Er bekommt verständnisvolle Antworten und Hinweise, er solle mit seiner Mutter darüber reden.
Ihn wird auch gesagt, weshalb es sinnvoll sei, einmal ein historisches KZ gesehen zu haben.
Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass die Dringlichkeit des Anliegens, dass man verstehen solle, was damals geschehen ist, nicht deutlich genug geworden sei. Und hatte das Bedürfnis, diese Dringlichkeit deutlicher herauszuarbeiten. Dabei hatte ich nicht die Hoffnung, den Jugendlichen zu erreichen; denn die Formulierung "Ich muss zur Jugendweihe ins KZ" klingt ja doch, als ob er sehr wenig Verständnis für das Anliegen habe.
Jetzt erhalte ich die Mitteilung, dass er meine Antwort als hilfreichste bezeichnet habe.
Das hat in mir den Eindruck erweckt, dass hier eine Beziehung entstanden ist, wie ich sie im Unterricht vor Ort oft nicht erreicht habe. Zusätzlich habe ich eine Rückmeldung erhalten, wie man sie im Unterricht meist nicht erhält. (Weshalb es sinnvoll ist, sich darum zu bemühen, auch wenn das manchmal zu frustrierenden Erfahrungen führen kann, kann sich manche(r) wohl denken. Das ist aber ein anderes Kapitel.)
Das rechtfertigt für mich die Anwendung des berühmten - höchstwahrscheinlich zu Unrecht -Niemöller zugeschriebenen Zitats. (Ich habe es mit einem Kunstgriff eingeführt.)
Jetzt mein Text, der für mich über die Rückmeldung zu einer sinnvollen Äußerung im Netz geworden ist:
Wenn du von uns Argumente hören willst, weshalb du nicht erfahren solltest, zu was für Grausamkeiten Menschen fähig sind und was für Verbrechen von Deutschen begangen worden sind, dann hast du hier genug gelesen.
Wenn du aber der Meinung bist, es sollte nicht wieder vorkommen, dass Millionen von friedliche Menschen getötet werden, weil sich jemand ausgedacht hat, das sei sinnvoll, dann solltest du die Chance nutzen, mehr darüber zu erfahren, wie es dazu kommen konnte.
Wenn du aber das Tagebuch von Anne Frank schon gelesen haben solltest, genauso wie Eugen Kogons SS-Staat und Ist das ein Mensch? von Primo Levi, dann weißt du bereits das Wichtigste, denn du weißt schon, was Martin Niemöller erst lernen musste:
"Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte."
Der Kunstgriff - sicher schon bemerkt - ist, dass ich das Zitat als Erfahrung, nicht als Äußerung Niemöllers eingeführt habe. Wichtig ist mir das Zitat, weil es in aller Kürze das zusammenfasst, was die Rechtfertigung all des politischen Handelns zusammenfasst, das zwar einem wichtigen Zweck dient, aber wenig Chancen auf Wirkung hat: Ein sehr wichtiger Zweck rechtfertigt auch aussichtsloses Handeln.
So lese ich einerseits mit Bewunderung Texte über Menschen, die viele andere vor der Tötung in Vernichtungslagern bewahrt haben, aber auch Texte, wo ich davon erfahre, das jemand das Risiko eingegangen ist, zu helfen, obwohl er mit der Todesstrafe rechnen musste, und wo er die Menschen nicht retten konnte.
Das berühmteste Beispiel dafür sind die Helfer, die die Familien Frank und Pels und Fritz Pfeffer im Versteck im Achterhuis in der Prinsengracht versorgt haben. Sie konnten das Leben der meisten nicht bewahren, aber sie retteten das Tagebuch und (Glück im Unglück kam hinzu) Otto Frank, der das Lebenswerk seiner Tochter danach zu seinem Lebenswerk machte.
Man merkt, so sehr ich die direkten Beziehungen zu Menschen wichtiger zu nehmen versuche, so suche ich immer noch eine Rechtfertigung für den Versuch, auch über das Netz ein klein wenig dazu beizutragen, dass wir den Eifer trotz wenig aussichtsreicher Lage nicht verlieren. Und ich danke DerBoy3001 von gutefrage.net, dass er seinen Teil dazu beigetragen hat.
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