26.11.08

Hessen verkauft Abituraufgaben

Hessische Schuldirektoren sind streng gehalten, dafür zu sorgen, dass die Abituraufgaben des vergangenen Abiturs nicht in die Hände der Schüler gelangen, damit diese für das kommende Abitur üben können. Denn das Kultusministerium verkauft die Abituraufgaben an private Verlage.
Soll damit sichergestellt werden, dass in Hessen keine Chancengleichheit entsteht, sondern nur die Schüler üben können, die die entsprechenden Publikationen kaufen?

20.11.08

Vernetzung von Lehrern, Dozenten, Schülern, Studenten ...

Hier sollen unter anderem Möglichkeiten zur Basisvernetzung von Dozenten, Lehrern und Studenten vorgestellt und diskutiert und Vernetzungen zwischen Menschen initiiert werden. Auf dieser Basis soll es später möglich sein, dass:
* Lehrer und Referendare Unterstützung von Dozenten und Studenten bekommen,
* Dozenten ihre Seminare mit Leben und Praxisbezug füllen
* Studenten Feedback von der "Schul-Front" bekommen.
Ziel ist es eine Art "organisierten Flow" ins Leben zu rufen, der es den einzelnen Teilnehmern erlaubt, in kürzester Zeit und ohne großen Aufwand eine breite Öffentlichkeit aufmerksam zu machen, zu informieren und an sich zu binden.


Ich persönlich finde, dass die dort gebrauchte Metapher "Maschendraht" weniger nützlich ist als Vernetzung; aber das Projekt finde ich gut.

15.11.08

Aktualität von Kapitalismuskritik

Eine Rundfunkjournalistin bezeichnete eine Argumentation, die im Zusammenhang mit der Finanzkrise Elemente der Kapitalismuskritik von Marx aufgriff, als Nachrichten aus der ideologischen Antike. Weil es eine ziemlich ausgefallene Metapher ist, gefällt mir die Formulierung, obwohl so ziemlich alles daran falsch ist. So weit weg wird aber von manchen heute Marxsches Gedankengut gesehen. Natürlich hängt das mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der Wandlung der Kommunistischen Partei Chinas in ein Steuerungsorgan zu Aufbau und Entwicklung einer kapitalistischen Wirtschaft zusammen.

Nachtrag: Erst jetzt bekomme ich mit, dass die Formulierung der Titel der "Verfilmung" des Kapitals von Karl Marx ist. Da hat er natürlich einen ironischen Klang, den die Journalistin mitgedacht haben wird.

Für die Bundesrepublik ist ein Grund aber auch, dass die Radikalen aus der Studentenbewegung nach Beginn der sozialliberalen Koalition 1969 "ziemlich geschlossen in eine imaginäre Parallelwelt" umzogen (Geschichte des SDS, S.208), während die Masse der "Mitbewegten" der Bewegung zu Anhängern der sozialliberalen Koalition wurden.
In der Parallelwelt wurden revolutionäre Phantasien gelebt, Terror entwickelt und die DDR als Verwirklichung der Idealvorstellungen von Marx interpretiert.
Dagegen ist in der Realität der Kapitalismus seit 1989 in seiner Verleugnung der sozialen Zusammenhänge wieder erstaunlich nahe an die von Marx beschriebene Realität des 19. Jahhunderts herangerückt.

12.11.08

Bleib so, wie du bist???

Herrn Rau vom Lehrerzimmer verdanke ich den Hinweis und die Problematisierung des unter Jugendlichen immer häufigeren Geburtstagswunsches: "Bleib so, wie du bist!"

Die Formel "Bleib so, wie du bist!" soll dem anderen Anerkennung vermitteln und ihn dadurch stärken. Wörtlich genommen ist sie aber eine Aufforderung, zu erstarren und damit abzusterben.
In der christlichen Religion gibt es die Vorstellung, dass alle Menschen, so wie sie sind, von Gott angenommen sind. (Gleichnis vom verlorenen Sohn)
Gleichzeitig ergeht aber der ständige Ruf an die Christen "Tut Buße, sündigt hinfort nicht mehr, lasst euch von Gott finden!" (Aussage des Zöllners: "Gott sei mir Sünder gnädig!")
Diesen Gedanken greift humanistisch ohne Religionsbezug Bert Brecht auf mit K's Forderung an sich selbst, sich ständig weiterzuentwickeln und seiner Absicht, denen, die er liebt, zur Weiterentwicklung zu verhelfen.
Dagegen stellt Frisch wiederum die Forderung, sich kein Bildnis vom anderen Menschen zu machen.

