28.12.14

Sorge vor Islamisierung

Anscheinend fürchten vor allem türkische Frauen eine Islamisierung des Landes. Ihre Hoffnungen setzen sie dabei auf die Militärs.
Eine ungewöhnliche “Koalition”: Frauen und Militärs, die mit Staatsstreich drohen.


(Blogeintrag vom 30. April 2007 auf Fontanefan.blogg.de)

22.12.14

Pegida und "Deutschland postmigrantisch"

"Pegida" hat vollkommen recht: Die Regierung hat das Volk belogen.
So schreibt Anetta Kahane  völlig zu recht in der FR vom 22.12.14 und fährt fort: "Seit JAHRZEHNTEN KAM JEDE REGIERUNG MIT DER LÜGE, dass sich die Gesellschaft weder verändern werde noch müsse. [...] Die Regierungen sagten stets, Deutschland sei kein Einwanderungsland."
Warum sagten sie das? Weil in Deutschland Veränderung "nicht Hoffnung, sondern Angst" macht.

So weit treffend beobachtet und erfreulich überzeugend argumentierend geht es weiter. 
Nur der letzte Gedanke ist unvollständig und deshalb falsch.
Veränderung macht nicht nur in Deutschland "nicht Hoffnung, sondern Angst", sondern überall. Jedenfalls bei den Menschen die schlechte Erfahrungen gemacht haben. Veränderung macht aber auch Hoffnung. Den Gedanken verfolgt Kahane leider nicht weiter.
Hoffnung macht sie, wenn sie verspricht,dass der Grund für die Negativerfahrungen wegfallen wird. 

Jetzt kann man mit der Erzählung vom Rattenfänger kommen, man braucht es aber nicht.

Die Frage ist nämlich: Wer hat von den Veränderungen der letzten Zeit profitiert? 
In vieler Hinsicht alle. (Kahane zählt dazu manches auf, lässt freilich auch sehr vieles fort.) 
Aber in einer Hinsicht hat die große Mehrheit nicht profitiert. Das Pro-Kopf-Einkommen ist in Deutschland zwar durchschnittlich gestiegen, aber für die große Mehrheit nicht. Die durchschnittliche Steigerung ergibt sich, weil das reichste Prozent extrem profitiert hat (und  von diesem reichsten Prozent das allerreichste irrsinnig viel). 
Hoffnung käme auf, wenn der Eindruck entstünde, dass sich das ändern könnte. - Da das aber kaum einer glaubt (Die Allerreichsten schon gar nicht. Warren Buffet gehört zu den Ausnahmen, die die Regel bestätigen.), kommt ein zweites hinzu.
Von den Veränderungen der letzten Zeit haben auch Benachteiligte profitiert, wie Kahane zu recht aufzählt: Frauen, Migranten, Homosexuelle und andere.
Wieder hat die große Mehrheit nichts davon. Sie merkt nur, dass sie ein Stück Vorrechte gegenüber den Benachteiligten abgeben musste. (Wer gerne Vorrechte abgibt, weil er weiß, dass es gut für ihn ist, gehört erfahrungsgemäß nicht zur Mehrheit.)

Weil die Mehrheit - nicht unbegründet - glaubt, gegen die Reichsten und Allereichsten keine Chance zu haben, wendet sie sich nicht gegen die, die ihr den Hauptnachteil verschafft haben, sondern gegen die, die noch zu den Schwächeren gehören. 

Kahane meint nun, sie hätten mit ihrem "Rückzugskampf gegen die offene Gesellschaft" keine Chance und schließt optimistisch: "Die [offene Gesellschaft] lässt sich nicht mehr schließen. Nicht in einer Demokratie."

Eines scheint sie nicht bedacht zu haben: Die Demokratie ist nicht so stark, wie sie meint. Wenn die große Mehrheit zu der Überzeugung kommt, ihre Benachteiligung gegenüber den Reichen und Allerreichsten und ihr (relativer) Abstieg gegenüber den bisher Benachteiligten, lasse sich in einer Demokratie nicht beseitigen, dann wird sie die Demokratie beseitigen wollen. Und dafür wird sich gewiss jemand finden.
Jedenfalls gibt es auf der Welt genügend Beispiele dafür.

