3.4.19

Notwendige Selbstkritik der Millenials?

Claudia Schumacher schreibt in der ZEIT selbstkritisch:

"[...] meine Generation, die sogenannten Millennials. Selbst erst zwischen Mitte 20 und Ende 30, sehen wir plötzlich alt aus. [...]
Wir waren zwar progressiv, lebten unsere Werte aber bescheiden im Privaten aus. Radikal waren wir nie, da war kein neuer Gesellschaftsentwurf, keine Vision. Und wenn die Welt dann doch mal verbessert werden sollte, dann meistens nur die eigene: Bei ein bisschen Nischenmusik setzte jeder in der Mietwohnung seine eigenen Akzente, fand seinen Stil auf Pinterest und plante schöne Hochzeiten mit acht Brautjungfern auf der eigens dafür eingerichteten Website. Achtsam entdeckten wir Millennials unseren Selbstwert: Kulturell hat die Menschheit uns das Selfie, den Selfie-Journalismus und ich-erzählerische Memoiren zu verdanken." (Sie lassen uns echt alt aussehen, ZEIT 3.4.19)

Diese Selbstkritik wäre freilich ungerecht. Denn ohne die KlimaaktivistInnen, die bereitstanden, als Greta Chancen hatte, weltweit gehört zu werden, hätte der Schülerstreik nicht organisiert werden können. Und das waren weitgehend Millenials "zwischen Mitte 20 und Ende 30", aber natürlich auch ungezählte Ältere aus früheren Generationen, die angeblich so unpolitisch waren. 

Aber Claudia Schumacher geht es letztlich nicht um Selbstkritik als fishing for compliments wie bei Wilhelm Busch, sondern um Aktivierung ihrer Generation. Deshalb schreibt sie weiter:


"Bisher verläuft der Protest friedlich. Wenn die mächtigen Babyboomer aber weiter so egoistisch handeln, Industrie, Landwirtschaft, Verkehr nicht härter regulieren, kaum fossile Energieträger einsparen – wenn also nichts passiert und die Zeit noch knapper wird, dann könnte sich der Widerstand radikalisieren. In ein paar Jahren sind die Klima-Kinder keine Kinder mehr.
Die Frage ist, ob die Millennials dann weiterhin mit ironischen Beobachtersprüchen auf der Couch rumlungern werden, gefangen in sich selbst und ihrer lustigen Social-Media-Ersatzwelt. Für Lösungen sind die Millennials, anders als die Kinder auf der Straße, schon jetzt alt genug. Wollen wir uns endlich einbringen, politisch handeln und zur Rettung schreiten? Oder wollen wir lieber bereits heute zum Establishment zählen und sitzen bleiben? So um die 30 käme man ja eigentlich noch mal hoch von der Couch. Wie man als Generation sein Schicksal in die Hand nimmt und vorgefertigte Nachrufe in den Wind schießt, lässt sich praktischerweise gerade von den Jüngeren lernen."
(Sie lassen uns echt alt aussehen, ZEIT 3/4.4.19)
Und in der Tat: Das Engagement von Greta Thunberg und den weltweit streikenden Schülern bliebe ohne Chance auf rechtzeitige Verhaltensänderung, wenn sich jetzt nicht alle Generationen angesprochen fühlten: Das kann so nicht weitergehen!

Deshalb heißt es in einem anderen Artikel derselben Ausgabe der ZEIT:
"Doch die Klimademos zeigen die enorme Kraft einer Generation, die einfach nicht lockerlassen will. Und auf lange Dauer, das lehrt der Blick in die Geschichte, kann in einer Demokratie nicht gegen die Straße regiert werden."
(Plötzlich Bewegung, ZEIT  3./4.4.19)

Es gibt noch einmal eine Chance.

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