Anlässlich seiner Fernsehkritik hat man Marcel Reich-Ranicki "borniert und selbstgefällig" genannt. In der Tat, in der Selbstgefälligkeit kann ihn kaum eine(r) übertreffen. Aber von borniert kann bei ihm keine Rede sein.
Dabei ist "borniert und selbstgefällig" eine hervorragend knappe Charakterisierung der Fernsehberühmtheiten.
Dass es im Fernsehen auch andere Sendungen gibt, die weitab von Borniertheit sind - man denke an den ebenfalls höchst selbstgefälligen Peter Sloterdijk - rettet nicht die Fernsehberühmtheiten, die sich gegenseitig hochjubeln.
Ich möchte diese Berühmtheiten mal mit Orhan Pamuk vergleichen. Dieser hat schon als 20jähriger sich ernsthaft bemüht, sich ganz umfassend mit Geschichte und Kultur seines Landes vertraut zu machen, und wurde, als er ein Meisterwerk vorlegte, darauf aufmerksam gemacht, dass man einen Türken nicht recht wahrnehmen könne, unabhängig von dem, was er leistet. Bei den heutigen Fernsehgrößen gilt das Umgekehrte: Sie werden wahrgenommen unabhängig von dem, was sie leisten. Oder meint wirklich jemand, der Arundhati Roy kennt (ihr Name steht für Hunderte andere, von denen wir noch weit weniger hören), Dieter Bohlen verdiene auch nur ein Zehntel der Aufmerksamkeit, die wir ihren Aussagen zukommen lassen sollten? Und wann hört man noch von ihr?
Nachtrag von 2013: Ein Porträt MRRs von Ulrich Greiner
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1 Kommentar:
Jetzt habe ich auch das Gespräch Reich-Ranickis mit Gottschalk gesehen.
Am groteskesten war, wie Gottschalk Reich-Ranicki vorschlug, statt das Niveau des Fernsehens zu heben, doch besser das der FAZ abzusenken.
Etwas bedauerlich, dass Reich-Ranicki ihm nicht erklärt hat, dass die gesellschaftliche Rolle des Fernsehens nicht sein darf. Einschaltquote um jeden Preis zu erzielen, sondern dass es auch darum geht, psychische und soziale Schädigung der Zuschauer zu vermeiden. Aber dafür war Reich-Ranicki sich wohl zu gut.
Wahrscheinlich kennt er die schlimmsten Fernsehsendungen auch nicht einmal.
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