Qintessenz:
Den anderen als gleichberechtigt akzeptieren.
Uns selbst immer weiter entwickeln.
Den anderen bei seiner Entwicklung unterstützen, nicht ihn im "Menschenpark" zum Übermenschen machen wollen.

Dazu: An unserer Schule hieß ein Abi-Motto "Lernst du noch oder lebst du schon?"
Ich habe es für mich verändert in "Paukst du nur oder lernst du schon? Lernst du noch oder bist du schon tot?"
Es gibt eine Definition von Macht als Fähigkeit, nicht lernen zu müssen. Die Fähigkeit hat die Bush-Administration ein paar Jahre lang bewiesen. Barack Obama versucht jetzt, den Zusammenbruch der USA zu vermeiden, indem er die verpassten Lektionen nachholt.

10.11.08

SDS von Helmut Schmidt zu Rudi Dutschke

Während der 68er 1967 den SDS als radikale establishment-kritische Organisation kennenlernte (Wikipedia spricht im Anschluss an eine Äuüßerung von 1968 in der FAZ von "strategisch planende und taktisch operierende Kerntruppe der Außerparlamentarischen Opposition"), zeigt der Rückblick, dass erst auf dem Weg der SPD zum Godesberger Programm eine Entfremdung zwischen ihr und ihrer Hochschulorganisation SDS eintrat. Gegen den Unvereinbarkeitsbeschluss von Seiten der SPD im Oktober 1961 wandte sich vor allem der Darmstädter Oberbürgermeister Ludwig Metzger. (Fichter/Lönnendonker: Kleine Geschichte des SDS, 2008, S.112 f)

8.11.08

Aktionstag: Rettet die Kastanien!

Was tut Ihre Stadt im Sinne der Aktion "Rettet die Kastanien!"?
Was können Sie tun, um dabei zu helfen?
Vielleicht fragen Sie mal bei Ihrer Kommunalverwaltung nach.

6.11.08

9 Thesen zu Europa

Ich habe hier schon einmal 10 Thesen zu Europa geschrieben.

Diese habe ich nun einerseits auf neun gekürzt, adererseits auf den neusten Stand gebracht. Dabei hat mir Habermas' neustes Interview in der ZEIT vom 6.11.2008 sehr geholfen, aus dem ich ein paar kurze Passagen zur Begründung meiner Thesen beigebe.

Thesen zu Geschichte und Politik Europas und was unsere Schüler dazu lernen sollten
1.) Mit der Aufklärung im klassischen Griechenland (Sokrates u.a.) und der im 18. Jahrhundert hat Europa wesentlich zur Überwindung von Mythen und zur Infragestellung überkommener Weltbilder beigetragen.
2.) Dabei ist allerdings ein neuer Mythos, ein Fortschritts - Mythos entstanden, den es kritisch zu hinterfragen gilt (z. B. Stammzellendiskussion).
3.) Die europäische Expansion und der europäische Kolonialismus haben nicht nur zur Zerstörung von Kulturen geführt, sondern auch zur Ausbreitung europäischer Sprachen, Religionen, Rechts- und Verwaltungsstrukturen sowie zur Verbreitung von Ideen der Aufklärung, darunter der Menschen- und Bürgerrechte, beigetragen.
4.) Ungeachtet aller Menschenrechtserklärungen wurden Sklavenhandel und Sklaverei bis tief in das 19. Jahrhundert von Europäern betrieben und begünstigt.
5.) Völkermord trat in der europäischen Geschichte immer wieder auf. Während der europäischen Expansion im 16.und 17. Jahrhundert an den indigenen Völkern Süd- und Nordamerikas und während des Kolonialismus im 19. Jahrhundert an afrikanischen Stämmen. Singulär bleibt die systematisch betriebene industrielle Massenvernichtung des europäischen Judentums während des Zweiten Weltkriegs durch den Nationalsozialismus (Holocaust).
6.) Der „europäische Bürgerkrieg“ (E. Nolte) 1914 – 1945 hat zur bisher größten Menschheitskatastrophe geführt.

