30.4.18

Genügend Lehrer wären wichtiger

Genügend Lehrer wären wichtiger 
"Erstens: Wenn man einen komplexen Zusammenhang erklärend entwickeln muss, hat die gute alte Kreidetafel noch längst nicht ausgedient: Während der Dozent an der Tafel das Problem zeichnend entwickelt, schreiben oder zeichnen die Studierenden dies mit einer ihren kognitiven Fähigkeiten adäquaten Geschwindigkeit nach: So überfordert man das Auditorium nicht und, was viel wichtiger ist, man behält dessen Aufmerksamkeit. [...]
Zweitens: Die schlimmste Unterrichtssituation wird durch ein inhomogenes, viel zu großes Auditorium verursacht (Folge: völlig nutzloser Frontalunterricht!).
Fazit: Bevor man viel Geld in eine technisch rasch veralternde Digitaltechnik der Unterrichtshilfsmittel investiert, sollte man erst einmal alle offenen Planstellen mit tauglichen Lehrern besetzen. Prof. Dr. Dieter Häberle, München"



























vgl. auch SZ 15.5.18

23.4.18

Zur Rolle des Islams in Deutschland

Wenige Hauptgedanken:
Das Ziel der deutschen Islamkonferenz, die 2006 einberufen wurde, war „eine bessere religions- und gesellschaftspolitische Integration der muslimischen Bevölkerung und ein gutes Miteinander aller Menschen in Deutschland, gleich welchen Glaubens“ zu erreichen. 
In diesem Sinne sagte Bundespräsident Christian Wulff am 3.10. 2010, dem deutschen Nationalfeiertag,  wie Christentum und Judentum gehöre „der Islam […] inzwischen auch zu Deutschland“.
So gut diese Aussage gemeint war, weil sie sehr deutlich formuliert, dass Anhänger des Islam in Deutschland nicht wegen ihrer Religion ausgegrenzt werden dürfen, so problematisch ist ein Satz wie: "Der Islam gehört zu Deutschland." 
1. Es gibt keinen einheitlichen Islam.
2. Auch "gehört zu" oder Zugehörigkeit lässt sich sehr unterschiedlich interpretieren. 

Gewiss kann es nicht bedeuten, dass die zum Islam gehörigen Religionsrichtungen genauso wie der Harz oder Berlin zu Deutschland gehörten, denn zu vielen anderen Staaten gehören sie noch weit mehr.
Es sollte auch nicht so verstanden werden, als hätte er die deutsche Kultur schon so stark beeinflusst wie das Christentum seit über 1000 Jahren oder die jüdischen deutschen Bürger seit ihrer Emanzipation. Schon gar nicht hat er die deutsche Geschichte so beeinflusst wie der Versuch, alle Juden auf der Welt zu töten.
Unbestreitbar ist aber, dass Millionen von Deutschen Muslime sind.

Deshalb ist es wichtig, dass sie auch wirklich als gleichberechtigt anerkannt werden, so wie es die Frauen in Deutschland selbst nach Aufnahme des Satzes "Männer und Frauen sind gleichberechtigt." in den Artikel 3 des Grundgesetzes noch lange nicht waren.
Dazu gehört aber auch, dass sich Muslime nicht wie die deutschen "Reichsbürger" als außerhalb der deutschen Gesetze verstehen, sondern sie anerkennen. Davon unbenommen bleibt, dass ein gläubiger Mensch gleich welcher Religion sich zu dem Satz bekennen wird: "Du sollst Gott mehr gehorchen als den Menschen." Denn das schließt Gesetzestreue nicht aus, sondern bedeutet, dass er anerkennt, dass das positive Recht eines Staates für ihn nicht oberstes Gesetz seines moralischen Handelns sein kann. Kurz gesagt: Gesetzestreue wie Befehlsnotstand rechtfertigt keine Unmenschlichkeit.

