25.9.10

Für mehr professionielle Unterstützung der Schulen bei der Aufarbeitung von Erziehungsdefiziten

Ich fühle mich nicht berufen, die Reformpädagogik gegen die überzogenen Angriffe von Gabriele Behler, der ehemaligen NRW-Kultusministerin, in der heutigen ZEIT zu verteidigen. Das mögen Kompetentere tun.
Statt dessen greife ich heraus, dass hier einmal von kultusministerieller Seite darauf hingewiesen wird, dass ein Gegensatz besteht zwischen liebevoller Erziehung und den durch die Institution vorgegebenen Anforderungen, etwa der verkürzten Schulzeit und den Bildungsstandards.
Ausnahmepersönlichkeiten mag es dennoch in bewundernswürdigem Maße gelingen, beises zu vereinen. Im Regelfall kann eine solche Forderung m.E. nur zu Resignation, Heuchelei oder Burnout führen.
Es hilft aber nicht, Erziehungsdefizite zu leugnen. Deshalb brauchen die Schulen zur Unterstützung Schulpsychologen, die nicht wegen Überlastung nur konstatieren, sondern, die auch zu helfen können. (Stichworte: Finnland, PISA)
Es hat aber auch keinen Sinn, die Schuld an Problemen zu individualisieren (im Sinne von: Saufende oder gar rauchende Hartz IV-Empfänger versauen mir meine Schüler). Probleme aufgrund unzureichender Integration von Migranten, des übermäßigen Drucks aufgrund von Mobilitäts- und Flexibilitätsforderungen aus der Arbeitswelt bestehen unabhängig von im Einzelfall durchaus auch nicht zu bestreitender Individualschuld.

Neue Formen Unterrichtsorganisation und neue Methoden (z.B. individualisiertes Lernen, LdL, Web 2.0) bieten manche Chancen. Man sollte sich aber von keiner die Lösung aller Probleme versprechen.
Angesichts der gegenwärtigen Problemkonstellation braucht die Schule mehr professionelle Unterstützung.

Wenn in der Öffentlichkeit mit Zahlenspielen gearbeitet wird, die die Ausgaben für Forschung und Bildung künstlich hochrechnen, etwa indem man wie die Ausgaben für die Untersuchung von Gorleben als Endlagerungsstelle für Atommüll dazu rechnet, so hilft das letztlich niemandem, nicht einmal den Politikern, die die Zahlenspiele in Auftrag geben. Was wir brauchen, ist eine eindeutige Prioritätensetzung für Bildung (und Erziehung!), die verhindert, dass 20% der kommenden Generationen aus der Arbeitswelt herausfallen, weil ihnen nie eine echte Chance gegeben worden ist.
Wer meint, alle erfolgreichen Absolventen der Odenwaldschule hätten in einer Regelklasse mit 33 Schülern im G8-System genauso gut gefördert werden können wie dort, mag das freilich anders sehen. (Ich erinnere mich an den Fall einer Schülerin, die, weil sie das Versetzungsziel nicht erreichte, eine Klasse überspringen durfte, um sie wieder zu motivieren, und die dann eine glänzende Berufskarriere absolvierte. Regelschulen kann ich dies Beispiel nicht zur Nachahmung empfehlen.)

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