7.) Der europäische Einigungs-Prozess seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist ein weithin vorbildliches Beispiel für supranationale und regionale Zusammenarbeit auf multilateraler Basis.
8.) Doch die unkoordinierte Wirtschafts- und Sozialpolitik (krassestes Beispiel: der europäische Agrarprotektionismus) zeigt andererseits, dass die Regierungen der europäischen Staaten auch im 21. Jahrhundert noch nicht zu umfassenden multilateralen Regelungen bereit sind.
9.) In der Auseinandersetzung mit Themen der europäischen Geschichte und Politik und in der Begegnung mit Jugendlichen anderer Länder sollten junge Menschen lernen, Verständnis und Toleranz gegenüber fremden Kulturen zu entwickeln, verantwortungsbewusst mit modernen Technologien und den Ressourcen der Umwelt umzugehen und ihre Identität als politisch mündiger Bürger in einem zusammenwachsenden Europa zu festigen.

Seit den Anfängen der Moderne müssen Markt und Politik immer wieder so ausbalanciert werden, dass das Netz der solidarischen Beziehungen zwischen den Mitgliedern einer politischen Gemeinschaft nicht reißt. Eine Spannung zwischen Kapitalismus und Demokratie bleibt immer bestehen, weil Markt und Politik auf gegensätzlichen Prinzipien beruhen. Auch nach dem letzten Globalisierungsschub verlangt die Flut der in komplexer gewordenen Netzwerken freigesetzten dezentralisierten Wahlentscheidungen nach Regelungen, die es ohne eine entsprechende Erweiterung von politischen Verfahren der Interessenverallgemeinerung nicht geben kann. [...]
Seit dem späten 18. Jahrhundert haben Recht und Gesetz die politisch verfasste Regierungsgewalt durchdrungen und ihr im Binnenverkehr den substanziellen Charakter einer bloßen »Gewalt« abgestreift. Nach außen hat sie sich von dieser Substanz allerdings genug bewahrt – trotz des wuchernden Geflechts von internationalen Organisationen und der zunehmenden Bindungskraft des internationalen Rechts. Dennoch ist der nationalstaatlich geprägte Begriff des »Politischen« im Fluss. Innerhalb der Europäischen Union haben beispielsweise die Mitgliedstaaten nach wie vor das Gewaltmonopol inne und setzen gleichwohl das Recht, das auf supranationaler Ebene beschlossen wird, mehr oder weniger klaglos um. Dieser Formwandel von Recht und Politik hängt auch mit einer kapitalistischen Dynamik zusammen, die sich als ein Wechselspiel von funktional erzwungener Öffnung und sozialintegrativer Schließung auf jeweils höherem Niveau beschreiben lässt. [...]
Der weitere Verlauf der [gegenwärtigen] Krise macht ja den Makel der europäischen Konstruktion offenbar: Jedes Land reagiert mit eigenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen. Weil die Kompetenzen in der Union, vereinfacht gesagt, so verteilt sind, dass Brüssel und der Europäische Gerichtshof die Wirtschaftsfreiheiten durchsetzen, während die dadurch entstehenden externen Kosten auf die Mitgliedsländer abgewälzt werden, gibt es heute keine gemeinsame wirtschaftspolitische Willensbildung. Die wichtigsten Mitgliedstaaten sind schon über die Grundsätze, wie viel Staat und wie viel Markt man überhaupt will, zerstritten.

(Jürgen Habermas, DIE ZEIT Nr.46, 6.11.2008, S.54)

3.11.08

Kinder als künftige Tyrannen?

Ich hatte die Absicht, etwas über Winterhoffs neustes Buch zu schreiben, werde aber auf absehbare Zeit nicht dazu kommen. Daher jetzt nur die beiden Links.

Naturwissenschaftlicher Unterricht

Die Hinweise von Wagenschein, hier zusammengestellt, sind auch für anderen Untericht anregend.

2.11.08

Zum Verhältnis Schüler und Lehrer

Christian Spannagel schildert Jean-Pol Martins Unterrichtsmethode und schließt dann:
Wenn Schüler diese Kommunikationsregeln verinnerlicht haben, dann - so finde ich - können sie sich und andere richtig ernst nehmen und fühlen sich nicht als die “dummen” Schüler im Vergleich zum “allwissenden” Lehrer. Der betont nämlich immer wieder, dass er selbst auf solche Gedanken nicht gekommen wäre, dass die Schüler toll sind, wenn sie eine geniale Idee kommunizieren usw.

So kurz habe ich einen entscheidenden Aspekt von "Lernen durch Lehren" noch nicht formuliert gesehen.