Der deutsche Anhänger des Islam ist also nicht weniger deutscher Bürger als alle anderen Bürger und deshalb an die deutschen Gesetze gebunden. In diesem Sinne sollte "der" Islam zu Deutschland gehören. Daraufhin hat Integration zu zielen, nicht auf die Kenntnis deutscher Sehenswürdigkeiten und Bräuche.
Eine Verweigerung der Anerkennung deutscher Sitten sollte also bei muslimischen Deutschen nicht anders bewertet werden als bei allen anderen.

Dass gegenwärtig Türken in Deutschland im Schnitt treuere Erdogananhänger sind als die in der Türkei, dass immer wieder in Deutschland "Ehrenmorde"  verübt werden, beweist leider, dass die Integration noch nicht gelungen ist. Und das deshalb, weil auf beiden Seiten (Muslimen und Nicht-Muslimen) noch zu viele Widerstände dagegen bestehen.
Auf diesem Wege ist noch vieles zu tun.

Der Begriff Integration ist freilich ebenfalls eine differenziertere Betrachtung wert, als er sie üblicherweise erfährt. Aber dazu habe ich mich bei anderen Gelegenheiten geäußert.

Dieser Beitrag versteht sich als Ergänzung zu "Feindbilder vernichten".


21.4.18

"Feindbilder vernichten"

"Dem Rad in die Speichen fallen" hat Dietrich Bonhoeffer für nötig gehalten. Das heißt, man darf nicht warten, bis es Opfer gibt, um ihnen dann zu helfen. 
Auf das gleiche Argument beruft sich auch die so genannte Humanitäre Intervention. Keine Frage, dass es sinnvoller gewesen wäre, die Gleisanlagen auf dem Wege nach Auschwitz zu zerstören, als in einer weiteren Großstadt Feuerstürme zu entfachen. 
Die Vergeltungsaktion für den Giftgasangriff, von dem nicht nachgewiesen war, wer ihn veranlasst hat, half weder den Opfern noch half er, sie zu verhindern.* Wofür könnte der gut gewesen sein?

Reinald Engelbrecht glaubt den "Hauptgrund für immer neue Kriegsschauplätze und Flüchtlingsströme" gefunden zu haben:
"Ein militärisch-industrieller Komplex, der mit einem jährlichen 700 Milliarden-Dollar-Etat aus Washington gefüttert wird und darum mit neuen und alten Feindbildern und inszenierten Konflikten seine Berechtigung nachweisen muss." (Bergsträßer Anzeiger 21.4.18) In dieser Hypothese wäre er sich vermutlich mit dem Weltkriegsgeneral und späteren US-Präsidenten Eisenhower einig gewesen, der in seiner Abschiedsansprache am 17.1.1961 vor diesem militärisch-industriellen Komplex warnte
Als nach dem Zusammenbruch des Ostblocks um 1990 der NATO das Feindbild abhanden kam, führte das zu Kürzungen im Militärhaushalt, wenn auch nur zu geringen. Diese
"Friedensdividende" hätte vielleicht in der Tat die Rüstungsindustrie mittelfristig schwächen können, wenn nicht die Anschlage auf das Welthandelszentrum vom 11.9.2001 zu einem neuen Feindbild und neuen Kriegen geführt hätte. 

Doch wer auch immer an Feindbildern interessiert sein mag (Terrororganisationen gewiss),
Wenn man die Auffrischung alter oder die Entstehung neuer Feindbilder verhindern kann, hat man sicher einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass es nicht zu immer neuen Opfern kommt. 
Als Pfarrer ruft Reinald Engelbrecht dazu auf "Feindbildervernichter" zu sein. 
Ich denke, man braucht kein Christ zu sein, um sich diesem Aufruf anzuschließen. 

Freien Medien, die nicht - wie etwa in der Türkei - mit Repressalien rechnen müssen, stünde es gut an, keine Feindbilder zu schüren. Freilich, auch in Demokratien fällt es gar nicht leicht, gegen den Mainstream anzugehen. 
Es könnte aber dazu beitragen, dass viele Opfer vermieden werden.

Der Blick auf die Jemenkrise und die militärischen und humanitären Folgen kann das vielleicht besser verdeutlichen als der auf den Syrienkrieg, weil uns die dortigen Feindbilder weniger vertraut sind.

