26.1.18

Haltung, Empörung, Konsens, Verantwortung

Mehr Haltung als Voraussetzung für einen großen gesellschaftlichen Konsens fordert Nico Hofmann in der zweiten Mannheimer Rede. (Mannheimer Morgen 26.1.2018, S.F4)

Recht gebe ich ihm insofern, als eine gesellschaftliche Diskussion nur dann voranbringen kann, wenn auf beiden Seiten Lernbereitschaft besteht (oder entsteht). Abwertung des Widerparts trägt nur zur Spaltung bei.
Das ist die gefährliche Entwicklung, die wir gegenwärtig beobachten.

Und doch hat Hessel recht, wenn er auffordert: "Empört euch!"
Wenn bei den Entscheidungsträgern eine Fehlentwicklung entsteht, besteht zunächst keine Gesprächsbereitschaft mit Kritikern. Dann braucht es einen "Aufschrei" der Empörung, damit das Gespräch erst in Gang kommt.
Ein Musterbeispiel ist Stuttgart 21.* Die Empörung führte zu einer Mediation mit einem - angesichts des damaligen öffentlichen Kenntnisstandes - vernünftigen Konsens.
Der entscheidende Fehler passierte, als die Entscheidungsträger sich - angesichts neuer, ihre Kritiker bestätigender Erkenntnisse - über die Vereinbarung (4,5 Mrd Höchstkosten) hinwegsetzten und selbst jetzt bei geschätzten über 8 Mrd nicht die Kraft zum Aufhören aufbringen.
Da ist es dann zu spät für Gespräche. Dann müssen die Entscheidungsträger zur Verantwortung gezogen werden. (Weshalb das nicht geschehen ist, ist ein eigenes Thema.)

*mehr dazu: Wikipediaartikel  Fontanefans Schnipsel


Video mit Kurzauschnitten und Kurzcharakterisierung der Gesamtaussage.
unter anderem:
Soziale Medien als "Abfallgrube de eigenen Emotion", aber auch Voraussetzung für die Entstehung von großen Debatten. [von Hofmann nicht ausdrücklich genannt: #MeToo und #Aufschrei]


Schriftliche Kurzdarstellung zur Rede:
"Im Zentrum der "Mannheimer Rede" spricht Nico Hofmann von den Zusammenhängen zwischen Geschichte und dem Bewusstsein, das wir ihr gegenüber entwickeln. "Ich bin der festen Überzeugung, dass es ohne eine Beschäftigung mit unserer Vergangenheit und ein Lernen daraus kein Verständnis für die Probleme der Gegenwart und vor allem keine seriöse Gestaltung von Zukunft geben kann", sagt er. Er halte es für dringend geboten, "dass wir nicht aufhören, uns darüber bewusst zu werden, mit welcher Vorgeschichte und auf welcher geschichtlichen Basis die Gesellschaft, in der wir leben und die wir täglich weiter gestalten müssen, aufgebaut ist." Hofmann betont: "Ich halte es geradezu für eine Verpflichtung, dass wir die Deutung dieser Geschichte – auch und besonders, was die Zeit des Nationalsozialismus angeht – dabei nicht den Populisten überlassen."
"Aussagen von Björn Höcke sind brandgefährlich"
Wenn Gruppierungen wie die AfD anfingen, Terrains unserer Geschichte "nach ihrem Belieben wieder nationalistisch zu belegen" und mit "einem Gedankengut zu unterfüttern, das es in leidvoller Weise schon einmal gab", dann müssten Menschen wie Hofmann, die sich mit demselben Themenspektrum beschäftigen und über öffentliche Aufmerksamkeit verfügen, öffentlich Position beziehen.
Nicht nur, so Hofmann, weil er die Ansichten der AfD ablehne. Auch, so sagte er, "weil ich Aussagen, wie wir sie von jemandem wie Björn Höcke hören, für brandgefährlich halte." Seiner Meinung nach bedienen sie "genau die Mechanismen der Menschenverachtung und der Ausgrenzung, die schon einmal zu Faschismus und Verfolgung geführt haben." Auf diese Weise würden sie auch genau die nationalistischen Ressentiments schüren, die Europa und die Welt schon einmal ins Unglück gestürzt hätten.
Zum Schluss seiner Rede spricht Hofmann dann über die Diversität in unserer Gesellschaft, die "bunt und vielfältig" sei, "offen und durchlässig", und auch über intellektuelle Debatten. Schade sei, dass sich "Vielfalt in vielen Bereichen unseres gesellschaftlichen Lebens noch längst nicht so abbildet, wie es notwendig wäre." Dafür müsse jeder Einzelne beitragen. Hofmann: "Dafür zu sorgen, dass sich das ändert und dass wir unsere Gesellschaft auch so gestalten, dass sie ihrer eigenen Zusammensetzung gerecht wird, liegt im Verantwortungsbereich jedes Einzelnen von uns – je nach seinen Möglichkeiten."
Auch Hofmann fühlt sich dabei nicht nur als Privatperson gefordert. Ihm komme "auch durch meinen Beruf und meine Position, eine besondere Verantwortung zu. Auch in der UFA - in der rund 1800 Mitarbeiter fest angestellt arbeiten und in der durch die einzelnen Filmdrehs und Teams jährlich noch einmal 8000 Menschen dazu kommen - aber auch in unserer gesamten Branche bildet sich diese Diversität noch nicht so ab, wie es der Gesellschaft, in der wir leben, entsprechen würde." "

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