10.6.18

Wieder einmal mehr Schläge als Rat?

In der ZEIT Nr.24 vom 7.6.18 zwei Artikel

"Mit Drill erreicht man wenig"

Bildungsforscher Schleicher verkündet: "Wir werden vermehrt jene Kompetenzen in den Blick nehmen, auf die es in Zukunft stark ankommt: Kreativität, Entrepreneurship und Offenheit für Neues." (S.63)

Kreativität und Offenheit für Neues sind schon seit über einem Jahrzehnt die Kriterien, nach denen Universitäten ihre Studenten aussuchen und die sie als Ergebnis eines Studiums anstreben. Das Problem ist nicht, mit welchem Algorithmus man sie misst, sondern wie man sie fördert, während man auf landesweit standardisierte Prüfungen vorbereiten muss.*

* "Are schools asking teachers to “empower” students while micromanaging what teachers do in classrooms?  I am seeing the word “empower” often in school vision and mission statements now, but also see a lot of teachers who feel that at the end of the day, their hands are tied in what they are genuinely able to do.  Is that perception or reality?" 
(georgecouros 8.6.18)

Hier beginnt das Ende der Kreidezeit# (S.61/62)

Jeanette Otto zeigt auf, was Einzelne erreichen, und deutet an, weshalb es nicht an fehlender Technik liegt, wenn Digitalisierung nicht das bringt, was sich Enthusiasten davon erhoffen.

Ausnahmsweise nicht Schwarzweiß und die Ermahnung, sich an das Patentrezept des Autors zu halten, sondern das Bemühen um Differenzierung.
Dass BYOD in einer Klasse mit Hartz IV-Kindern, die kein Smartphone haben, nicht funktioniert, übergeht sie zwar, denn die Beispiele für best practice findet sie an einem Humanistischen Gymnasium und einer Schule, wo man nur das Handyverbot aufzuheben braucht, damit jede(r) mit Smartphone versehen ist. Es braucht ja nicht das neuste Modell zu sein. [Danke! Das hätten die Leser*innen sonst nie gewusst.]
Dennoch ist es immer erholsam, wenn differenziert wird. - Und natürlich hat sie Recht, wenn sie daran erinnert, dass gerade die, die in Spitzenforschung engagiert sind, wissen, dass es auf Lernziele und nicht auf Lern- und Lehrinstrumente ankommt. Dafür braucht man Tablets nicht unbedingt zu verbieten, aber man muss ihren Stellenwert berücksichtigen.

Grundschullehrerausbildung geht vor WLAN! - Aber was will man den Kultusministern vorwerfen, wenn die Bildungsforscher sich mit Lernzielen erst auseinandersetzen, wenn sie skalierbar sind?

Was habe ich übergangen?
Entrepreneurship
Ja, das lassen sich Bildungsforscher von den Unternehmerverbänden als Lernziel vorgeben.
Denn die braucht man, wenn man der Langzeitarbeitslosigkeit entkommen will.
Unternehmer und Staat sind da leider völlig hilflos.

Jetzt habe ich völlig undifferenziert auf Andreas Schleicher reagiert.
Wer behauptet, die heutigen Schulen seien "immer noch nach dem alten Fließbandmodell der Industriegesellschaft" organisiert, macht es schwer, darin das Körnchen Wahrheit zu loben.
Aber der Koordinator der PISA-Studie ist zum Glück auf meine Ermutigung nicht angewiesen.*

Manche Studierende könnten davon allerdings weit mehr brauchen, als ihnen Universitätspädagogik und Lehramtsseminare gegenwärtig bieten können.

*  Wieder schreibe ich undifferenziert. - Die Aussage "Erfolgreiche Bildungssysteme fördern diesen Glauben, etwas bewirken zu können. Weniger erfolgreiche lassen den Verantwortlichen dagegen Raum, anderen die Schuld zu geben, wenn etwas schiefgeht: lernunwilligen Schülern, desinteressierten Eltern, unfähigen Lehrern oder Politikern." verdient meine volle Zustimmung.


Mehr zum Thema:
Schüler sind so gut wie ihre Lehrer SPON 11.6.18

"Berlin hat ein massives Problem. "Es wird schwierig, alle Stellen zum neuen Schuljahr zu besetzen", sagt Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres mit Blick auf den Lehrermangel. Auch andere Bundesländer haben dieses Problem, in Berlin ist es aber besonders drängend: Dort können die freien Stellen in den Klassenzimmern nicht einmal mehr durch Quereinsteiger aufgefüllt werden.
Das wäre möglicherweise auch keine wirklich gute Idee. Das jedenfalls legt die neue Pisa-Auswertung der OECD nahe, die am Montag veröffentlicht wurde. Danach setzen gute Schülerleistungen gut ausgebildete Lehrkräfte voraus - und ob Quer- und Seiteneinsteiger, die mehr oder weniger schnell nachgeschult werden, die notwendige Qualifikation mitbringen, darf nach diesen Ergebnissen bezweifelt werden. [...]"

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