz aufging. Gedeckt von seinen Freunden, hatte er wenig zu befürchten. Sein Leben war, wie Oelkers schreibt, "eine ständige und sehr eigensinnige Hochstapelei". Zwar ist sie schließlich doch noch aufgeflogen, für die Opfer von Beckers Tarnung aber war es zu spät."
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