6.5.23

Mein Friede mit "N-Wort"

 Dass Wörter aus der deutschen Sprache verbannt werden sollten, dass sie mit einer damnatio memoriae belegt und sogar aus historischen Texten entfernt werden sollten, kam mir wie eine Monstrosität vor, die ich bisher nur aus der Antike und totalitären Systemen kannte.

Seit Bildfälschung, wie sie zu diesem Zweck in der Sowjetunion betrieben wurde, zunächst zu anderen Zwecken als Kunst eingeführt, inzwischen aber als selbstverständlicher Kulturwandel begriffen wird, sehe ich die Dinge etwas anders. Man sieht aktuell darin nicht mehr eine Geschichtsfälschung, sondern einen allgemeinen Verlust der Aura. 

Die Wikipedia behält ihren Eintrag, macht ihn aber auch über die Überleitung von N-Wort zugänglich und verweist darauf, dass gegen Ende des 20. Jahrhunderts der Gebrauch von "Neger" wegen eines rassistischen Anklangs allmählich durch die Verwendung von "Schwarzer" ersetzt wurde (wie es auch meiner Erinnerung entspricht). Wenn man das Wort "Neger" verwende, handele es sich im dritten Jahrzehnt also um aktive Unterstützung rassistischer Vorurteile.

Als im viktorianischen Jahrhundert aus Unterwäsche die Unaussprechlichen wurden, war der Begriff Hose, der zunächst nur die Bekleidung des Unterschenkels bedeutete, dann aber die heutige Bedeutung angenommen hatte, schon seit dem frühen 17. Jahrhundert von einzelnen als vulgär angesehen worden, der Begriff Beinkleid hat sich aber nicht dagegen durchgesetzt, weil er schon früh als gespreizt oder gar prüde empfunden wurde. 

So mag man nun abwarten, ob der Begriff Schwarze, der heute noch als Plural und nicht als weibliches Generikum verstanden wird, sich auch in Zeiten strikten Genderns durchsetzen wird. Dann wird auch das "der weiße Nebel wunderbar" aus "Der Mond ist aufgegangen" nicht mehr von Kindern in "der weiße Neger Wumbaba" verballhornt werden.  

Freilich, so sehr ich Kulturwandel und Sprachwandel als Selbstverständlichkeiten ansehe, so unvertraut bis nicht nachvollziehbar bleibt mir der Rigorismus, mit dem Sprachwandel gegen den Sprachgebrauch durchgesetzt werden soll. Dieser Rigorismus erinnert mich an die LTI (Lingua Tertii Imperii).

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