25.8.13

Gespräche mit Praktikern über Inklusion

Gelungene Inklusion ist nicht nur ein großer Gewinn für die Schüler, die trotz Handicaps nicht aus dem gesellschaftlichen Umfeld herausgenommen werden, sondern ein mindestens genauso großer Gewinn für ihre Mitschüler und die gesamte Gesellschaft.
Deshalb habe ich mich deutlich für Inklusion ausgesprochen; doch angesichts der gegenwärtigen Versuche, sie durchzusetzen, werde ich immer skeptischer. Das lässt sich an meinen bisherigen Blogbeiträgen ablesen.

Was erfahre ich von Praktikern (das Schwergewicht liegt dabei auf dem Bereich von Hörgeschädigten und Sprachbehinderten)?

Gegenwärtig fallen ständig Sprachbehinderte aus dem Regelschulsystem heraus, weil sie nicht den für sie erforderlichen Rechtschreib- und Grammatikunterricht erhalten.
Je später das systematische Training einsetzt, desto länger zieht sich die Rehablilitation hin.
Es besteht jetzt schon ein Mangel an qualifizierten Lehrern, besonders eklatant ist der Mangel an Gebärdensprachendolmetschern. Wenn diese weiträumig über das Land verteilt werden, verlieren sie wertvolle Zeit, wo sie mit Schülern arbeiten könnten, durch Fahrzeiten zwischen den Arbeitsplätzen.

Da jeder Fall unterschiedlich ist, kann in einer Klassensituation die Inklusion von drei Schülern in einer Lerngruppe gelingen, während im anderen Fall der Lehrer mit der Inklusion zweier Schüler hoffnungslos überfordert sein kann. Das liegt zum einen an der Zusammensetzung der Lerngruppe, zum anderen an der unterschiedlichen Art der Sprachbehinderung (z.B. bestehen je nach Ausprägung eines Autismus enorme Unterschiede in der Fähigkeit, sich in eine Lerngruppe einzufügen). Nicht zuletzt aber hängt es - wie jüngst wieder aus der Hattie-Studie hervorging - entscheidend vom Lehrer ab, ob er die notwendige Empathie hat und in der Lerngruppe erreichen kann oder ob er damit überfordert ist.

Fast noch wichtiger ist allerdings auch die Frage, ob den Schulen, in denen Inklusion realisiert werden soll, die notwendigen sachlichen und personellen Voraussetzungen geschaffen werden. Bei striktem Bestehen auf Kostenneutralität und dem versteckten Versuch, sogar Kosten einzusparen, wird das Unternehmen scheitern. Die Scherben zusammenzukehren, wird teurer kommen als die notwendige Ausstattung von Anfang an.

Wenn man das Herausfallen  aus dem System in jedem Einzelfall präventiv angeht, kann der Prozentsatz von Inklusion deutlich gesteigert werden. Wenn man die vorhandenen Strukturen zerschlägt, ohne belastbare neue geschaffen zu haben, kann das verhängnisvoll werden.

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