23.3.16

Solidarität eine vergessene Haltung?

Christian Bommarius sieht Norbert Blüms Übernachtung in einem Zelt* im Schlamm des Lagers Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze als hilflose, aber nicht sinnlose Geste an. Bei den Römerberggesprächen sind die Teilnehmer uneins, ob eher der Staat oder die Gesellschaft vor der als alternativlos inszenierten Politik und zunehmender Polarisierung retten könne. Nur die einzige Frau auf dem Podium, Mely Kiyak setzt noch auf die offenbar längst aus dem Gesichtsfeld Verschwundene: die Solidarität.
 Natürlich kann Blüm nicht dadurch, dass er kurze Zeit in Schlamm und Kälte des überfüllten Flüchtlingslagers aushält, das Dilemma der griechischen Flüchtlingspolitik auflösen, ohne Geld und bei geschlossenen Grenzen der benachbarten Balkanländer allein den Ansturm des Flüchtlingsstroms aushalten zu müssen.
Aber sein Appell an die Solidarität der EU-Staaten und an die Demokraten unter den Superreichen Europas gewinnt durch seine symbolische Handlung an Nachdruck.
Brandts Kniefall in Warschau konnte auch nicht gut machen, was während der Naziherrschaft an Verbrechen geschehen war, aber er konnte zeigen, wem seine Solidarität galt. "Hilflos" hätte ich seine Geste nicht genannt.

Unsere Solidarität sollte auch den Protestwählern unter den AfD-Wählern gelten, die das Vertrauen in die Solidarität der Gesellschaft verloren haben und sie jetzt - in verblendeter Hoffnung - bei Rassisten suchen.

Zu Idomeni:
Wenn man etwas für die Flüchtlinge in Idomeni tun will: Bellevue di Monaco ist schon dabei. (vgl. den Kommentar von Hauptschuleblues) Für Spenden oder Mitgliedschaft sieh hier.

*Norbert Blüm: Ich will euch Nachricht geben,  ZEIT Nr.14, S.4 23.3.16
 "Der Ex-Arbeitsminister nennt die Zustände an der griechischen Grenze "Anschlag auf die Menschlichkeit". Aus Solidarität mit den Flüchtlingen baute er sein Zelt auf." ZEIT online 12.3.16
Ein verzweifeltes Unternehmen:
march of hope
https://amp.twimg.com/v/f90d9992-90ac-4b5f-a8dc-3f3bb5de9ae8
Mazedonische Armee nimmt Flüchtlinge fest SZ 14.3.16
"Beim Überqueren des knietiefen Flusses Suva Reka starben offenbar eine Frau und zwei Männer, drei weitere Menschen kamen ins Krankenhaus."

Eine Vorform dieses Artikels wurde in Fontanefans Schnipsel veröffentlicht.

1 Kommentar:

Hauptschulblues hat gesagt…

Bellevue di Monaco startete vor drei Wochen eine Hilfsaktion für Idomeni, alles geleitet über persönliche Kontakte vor Ort.
http://bellevuedimonaco.de/
(Diese Genossenschaft hatte vor einem halben Jahr auch die Antipegida-Demo mit 20.000 Teilnehmern organisiert; seitdem demonstrieren hier montags nur noch 30 Rechtsradikale unter massivem Polizeischutz.)
Ja - und wir haben keine Schlafsäcke und Isomatten und Rucksäcke im Haus.