Deswegen warne ich davor, Pegida undifferenziert schlecht zu machen und als bösartig, dumm oder sonst etwas zu bezeichnen. Denn - wie Kahane zu recht feststellt:

" 'Pegida' hat vollkommen recht: Die Regierung hat das Volk belogen."

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Pegida ist erotisch

Dresden will Pegida nicht zum Feind
Viele Dresdner, die nicht Pegida sind, versuchen in diesen Wochen einen Spagat. Ablehnen, was an Pegida ausländerfeindlich ist, aber auf diejenigen zugehen, die da jeden Montag rumstehen – also mit ihren Füßen der Ausländerfeindlichkeit doch zustimmen; aber denen es doch vielleicht um etwas anderes geht, um Sorgen und Ängste; die es vielleicht gar nicht so meinen und die das vielleicht einsehen, wenn man mit ihnen redet und sich um sie kümmert. (ZEIT online 23.12.14
Ich frage mich: Wer legt fest, wofür jemand "mit den Füßen" stimmt? Im Zweifelsfall wird darüber in einem Rechtsstaat weder die Obrigkeit noch die Presse entscheiden, aber auch nicht die Person, die mit ihren Füßen etwas tut, sondern nach einem ordnungsgemäßen Verfahren ein unabhängiger Richter.

Gauck fordert mehr Schutz für Flüchtlinge  24.12.14
Flüchtlinge müssen eng zusammenrücken FR 24.1.214
Kretschmann will Dialog mit Pegida-Anhängern 26.12.14

Pegida gegen Journalisten: Wir machen dich platt! 30.12.14
"Die Pegida-Demonstranten wenden sich nicht nur gegen eine angebliche Islamisierung des Abendlandes, die „Patriotischen Europäer“ machen auch Front gegen die etablierten Medien: Was Journalisten bei Pegida-Demos erleben."

 Sascha Lobo: Soziale Netzwerke: Mit "uns" ist es vorbei 31.12.14
"Denn gerade im Zusammenhang mit den Pegida-Demonstrationen und deren im Internet nachprüfbaren Äußerungen ist überdeutlich geworden, dass es mit allzuvielen Inhabern einer solchen "nationalen Identität" kein gemeinsames Wertefundament gibt: "Abendland" ist nur ein Ort. Mit jemandem, der Journalisten droht, ihnen "Isis-mäßig die Kehle durchzuschneiden", möchte man nicht "wir" sein. Genauso wenig wie mit den Mördern des Islamischen Staats selbst."

Thomas Assheuer: PEGIDA – VEREINT IN WUT UND ANGST: Die nationale Querfront, ZEIT online 2.1.15
"Forscher erklären den Zulauf für populistische Bewegungen mit dem Gefühl, man dürfe als Bürger bei entscheidenden Fragen nicht mehr mitreden, man sei nicht mehr "repräsentiert". Es ist das Gefühl, ein Bündnis aus politischen und wirtschaftlichen Eliten regiere über die Köpfe der Menschen hinweg und lasse über Dinge abstimmen, die vorab "alternativlos" entschieden worden seien. [...]
Für Bundeskanzlerin Merkel existiert zur "marktkonformen Demokratie" ohnehin keine Alternative, ebenso wenig zu ihrem Exportschlager, der Austeritätspolitik. Vermutlich wird auch Sigmar Gabriel bald verkünden, zum Freihandelsabkommen mit den USA gebe es "keine Alternative", obwohl er dessen Schiedsgerichte im Wahlkampf noch heftig bekämpft hatte. Dabei weiß Gabriel genau, dass solche Schiedsgerichte die Demokratieverdrossenheit weiter anheizen, weil sie ganze Staaten zu Schadensersatz zwingen können: Was ist die Stimme des nationalen Wählers gegen das Drohpotenzial internationaler Finanzinvestoren?"

