23.2.19

Die Schülerstreiks sind ein Glücksfall


Schon jetzt wird an vielen Schulen über die Schülerstreiks diskutiert. Ich möchte eine Blogparade anregen, in der verschiedene Aspekte der Streiks behandelt werden.

Meine These:
Die Schülerstreiks sind ein Widersinn und ein unerhörter Glücksfall.

Ein Widersinn sind sie, insofern sich die Schüler dabei selbst schädigen und Zeit, die sie mit der Beschäftigung mit dem Klimawandel verbringen könnten, auf der Straße stehen und die meisten Erwachsenen sich schon längst eine Meinung über den Klimawandel gebildet haben und die Regierungen nicht erkennen lassen, dass die Streiks sie beeindrucken. 

Diese Einschätzung ist verständlich, aber sie verkennt die Situation, in der wir heute stehen.

1962 hat R. Carson das Insektensterben von 2018 vorausgesagt. Viele haben ihr geglaubt, das Buch wurde ein Bestseller. Nach und nach entstand eine weltweite Umweltbewegung.
Es dauerte 30 Jahre bis es zur ersten 1992 in Rio de Janeiro  zur ersten Weltumweltkonferenz kam, wo bereits ein weltweite Übereinkunft beschlossen wurde, "die globale Erwärmung zu verlangsamen sowie ihre Folgen zu mildern" (Wikipedia).
Weitere 23 Jahre dauerte es, bis 2015 in Paris auf der 21.Weltklimakonferenz eine Einigung zwischen großen und kleinen Staaten zustande kam, die relativ konkrete Ziele formulierte, wie die Klimaerwärmung auf 1,5 bis 2 Grad beschränkt werden könnte.
Doch bereits drei Jahre darauf sind viele Staaten - unter anderen die USA und Deutschland - von diesen Zielen abgerückt.
Das geschah, obwohl es inzwischen Millionen von Klimaaktivisten gibt und eine überwältigende Mehrheit der halbwegs Informierten begriffen hat, dass der Klimawandel gegenwärtig die größte Herausforderung an die Menschheit ist.
In dieser Situation sind die meisten Klimaaktivisten resigniert. Sie kämpfen mit allem Elan an ihren wichtigen Einzelprojekten; aber sie sehen keine Chance, wie die Menschheit trotz aller Widerstände rechtzeitig gemeinsam handelt.
Da kommt die damals 15-jährige schwedische Schülerin Greta auf einen Gedanken, was sie als Einzelne tun kann, wo Millionen von Erwachsenen resigniert sind.
Sie macht sich keine Hoffnungen, dass sie damit Erfolg hat. Aber sie sieht, dass sie eine kleine Chance hat eine breite Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, was die heutige Erwachsenengeneration ihren Nachkommen angetan hat. Und nach monatelangem "widersinnigen" Schulstreik wird sie zu einer Weltkonferenz nach der anderen eingeladen und fährt mit der Eisenbahn dorthin, ohne dass zusätzliches CO² entsteht, das nicht auch ohne ihre Fahrt entstanden wäre.
Zum ersten Glücksfall (Greta) kommt ein zweiter. Weltweit greifen Schüler ihre Botschaft auf und konfrontieren die Generation der Erwachsenen damit, was sie den folgenden Generationen hinterlässt.
An dieser Stelle entsteht bei vielen, die schon seit Jahren und Jahrzehnten resigniert sind, eine Hoffnung. Das scheinbar Widersinnige hat seinen Sinn. 

Liste der bisherigen und der geplanten Schulstreiks

18.2.19

Wozu noch unterrichten? - Wozu lernen?

Jochen Englisch stellt sich die Frage und argumentiert wie folgt:

"Das schriftliche bayerische Abitur ist inzwischen derart läppisch, das kann ein durchschnittlicher 10.-Klässler nach spätestens vier Wochen. Die meisten meiner 10.-Klässler kommen beim Hörverstehen genauso auf ihre ca. 16 Punkte (von 20) wie meine Abiturienten. Angesichts der absurd langen Zeit und der Tatsache, dass sie ein zweisprachiges Lexikon verwenden dürfen, verstehen auch mittelmäßige Schüler zumindest den Sachtext weitgehend problemlos (Hintergrundwissen brauchen sie ja eh nicht). Und man benötigt nun wirklich keinen großen Wortschatz um in lächerlichen 250 Wörtern darüber zu schreiben, ob Zoos (2016/II, 1.) bzw. der Muttertag (2014/I, 1.) abgeschafft werden sollten. Der größten Dumpfbacke habe ich nach spätestens zwei Wochen beigebracht, dass der Aufsatz eine kurze Einleitung, einen erkennbaren Hauptteil und einen kurzen Schluss haben muss. Und die Mediation ist eh so wischiwaschi, das können 10.-Klässler (wieder mit Hilfe des zweisprachigen Lexikons) auch schon längst." (Wozu eigentlich noch unterrichten? 26.1.19)

Darauf kommt er zu folgendem Ergebnis: 

"Als ich vor mehr als 30 Jahren angefangen habe zu unterrichten, war Englisch ein tolles, anspruchsvolles, „gymnasiales“ Fach. Mit der Einführung des G8 begann ein für unmöglich gehaltener Niedergang. Der Tiefpunkt ist noch gar nicht erreicht, aber schon jetzt ist es ein Deppenfach, in dem – koste es was es wolle – nur noch gute Noten/Punkte produziert werden sollen. Unterricht bzw. Lehren im traditionellen Sinne findet nicht mehr statt."  (Wozu eigentlich noch unterrichten?)

Er formuliert überspitzt. 
Wie viel davon ist überzeugend? Gilt das nur für Englisch oder auch für andere Fächer?