21.1.18

BLOGPARADE: Ein wunderbarer Moment im Referendariat

Angeregt durch Bob Blume


Meine erste Überlegung: Den gab es nicht:
Eifrige Schülerinnen, die so viel fragten, dass das Tafelbild am Schluss aus zwei Wörtern bestand. 
Ein Studienseminarleiter, der deshalb behauptete, er könne die Stunde nicht beurteilen. Eine Mentorin, die mich danach aufbaute.
Engagierte und sehr fähige Mentoren, die über Jahrzehnte hin Freunde geblieben sind, obwohl ich neun Jahre im Ausland war. 
Ein Zwischending von Planspiel und Simulation einer Nahostkonferenz, das so weit gelang, dass ein Referendar von mir es später auch durchführte, nur deutlich besser als ich.

Lauter nette, hilfreiche Leute, aber einen wunderbaren Moment, der, dargestellt, heutige Referendare ermutigen könnte. Ich glaube, der wird mir nicht einfallen. Denn damals war das Referendariat offener organisiert, und wir haben noch Vorstellungen von einer Lehrerrolle entwickelt, die heute als völlig utopisch gelten würden. 
Aber es ist ja noch Zeit bis zum 31.1., und da kann ich noch viele Nächte darüber schlafen.

Doch es gab wunderbare Momente, nur sind die mir nicht im Zusammenhang mit dem Wort Referendarzeit eingefallen. 
Zum einen die Liebe meines Lebens. 

Zum anderen der Lehrer meines Lebens. Über den will ich schreiben.

Er war krank geworden, und ich hatte als Vertretung für ihn den Deutschunterricht übernommen. Damals war es möglich, Salinger im Deutschunterricht zu behandeln. Damit glaubte ich einen schülernahen Stoff gefunden zu haben. Es lief aber ziemlich zäh.
Dann kam der Lehrer wieder. Ich konnte vom Unterrichten zum Hospitieren übergehen.
Stoff war der Woyzeck. Dazu hatte ich an der Uni an einer Lehrveranstaltung teilgenommen.
Der Lehrer begann mit einem ausführlichen Lehrervortrag, weit über dem Niveau dessen, was ich an der Uni erlebt hatte.
"Das geht über die Schüler hinweg", dachte ich, "ich kenne doch die Schüler". Aber nach dem Lehrervortrag ging das Unterrichtsgespräch auf diesem Niveau weiter. 

Danach habe ich dann erlebt, wie in einer Klasse anhand eines Readers von Senghaas zur Friedensforschung die neuen Entwicklungen der internationalen Friedensforschung nachvollzogen wurden. Ich war beeindruckt, hatte ich mir doch kurz zuvor dies Gebiet im Hochschulbund für Friedensforschung erarbeitet.
Dann kam ich in den Unterricht des Lehrers. Ich kann mich an keine Textgrundlage erinnern, aber das Unterrichtsgespräch behandelte genau diese aktuellen Probleme, und es war ein Gespräch.

Ich habe später ausgezeichnete Lehrer erlebt, zu denen ich jeden Schüler nur beglückwünschen könnte. Aber irgendwie konnte ich nachvollziehen, weshalb sie so gut waren. Bei diesem Lehrer ist es mir ein Geheimnis geblieben. Was in seinem Unterricht passierte, war ein Wunder.

Als rationale Erklärung kann ich anbieten, dass ich noch nichts von Unterricht verstanden hätte. 
Aber ein wunderbares Erlebnis war es. 
Freilich nichts, was mir vermittelt hätte, dass ich jemals auch so etwas könnte. 

Aber es spricht viel dafür, dass ich in meinem Lehrerleben, obwohl es da auch Gelungenes gab, nie wieder so wunderbare Momente erlebt hätte.

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