Weitere Erklärungsversuche zum Phänomen Pegida journalistisch aufbereitet in der ZEIT.
Trocken referiert in der Wikipedia.

Mehr zur angeblichen "Alternativlosigkeit" extremer sozialer Ungleichheit im Kapitalismus: Piketty: Das Kapital im 21. Jh.

Woran ich mich immer wieder erinnern will: Flüchtlingselend



Ich verlinke gern auch zu Texten, die meiner Auffassung widersprechen.

Zwei Seelen

"Wenn man sich als Mensch verstehen will, wenn man mit Menschen umgeht und sie anleiten will, muss man wissen, dass sie als Systeme nie im Gleichgewicht sind." (jeanpol: Antinomische Bedürfnisse)

"Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust." (Goethe: Faust)

Jean-Pol Martin fährt fort:
 "Psychologisch übersetzt heißt es, dass sie nie zufrieden sein können, denn die Befriedigung eines Bedürfnisses enthält potenziell die Nichtbefriedigung des gegenteiligen. Der Einblick in die Grundbedürfnisse des Menschen und in die antinomische Struktur von Bedürfnistendenzen erleichtert das Verständnis menschlichen Handelns und erhöht die Kontrollkompetenz des Einzelnen im Umgang mit sich selbst und mit anderen Menschen." (jeanpol: Antinomische Bedürfnisse)
 "Kontrollkompetenz des Einzelnen im Umgang [...] mit anderen Menschen" klingt nach Anweisung für  Folterersatz, d.h. danach, dass man die Menschen danach zwingen kann, zu tun, was man will. Das ist aber nicht gemeint, sondern, dass man lernt, selbstgesteuert und zielführend zu handeln. (vgl. jeanpol zu Kontrollkompetenz)
Es geht also um Selbstvertrauen, Selbstwirksamkeit, Ichstärke.

Was bei Jean-Pol Martins These über Goethe hinausführt, ist der Gedanke, dass jeder Mensch "kein ausgeklügelt Buch, sondern ein Mensch mit seinem Widerspruch" ist und dass es für jeden der Normalzustand sei, nicht die Ausnahmesituation.
Dass dieser "Normalzustand" durch Frustrationserfahrungen im Normalmenschen meist längst verschüttet ist, macht die Aufgabe des Lehrens so mühsam und reizvoll.

Meine These dazu: Es ist nicht Schuld "der Schule", sondern des Normallebens in normalen Gesellschaften, dass Normalmenschen nur ausnahmsweise Selbstwirksamkeit in so hohem Maße erfahren, dass sie in Flow geraten. (zu Flow bei jeanpol)
Als Pädagoge lässt sich Jean-Pol Martin aber nicht davon abschrecken. Andere Pädagogen sollten sich auch nicht abschrecken lassen. 
Dafür kann man immer wieder Vorbilder gebrauchen, an denen man sieht, dass man Menschen dazu bringen kann, ihr "fehlendes Gleichgewicht" produktiv für sich und andere zu nutzen. 
Eine Weise, wie das geht, beschreibt LdL.

13.12.14

Deutschland postmigrantisch

 Die Studie "Wer gehört zum deutschen Wir?" des „Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM)“ der Humboldt-Universität zu Berlin fasst Naika Foroutan zusammen: 
„Deutschland ist durch Migration demografisch vielfältiger geworden, und die Gesellschaft handelt ihre kollektive Identität neu aus. ‚Postmigrantisch‘ richtet den Blick auf die Gestaltung der Gesellschaft nach erfolgter Einwanderung“, so Dr. Naika Foroutan, stellvertretende Direktorin des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) und Leiterin der Forschungsgruppe JUNITED, die diese Studie an der Humboldt-Universität zu Berlin durchgeführt hat.

