6.12.15

Lobbyisten wollen in Grundschulen gegen die gesetzliche Sozialversicherung agitieren

Warum wir dringend ein Schulfach Wirtschaft brauchen von Klaus Hurrelmann, 30.11.15  mit 843 Raktionen
"Für mich ist es unverständlich, warum nicht mithilfe eines Schulfachs Wirtschaft bereits in der Grundschule ein Verständnis für komplexe Themen wie Alterssicherung ausgebildet wird.  [...] Viele Jugendstudien zeigen: 40 Prozent der jungen Leute sind sich mittlerweile sehr wohl bewusst, dass sie sich viel intensiver um ihre Rente sorgen müssten – im wahrsten Sinne des Wortes. Sie sind die erste Alterskohorte, die von der Veränderung der Rentenfinanzierung voll getroffen wird und lediglich mit einer Rente von 40 bis 43 Prozent der letzten Bruttobezüge rechnen muss. Das ist wenig, viel zu wenig. Wer nicht mit einer betrieblichen und einer privaten Altersversorgung plant – oder zu den Glücklichen gehört, die ausreichend erben –, dem droht somit zwangsläufig die Altersarmut. [...]"

Wem jetzt noch nicht klar ist, wofür hier das Schulfach Wirtschaft eingeführt werden soll, ahnt es vielleicht bei diesen Sätzen von Tim Wessels: Ich möchte selbst entscheiden, wie ich fürs Alter vorsorge:
Im März 2012 habe ich eine Online-Petition gegen die Pläne des Arbeitsministeriums zur Einführung einer Rentenversicherungspflicht für Selbstständige eingereicht. Nachdem die Petition über 80 000 Mitunterzeichner gefunden hatte, in der Presse aufgegriffen worden war und ich von der damals zuständigen Ministerin Ursula von der Leyen zu mehreren sehr guten und umfangreichen Gesprächen eingeladen worden war, wurde das Projekt letztlich „auf Eis gelegt“.

Den Selbständigen soll eine Mitwirkung bei der Sozialversicherung erspart werden. Da es aber Selbständige gibt, die mit einer privaten Versicherung nie eine zureichende Alterssicherung erreichen können, soll der Staat die privaten Versicherungen mit Steuermitteln so weit aufstocken, dass sie attraktiver werden als die gesetzliche Rentenversicherung. Weil das jedem, der ein bisschen mitdenken kann, noch deutlicher als die heutigen Riester-Renten als Subventionierung unattraktiver privater Angebote auffallen würde, soll schon Grundschulkindern eingeredet werden, dass das ein sinnvolles Modell wäre.

Nicht überall ist der Lobbyismus so deutlich zu greifen. Dass aber ein Schulfach Wirtschaft, das die sozialen und ökologischen Zusammenhänge des Wirtschaftens ausklammert, gefährlichen Lobbyismus bedeutet, dürfte auch ohne das klar sein.
(Dieser Text wurde zunächst als Ergänzung des Artikels Schüler brauchen ökonomisches Wissen veröffentlicht.)

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