* Völkerrechtliche Implikationen des Militärschlags vom 14.4.2018


Sieh auch: Zur Rolle des Islams in Deutschland

13.4.18

Musterbeispiel zu Schwierigkeiten bei der Formulierung von Nachrichten

Der Fall Skripal ist für die Behandlung im Unterricht nicht wichtig genug.
Wohl aber eignet er sich dafür, die Probleme bei der verkürzten Wiedergabe von Nachrichten und ihrer Richtigstellung zu behandeln:

Fake News oder interessengeleitete Interpretation? Fonty 13.4.18

Der Fall Skripal wird zum Offenbarungseid einer Branche Nachdenkseiten 13.4.18 (Die Überschrift ist auch nicht gerade ein Musterbeispiel von Objektivität.)

11.4.18

Wolfgang Kraushaar: „Den RAF-Parolen nicht nochmal auf den Leim gehen“ 1968 und die Folgen

Den RAF-Parolen nicht nochmal auf den Leim gehen“ FR 17.11.17
Kraushaar: Rudi Dutschke und der bewaffnete Kampf  2007
"[...]Dutschke war weder ein Befürworter der RAF noch einer des Terrorismus insgesamt Trotz aller Beziehungen, die er zu jenen inhaftierten RAF-Mitgliedern pflegte, die er wie etwa Jan-Carl Raspe aus der Zeit vor dem Attentat kannte, war Dutschke ein politischer Gegner der RAF. Er sah in ihr im Grunde eine jener Sekten, die nach dem Niedergang der APO und des SDS so zahlreich entstanden waren und unter leninistischen, stalinistischen und maoistischen Vorzeichen das Land überschwemmten. [...]" 



Wolfgang Kraushaar: 1968, 2018 100 S. bei Reclam (mit Leseprobe)

Kraushaar versucht, seine Erfahrungen (er fing mit 19 Jahren in Frankfurt sein Studium an und hörte u.a. Adorno) durch mittlerweile jahrzehntelange Quellenstudien in historische Einsichten umzumünzen. 

Ich war damals älter und erheblich distanzierter als er, bin aber froh, dass ich mein damals gesammeltes Material nicht zu veröffentlichen brauche, weil andere das sehr viel besser gemacht haben.
Auf mein politisches Tagebuch vom 1.7.1966 - 16.10.1969 weise ich aber hin. Mir selbst ist bemerkenswert, wie wenig darin und auch in meinem privaten Tagebuch von der Studentenbewegung (Beispiel 4.6.67: Der hinweis auf Ohnesorg geht unter anderen Nachrichten nahezu unter, obwohl ich klarstelle, dass ich auf der Seite der Demonstranten stehe.)  und Erlebnissen in diesem Kontext die Rede ist, obwohl sie mich sehr umgetrieben haben. - Vermutlich hatte ich das Gefühl, das Geschehen nicht beurteilen zu können und mit schriftlichen Urteilen bis zu einem größeren Abstand davon warten zu sollen.

10.4.18

Zuckerbergs Befragung vor dem US-Kongress und Faktencheck durch die NYT (Livestream)

Livestream der Befragung

Zuckerberg is scheduled to appear before a joint hearing of the Senate Judiciary and Commerce committees on April 10 (Tuesday). Zuckerberg will also appear April 11 (Wednesday) in a hearing before the House Energy and Commerce Committee.
Tuesday will mark Zuckerberg's first congressional appearance, and lawmakers are sure to grill the 33-year-old executive of one of the world's most valuable companies. Here's how you can watch lawmakers seek further details about abuse of the Facebook platform and the company's actions.
Livestream der Befragung
(https://www.cbsnews.com/live-news/watch-mark-zuckerberg-testimony-senate-judiciary-commerce-committee-facebook-data-breach-today-live/)

Tweets dazu

Faktencheck zu seinen Aussagen durch die New York Times
https://www.nytimes.com/2018/04/10/technology/zuckerberg-elections-russia-data-privacy.html 

Mark Zuckerberg bleibt die zentrale Antwort schuldig NZZ 11.4.18


Focus 11.4.18:
"19.10 Uhr:Senator Loebsack stellt nun die existenziellen Fragen: Ist es möglich für Facebook, als Unternehmen zu existieren, wenn man keine Daten verkaufen würde?
Zuckerberg korrigiert sofort: Man verkaufe keine Daten an Firmen.
Loebsack schlägt zurück: Wenn man die Daten teile anstatt verkaufe?
Das kann Zuckerberg nicht wirklich mit Ja beantworten."