Studie: Deutschland postmigrantisch: Wer gehört zum neuen "Wir"?, BR.de 7.12.2014
"Wer ist deutsch und wonach bestimmt sich das? Diese Fragen versucht eine aktuelle Studie zu beantworten. Die Ergebnisse sind zum Teil überraschend. Viel Gemeinsames verbindet Menschen mit und ohne Migrationshintergrund."

dazu auch:
Naika Foroutan: Rassismus hat in Deutschland Strukturen, FR 8.5.2013
Naika ForoutanNeue Deutsche, Postmigranten und Bindungs-Identitäten. Wer gehört zum neuen Deutschland? In: Aus Politik und Zeitgeschichte, 46-47/2010.
Naika Foroutan u. Isabel SchäferHybride Identitäten in Deutschland – muslimische Migrantinnen und Migranten in Deutschland und Europa. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, 05/2009.
Ingrid Tucci und Olaf Groh-Samberg (2008): Das enttäuschte Versprechen der Integration - Migrantennachkommen in Frankreich und Deutschland Swiss Journal of Sociology, 34(2), S. 307-333..

10.12.14

Inklusion: einerseits hervorragende Ergebnisse, andererseits Lehrerhorror. Wieso?

Hervorragende Ergebnisse bei Inklusion gibt es in der Schule Berg Fidel in Münster. Freilich gibt es da 8 Betreuer für eine Klasse mit Schülern mit den unterschiedlichsten Handicaps [Inklusion – Revolution mit AnsageMagazin Schule] Ein Film berichtet mehr dazu (die Regisseurin auf Youtube).

Wenn allerdings auf die notwendigen Voraussetzungen für solchen Unterricht keine Rücksicht genommen wird, sieht es anders aus:
Bereits mehr als die Hälfte aller Schüler mit Förderbedarf lernen an Regelschulen. [...] Fragt man dort Lehrer nach Inklusion, so erzählen sie vom „ganz normalen Wahnsinn“. Jedenfalls wenn sie nicht gerade an einer Modellschule arbeiten. So kann der Inklusionsalltag auch aussehen: Ein todkranker Schüler erhält von der Mutter regelmäßig Infusionen im Kopierraum nebenan. Ein zweiter rastet gern aus. Ein dritter macht ständig nervtötende Geräusche mit dem Mund. Ein vierter ist Autist. Ein fünfter hat Eltern, die sich dauernd bei der Schulleitung beschweren, dass die Klasse im Stoff so weit hinterherhinkt. Verständlich, dass der Lehrer „komplett am Rad dreht“. Unter seinen restlichen Schülern haben zwei Legasthenie, mindestens einer ADHS. Die Kinder gibt es nämlich auch noch: die mit zum Teil erheblichen Problemen, aber ohne ausgewiesenen Förderbedarf.  (Inklusion – Revolution mit Ansage)
Zur Skepsis gegenüber Inklusion  (SZ 3.9.15)


Inklusion ohne Ideologie – zum Wohl aller Schüler (Bildungsklick 30.9.15)


Kongress "inklusiv politisch bilden" 21./22.9.15

6.12.14

Noch einmal TTIP: Zu den Auswirkungen auf das Klima und das Recht der Kommunen zu TTIP Stellung zu nehmen

