15.5.16

Trump, Gabriel, Merkel, Obama und ihre Glaubwürdigkeit

Bei Trump kann man nicht sicher sein, ob er alle Verrücktheiten begehen wird, die er ankündigt. Freilich beruhigen kann seine mangelnde Glaubwürdigkeit nicht.

Gabriel lässt die Abteilung Bürgerdialog seines Ministeriums Folgendes mitteilen:
Über die vorläufige Anwendung von Teilen von CETA entscheiden die demokratisch gewählten Abgeordneten des Europäischen Parlaments und der EU-Handelsministerrat (und somit die Mitgliedstaaten). Das heißt: Ohne eine Zustimmung von Parlament und Rat kann CETA nicht vorläufig angewendet werden. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass das Europäische Parlament seine Verantwortung sehr ernst nimmt. Es hat bereits Abkommen abgelehnt, die seinen Ansprüchen nicht genügten.
Falls die EU-Kommission dem Rat (und somit den Mitgliedstaaten) vorschlagen wird, CETA vorläufig anzuwenden, wäre dies kein Novum. Die vorläufige Anwendung völkerrechtlicher Verträge der EU ist im EU-Verfassungsrecht vorgesehen und entspricht der üblichen, langjährigen Praxis der EU-Freihandelsabkommen. Sie bezieht sich immer nur auf diejenigen Teile des Abkommens, die eindeutig in der ausschließlichen EU-Zuständigkeit liegen und die Kompetenzen der Mitgliedstaaten nicht berühren. Eine Vorfestlegung für ein Inkrafttreten des gesamten Abkommens wird nicht getroffen.*
Die Teile des Freihandelsabkommens, für die die Mitgliedstaaten zuständig sind, können erst nach dem erfolgreichen Abschluss der nationalen Ratifizierungsverfahren in Kraft treten. Das heißt: Das gesamte Abkommen kann erst dann vollständig in Kraft treten, wenn alle nationalen Parlamente der 28 EU-Mitgliedstaaten - auch Bundestag und Bundesrat in Deutschland - ihm zugestimmt haben. Stimmen Bundestag und Bundesrat dem Abkommen nicht zu, kommt es endgültig nicht zu Stande. Damit sind auch die Teile, die in die Kompetenz der EU fallen, nicht mehr anwendbar.
Die Investitionsschutzbestimmungen sind von der vorläufigen Anwendung ausgenommen, weil eben hier auch mitgliedstaatliche Kompetenzen betroffen sind. Damit wird der Teil, der politisch besonders kontrovers ist, ohne Zustimmung des Bundestages und Bundesrates zu CETA nicht zur Anwendung kommen.
Weitere Informationen sowie Antworten auf häufig gestellte Fragen rund um das Freihandelsabkommen CETA haben wir hier für Sie zusammengestellt: http://bmwi.de/DE/Themen/Aussenwirtschaft/Freihandelsabkommen/ceta.html
* Ceta: Der Bundestag interessiert in Brüssel nicht ZEIT online 13.5.16

Mich beruhigt diese Mitteilung nicht. Meine Kalkulation: Entweder wird mir nur Sand in die Augen gestreut oder Gabriel und Merkel sind sich sicher, dass ihre Druckmittel reichen, die Zustimmung einer Mehrzahl der Mitglieder der Bundestagsfraktionen und des Bundesrats hinter sich zu bringen.

Weshalb? Weil die Staaten Algerien, Marokko und  Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden sollen, obwohl zumindest die Bundestagsabgeordneten alle wissen könnten, dass sie das nicht sind.

Glaubwürdig macht das weder Gabriel noch Merkel. Glaubwürdig ist Merkel noch nicht einmal mit der Behauptung, sie wolle TTIP durchsetzen. Wozu noch TTIP, wenn multinationale Konzernen mit CETA ihre Ziele genauso erreichen können?

Dagegen zweifle ich nicht an Obamas gutem Willen, das Folterlager Guantanamo  zu schließen. Eher schon daran, dass er daran geglaubt hat, dass ihm das je gelingen würde.
Und ich halte es für gut möglich, dass er nicht zuletzt deshalb in seinem Amt so gealtert ist, weil er seine Drohnenkriege für ethisch nicht akzeptabel und für politisch verhängnisvoll hält, nur keine Alternative kennt, die ihm erlauben würde, das, was er in seiner Präsidentschaft in seinem Sinne vorangebracht hat, über die Zeit zu retten.
In diesem Falle halte ich ihm seine mangelnde Glaubwürdigkeit also zugute.

Dass Merkel die Masse der Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen lieber außerhalb der Grenzen Deutschlands geschehen sieht, glaube ich ihr, auch ohne dass sie es sagt. Schließlich: Wenn ein Guantanamo, dann besser nicht im eigenen Land. Das hat sich selbst Bush junior gesagt.

Damit habe ich nicht zum Ausdruck bringen wollen, Erdogan habe Millionen von Flüchtlingen in die Türkei gelassen, weil es ihm egal wäre, wenn in den Lagern menschenunwürdige Zustände herrschen. Sicher hat Mitgefühl und das Gefühl "Wir schaffen das" dabei eine nicht ganz vernachlässigenswerte Rolle gespielt. Die Abmachungen mit der EU verdanken sich freilich wohl kaum Erdogans Mitgefühl mit Flüchtlingen. Und allenfalls höchst mittelbar Merkels Mitgefühl.

Dieser Artikel wurde von mir zunächst in Fonty veröffentlicht. Er scheint mir aber doch so wichtig, dass ich ihn auch in meinem Hauptblog festhalten möchte.

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