"Lange Zeit wurde die Ermittlung der Arbeitszeit von Lehrkräften für unbestimmbar gehalten. Die neue Studie kommt jetzt zum gegenteiligen Ergebnis: Sie ist sehr wohl bestimmbar. Und sie ist im Durchschnitt deutlich zu hoch", kritisiert die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. (Spiegel online 29.1.18 zu GEW-Studie)
Arbeitszeitbestimmung
Ich habe es nie fertig gebracht, meine durchschnittliche Arbeitszeit zu bestimmen. Sie variierte zu sehr. Die kurzen Unterbrechungen, die nötig waren, um mich wieder zu konzentrieren, die unterschiedlichen Tätigkeiten beim Lesen (war es privates Interesse oder notwendige Vorbereitung für meine Arbeit, wenn ich mich politisch informierte oder z.B. Studien über Lehrerarbeitszeit las?). Die verknüpften Tätigkeiten beim Aufräumen, beim Organisieren, beim Einkaufen.
Klar war mir, dass ich meine Zeit selbst einteilen und mich z.B. um meine Kinder kümmern konnte, wenn ich es für nützlich hielt. Andererseits waren oft über viele Wochen die Wochenenden voll für Korrekturen eingeplant, und Unterrichtsvorbereitungen mussten zurückstehen, wenn wieder Korrekturen, die Ausarbeitung von Abiturvorschlägen und die Korrektur der Abiturvorschläge meines Fachbereichs anstanden.
Schneeurlaub
Während ich in meiner Anfangszeit ohne weiteres bis in die Nacht korrigieren konnte, kam es später vor, dass ich bei der zweiten Durchsicht einer Korrektur feststellen musste, dass ich bei dem ersten Durchgang nicht nur etwas übersehen, sondern offenbar im Schlaf weiter korrigiert hatte. Das mir bis dahin unbekannte Wort "Schneeurlaub" fand ich einmal in meiner Schrift am Rande einer Schülerarbeit.
Dabei "hätte ich schwören können", "nicht einmal im Traum" fiele es mir ein, solch ein Wort als "Verbesserung" an den Rand einer Arbeit zu schreiben.
Natürlich wäre niemand auf die Idee gekommen, mir so etwas zu unterstellen; deshalb kam ich auch nicht in die Verlegenheit, es abstreiten zu müssen.
Die Erfahrung bedeutete aber, dass ich entweder mehr Pausen machen musste oder doppelte Arbeit. In der Praxis lief es natürlich auf ein sowohl als auch hinaus und noch weniger Freizeit.
Freizeit oder Arbeitszeit?
Die Freizeit einer genauen Berechnung meiner Arbeitszeit zu opfern, mag ich mal geträumt haben, wer weiß? Aber ich habe sie lieber verwendet, neue Unterrichtsideen kennen zu lernen, zu recherchieren und mich mit der Formulierung von Wikipediaartikeln zu meinen Fachgebieten zu befassen, wenn ich feststellte, dass es zu einem Sachgebiet etwas gelernt hatte, was dort noch nicht festgehalten war.
Da habe ich dann eines Abends bis in den Morgen einen wichtigen Wikipediaartikel, dessen Löschung angekündigt war, umformuliert, umgebaut, ergänzt. Mit Sicherheit keine Unterrichtsvorbereitung, aber die Grundlage dafür, dass ich meine Schüler in die Arbeit mit Wikis einführen konnte, als es noch ganz ungebräuchlich war. (Wenn ich schon gewusst hätte, dass das Lemma viel zu wichtig war, als dass der Artikel vollständig gelöscht worden wäre, hätte mir das viel Arbeit erspart, mich freilich auch wichtige Lernerfahrungen gekostet.)
A- B- und C-Zeiten
So viel war sicher: Während Unterrichtsstunden in "schwierigen" Klassen, drohte ich nie, einzuschlafen. Dafür war aber manches Mal am Rest des Tages keine Spannkraft mehr vorhanden, während anregende Stunden die weitere Beschäftigung mit dem Thema zur reinen Freude machten.
Und mit Sicherheit habe ich - wenn auch im Rückblick viel zu selten - in einer Zeit, wo ich sehr gut arbeitsfähig gewesen wäre, etwas getan, was ich nur um meiner selbst und gar nicht im Hinblick auf Unterricht getan habe.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich oft über 50 Stunden in der Woche allein auf die Erledigung von schulischen Aufgaben verwendet habe und dass ich bei anderen Gelegenheiten deutlich unter 35 Stunden dafür aufgebracht habe. Aber immer habe ich es für wichtiger gehalten, meinen Pflichten nachzukommen, als zu überprüfen, wie viel Zeit ich dafür verbrauchte.
Aber ich war schon damals dafür dankbar, dass Kollegen sich an diese "Quadratur des Kreises" der Bestimmung ihrer Arbeitszeit gemacht haben.
Nachtrag:
Öfters habe ich, wenn ich nachts nicht schlafen konnte, mich an Korrekturen gemacht, bis ich wieder todmüde war. Das war eine positive Erfahrung. Wie die Qualität dieser Korrekturen war, vermag ich im Nachhinein nicht zu beurteilen.
Gestresste Lehrer SZ 5.2.18
Neuerdings zum Thema auch Arbeitszeiterfassung von Halbtagsblog mit den Kommentaren dazu.
30.1.18
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