Im Kontext der Behandlung des menschengemachten Anteils des Klimawandels wird immer wieder angesprochen, dass Verkehr eine wichtige Rolle für die Erhöhung von CO2-Ausstoß und anderen klimschädlichen Gasen hat. Nur wenn man von Welthandel und Deutschlands Rolle als Exportweltmeister spricht, scheint man das zu vergessen. Daher ist es wichtig, dass Albrecht Müller am 3.12.14 auf den Nachdenkseiten ausführlicher auf da Thema eingegangen ist. Er schreibt u.a.:
Export ist mit hohen Verkehrsleistungen verbunden. Die Maschinen zum Beispiel, die nach China oder nach Kanada oder Australien verkauft werden, werden über Straßen und Schienen zu den Häfen vornehmlich in Deutschland und Holland transportiert und dort verschifft. Große Mengen von Gütern werden innerhalb Europas auf den Straßen von LKWs transportiert. Die hohen Importe aus China, aus Indien, aus Bangladesch und sonst wo her werden entweder mit Flugzeugen oder über die erwähnten Häfen in Deutschland angelandet und dort wiederum mit LKWs und der Bahn verteilt, weniges auch per Schiff.
Die Flugzeuge fliegen ohne Kerosinbesteuerung. Der Bau und die Entwicklung von Flugzeugen ist zudem oft öffentlich subventioniert. Die LKWs zahlen auch nicht andeutungsweise die Kosten, die sie durch Lärm, durch Dreck und Verpestung der Luft und durch Flächenverbrauch verursachen. Die Transportleistungen wie auch die Schädigung der Umwelt und wie auch die nachgekarteten Versuche zur Rettung der Umwelt und auch der Straßenbau gehen in die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts ein und schlagen sich als Anteil an Wachstum des BIP nieder. Kein sinnvolles Wachstum!
Das ist eine rundum falsche Entwicklung der weltwirtschaftlichen Struktur. Es ist wahrlich nichts dagegen zu sagen, dass wirklich sinnvoll eingesetzte Güter und Dienstleistungen exportiert werden und importiert werden. Aber es spricht alles dagegen, dass dieser Wahnsinn auch noch subventioniert wird und durch Geheimverhandlungen gefördert wird.
Verkehrsvermeidung und Regionalisierung – das wären sinnvolle Arbeitsfelder der Europäischen Kommission, jedenfalls um vieles sinnvoller als Geheimverhandlungen mit den USA und Kanada über Freihandelsabkommen. (Der weit überschätzte Welthandel und die daraus folgende weltweite Verschwendung von Ressourcen statt stärkerer Regionalisierung und Verkehrsvermeidung)
Bemerkenswert sind auch die Leserbriefe, die Müller daraufhin erhielt. So schreibt E.S.:
auf diesem Felde habe ich mich viele Jahre im Rahmen der Verkehrs- und Energiepolitik der EU “tummeln” dürfen.
Ich kann Dir nur zustimmen, was Subventionierung und fehlende Anlastung der externen Kosten des Verkehrs angeht. Ich kann im Rückblick die Strategiepapiere in Bezug auf Letzteres nicht mehr zählen: Im Gestrüpp der Arbeit einflussreicher Lobbies ist bis heute jeder Durchbruch verhindert worden. Es gab sogar ‘mal einen Verkehrskommissar (Neil Kinnock) , der dies zum Leitmotiv seiner Arbeit zu machen versuchte. Aber leider war das geduldige Bohren dicker Bretter nicht Neil’s Ding…..und ohne Durchhaltevermögen vis-à-vis einflussreicher Partikularinteressen ist man chancenlos.
In Bezug auf die Subventionierung von Exporten muss die Agrar- und Fischereipolitik an vorderster Stelle erwähnt werden: Europäer und Amerikaner werfen ihre Überschüsse oft zu Dumpingpreisen auf Dritte Märkte, und der gegenwärtige Migrationsdruck hat hier, neben kriegerischen Konflikten, eine wesentliche Ursache. (Leserbrief am 5.12.14 veröffentlicht)
Da ich auf diesem Blog noch nicht über die Gefahren von Exportüberschuss geschrieben habe, verlinke ich hier noch auf einen Artikel von mir aus dem Jahr 2010.