Welt 12.4.18: Diese vier Fragen will Mr. Zuckerberg nicht beantworten
 Lindsey Graham aus South Carolina "wollte schlicht wissen, wer Facebooks Rivalen sind. Der Gedanke hinter der Frage ist, dass Facebook womöglich eine Monopolstellung besitzt und der Markt mehr Wettbewerb benötigt. Zuckerberg wirkte verunsichert, geriet ins Stottern. Welche soziale Plattform sollte er als Konkurrenten nennen? Instagram und WhatsApp wären Möglichkeiten – aber die hat Facebook ja gekauft. Und so blieb Zuckerberg die Antwort schuldig."

FAZ 11.4.18:


Spiegel online: US-Senatoren grillen Mark Zuckerberg

ZEIT: Der große Datenmissbrauch

7.4.18

50 Jahre Club of Rome: Zeit für aufgeklärtes Handeln

Heute feiert der Club of Rome (Tweets zu Club of Romesein 50-jähriges Bestehen.
Weltweit bekannt geworden ist er durch seinen Bericht Die Grenzen des Wachstums, 1972. Der hat aufgerüttelt und viele Diskussionen angeregt.
Viel Zeit ist vergangen. Viel ist getan worden, aber noch mehr Falsches.
Die Konsequenzen aus der neuen Situation zeigen die neusten Berichte:

Wir sind dran. Was wir ändern müssen, wenn wir bleiben wollen, 2017
   dazu:  
   Rezension Perlentaucher
  Bericht der FR
  Bericht im Deutschlandfunk
  Interview mit Ernst Ulrich von Weizsäcker (Das-Kapital-wurde-arrogant)

Ein Prozent ist genug, 2016

2052. Der neue Bericht an den Club of Rome. Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre, 2012

So viel fürs erste. Ich empfehle, den angegebenen Links nachzugehen.



Co-President Ernst von Weizsäcker at anniversary lecture in presenting latest report to the Club of Rome !

Read this article by Global Footprint Network that shows the UN Sustainable Development Goals are negatively correlated to sustainability. The conclusion: Development needs to embrace resource security to deliver lasting results.

4.4.18

"Facebook ist nicht Google, es hat nicht die gleiche Qualität der Mitarbeiter"

"Facebook ist nicht Google, es hat nicht die gleiche Qualität der Mitarbeiter", sagt Andreas Weigend 
Das schreibt die ZEIT. Sie fährt fort, der Apple-Chef Tim Cook habe gesagt, "Ich wäre nicht in dieser Situation" und lege damit nahe, "dass Apple zu klug war, um den Nutzer selbst samt seiner Daten zum Produkt zu machen". (ZEIT online 4.4.18)

Ich fühle mich in meiner jahrelangen Ablehnung von Facebook bestätigt.
Zwar halte ich auch Googles Umgang mit den Daten seiner Nutzer für fragwürdig, und ich versuche, seine Marktmacht möglichst wenig zu fördern. Aber da, wo Google das beste Instrument liefert, scheue ich nicht davor zurück, es einzusetzen, auch wenn ich versuche, es zu umgehen. In der ZEIT heißt es auch: "Entsteht aus dem Facebook-Skandal ein gesundes Verhältnis zu Daten? Unmöglich ist das nicht." In diesem Fall hoffe ich mit, auch wenn die Hoffnung nicht sonderlich gut begründet ist.
Ich wäre schon froh, wenn ein gesunderes Verhältnis zu Daten herauskäme.