9.8.22

Lehrermangel aus anderer Perspektive

"[...] Immer mehr Lehrerinnen und Lehrer arbeiten in Teilzeit oder denken darüber nach, Teilzeit zu beantragen. bpv-Vorsitzender Michael Schwägerl erklärt: „In den Lehrerzimmern schlummert eine „stille Reserve“ an Lehrpersonal. Es arbeitet in Teilzeit und wäre unter den richtigen Be­dingungen bereit, Stunden aufzustocken. Mit unserer Umfrage wollen wir herausfinden, was sich dafür ändern müsste. Bei einer ersten Durchsicht der Ergebnisse fällt auf: In Hinblick auf die Planbarkeit des Einsatzes und damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat sich an den Schulen vor Ort bereits vieles getan. Die am häufigsten genannten Motive, nicht aufzu­stocken und mehr zu arbeiten, sind anderer Natur.“

Weit über die Hälfte der Lehrkräfte in Teilzeit geben zusätzliche Organisations- und Verwal­tungsaufgaben sowie eine Vielzahl schulischer Termine außerhalb des Unterrichts als Hinde­rungsgründe an. Dazu kommen der Korrekturaufwand, auch aufgrund nachgeholter Leistungs­nachweise, und Vertretungen. Beides hat im vergangenen Schuljahr aufgrund von häufigen und lang andauernden Fehlzeiten deutlich zugenommen. Schwägerl erläutert: „Klarer könnte das Ergebnis nicht sein: Die Kolleginnen und Kollegen wollen unterrichten und möchten dafür ausreichend Zeit haben. Zusätzliche Projekte an den Schulen, geforderte Konzepte, die exter­ne Evaluation, Fachsitzungen, Schulveranstaltungen, Dienstbesprechungen – je mehr gesell­schaftliche und bildungspolitische Anliegen an die Schulen herangetragen werden, desto mehr gerät das Kerngeschäft des Unterrichtens in den Hintergrund. [...]"

 https://bildungsklick.de/schule/detail/lehrermangel-stille-reserve-aktivieren-erstes-ergebnis-einer-bpv-umfrage-mit-fast-5000-teilnehmern

Kommentare dazu auf Twitter:

PDrewes @FrauKreis: Das Bild des Lehrer, der vormittags unterrichtet und nachmittags die Stunden für den nächsten Tag vorbereitet, passt nicht zu einer Organisation des 21. Jahrhunderts. Meines Erachtens liegt der Hebel zur Veränderung eher in weniger Unterrichtsverpflichtung und mehr Teamzeit.

Jule lehrt NDS @Julelernt_lehrtEine seltsame Rechnung wird da aufgemacht, wer soll den die „Zusatzaufgaben“ übernehmen oder werden diese fallen gelassen. Gerade sie sind ja für Schulentwicklung wichtig und sollten lieber gestützt werden. Außerdem finde ich den Begriff „stille Reserve“ äußerst dubios

PDrewes @FrauKreis: Ja. Genau. Wir machen einfach keine Schul- und Unterrichtsentwicklung mehr. Traurige Belehranstalten.

Dazu:
Bob Blume, der neben der Schularbeit Bücher schreibt, mit seinem Blog ein beliebtes Lehrbuch verfasst und umfassende Öffentlichkeitsarbeit betreibt, schrieb zum Schuljahresende, er wollte etwas über die Überbelastung in der Coronazeit schreiben, aber dazu fehle ihm die Energie. Ein anderer Lehrerblogger, Herr Mess, schrieb über diese Belastung (und ergänzte, er habe vieles weggelassen, weil er es sonst nicht geschafft hätte). Er erntete begeisterte Zustimmung, nicht zuletzt von hoch Engagierten aus dem Twitterlehrerzimmer.
Die Mehrbelastung durch ständige Zusatzaufgaben und zusätzlich  fortlaufend wechselnde Vorschriften haben den meisten Kollegen, auch den motiviertesten, die Energie geraubt.
Wer Teilzeit arbeitet, erlebt, wieviel Zusatzaufgaben mit jeder Stunde Unterrichtszeit dazukommen und hütet sich, zu seinen häuslichen Aufgaben unkontrolliert zusätzliche Verpflichtungen zu übernehmen. 
Es wäre vielleicht wirklich ein Potenzial für mehr Unterricht da, aber nicht für mehr Pflichterfüllung im Coronachaos. 

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