H. Klimenta: TTIP muss sterben, heise.de 30.12.14

Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zum Recht von Kommunalvertretungen, sich mit TTIP zu befassen, ZEIT online 4.3.15
 In bundesweit 113 Gemeinden, so das Umweltinstitut München, sei in den Kommunalvertretungen bereits über das Freihandelsabkommen diskutiert worden. Einige verfassten ablehnende Resolutionen oder sammelten Unterschriften gegen TTIP, die sie an ihre Abgeordneten oder den Bundestagspräsidenten versandten. Sie alle hätten, sollte sich die im Gutachten postulierte Rechtauffassung durchsetzen, widerrechtlich gehandelt.

attac zu diesem Gutachten:
Wir halten diese Art wohlverstandener Einmischung nicht für "rechtswidrig", sondern für zwingend notwendig - dagegen aber Wahlens Rechtsauslegung für entsprechend einseitig. Wir rufen dazu auf, sich von solchen behördlichen Einschüchterungsversuchen nicht beirren zu lassen: Gegen den Durchmarsch der Profitinteressen braucht es Aufbegehren - gerade auch in den Kommunen.

Auf rein praktischer Ebene bietet es sich dennoch an, ein oder mehrere örtliche Beispiele für betroffene Strukturen in der Resolution aufzuführen, um so besser argumentieren zu können. Und selbst wenn die Resolution formal ungültig sein sollte, ändert das nichts an ihrer politischen Wirkung. KeinE BürgermeisterIn wird vor Gericht verurteilt werden, weil der Gemeinderat eine Resolution über Freihandelsabkommen beschlossen hat.
Damit auch eine Argumentation für Deutschland als Exportweltmeister verglichen werden kann, hier Uwe Jean Heuser "Böser, böser deutscher Export" vom 12.7.2017

2.12.14

Klassenchats

Philippe Wampfler schreibt in "Klassenchat – oder die schwierige Ökologie sozialer Netzwerke":
Wer sich mit Klassenchats auseinandersetzt, wird bemerken, wie falsch viele Vorstellungen von »Digital Natives« sind. So selbstverständlich Neue Medien genutzt werden, so viele Schwierigkeiten bringen sie mit sich. Jugendliche haben ein differenziertes Bewusstsein von den Problemen, die Klassenchats schaffen können. Sie werden damit aber völlig allein gelassen, weil die Schule daran offiziell nicht beteiligt ist und die Eltern diese Chats als paraschulische Aktivität tolerieren müssen, weil sie eine Bedingung der Teilnahme an wichtigen Lernprozessen im Peer-Bereich geworden sind.
Wollen Lehrpersonen hier aktiv werden, bitte ich sie, mit jeder Klasse eine Lektion über ihren Chat zu sprechen. Am Schluss könnte eine Art Verpflichtung stehen, wie die Qualität des Austausches verbessert werden kann.
Dazu zunächst zwei Ausschnitte aus Kommentaren:
1. Mir scheint das Thema in Schule und Elternhaus von ausserordentlicher Bedeutung und bisher noch nicht wirklich geklärt, wohl auch weil die Zuständigkeit zwischen Stuhl und Bank fällt (zwischen öffentliche Schule und privatem Zuhause).
2. Ich frage die Klasse:”Können wir das … in eurem Klassenchat (WhatsApp, what else?) lösen?” – die Klasse:”Wollen Sie das wirklich?” – Ich:”Grundsätzlich nein, einfach kurz zur Lösung dieses Problems” – die Mädchen:”d’Buebe sind nid (nümme) i de Gruppe!”

Man merkt, dass dies Diskussionen im Schweizer Raum sind. Die Probleme sind aber mit Sicherheit überall ähnlich.
Meine Ansicht: Die Klassenchats gehören gewiss in das Gespräch im Lehrerzimmer (und in Lehrerblogs). Die Entscheidung, wie man darauf reagiert, gehört zur pädagogischen Verantwortung. Ob Lehrerkonferenzen und Ministerien dazu bindende Beschlüsse fassen sollten, kann ich ohne genauere Kenntnis der Situation vor Ort nicht beurteilen. Der Hinweis von Philippe Wampfler scheint mir aber bedenkenswert.

Links:
Eine aktuelle Schülerfrage in gutefrage.net mit Antworten;

Zeitungsartikel
Klassenchat kann schnell zu Mobbing führen, in http://www.wz-newsline.de/, 27.11.14
Whats App: Klassen-Chat eskaliert, 2.10.2013