29.1.12

Bezahlt der deutsche Staat privaten Lobbyismus?

Die Rede ist von Public Private Partnership und einer Beratungsfirma, die dafür gegeündet worden ist: "Kritiker sagen, mit der ÖPP Deutschland AG würde erstmals der Staat für den Lobbyismus der Industrie selbst aufkommen." (taz 27.1.12 Staatslobbyismus)

27.1.12

Twitterblackout am 28.1.2012

Ich werde morgen weder Tweets lesen noch schreiben. #TwitterBlackout #j28 #twittercensorship http://www.guardian.co.uk/technology/2012/jan/27/twitter-censorship-users-reaction?CMP=twt_gu

Die ZEIT äußert sich relativ positiv zu Twitters Vorgehen:
"Letztlich dürfte das neue Verfahren weniger die weltweite Meinungsfreiheit gefährden als vielmehr Twitters Kommunikationsstrategie."

24.1.12

Wie man verhindert, dass Produkte lange halten

Bei Arte erklärt, bei Youtube zu sehen.

Glühbirnen hielten 3000 Stunden, ein Kartell setzte ihre Lebenszeit künstlich herunter.
Drucker enthalten Chips, die die Drucker anhalten und selbst nach ihrem Ausbau noch die Funktionstüchtigkeit verhindern.
Apple stellte iPods her, die mit kurzlebigen Akkus ausgerüstet waren und verhinderten den Austausch der Batterien. Der Prozess darüber endete mit einem Vergleich.

Wie das Ford T-Modell in seinem Siegeszug gestoppt wurde...

Bloggende Lehrer

Über zwei von über 80 berichtet der Blog der SZ.

Weil dort fehlende Links angemahnt wurden, hole ich es nach für Fräulein Krise und Herrn Rau. So als ob eine(r) von den beiden Werbung nötig hätte und gar noch von mir.

22.1.12

Es wird etwas geschehen

und dann wird es geschehen sein. Wir lesen das über Katastrophen, sehen Filme dazu usw.

Die Stiftung Futur II, die Harald Welzer gegründet hat, will darüber berichten, wie Katastrophen verhindert worden sein werden. Dafür sammelt er Geschichten darüber, wie heute schon gehandelt wird, wie es für eine sinnvolle Zukunft nötig gewesen sein wird.

Hier ein Interview mit Welzer in Zeit online

Ab 1.2.2012 wird es eine Webseite dazu geben: futurzwei.org

14.1.12

Transparent sei nur das Tote ...

so argumentiert in der ZEIT  Byung-Chul Han.
Soweit er sich gegen die Vorstellung wendet, Privatheit sei überflüssig, gebe ich ihm recht.
Soweit er sich gegen Transparency International wendet und damit der Korruption einen Schutzraum gönnt, vielleicht sogar einen mit Schutzgeld von der Mafia erkauften, sehe ich ihn im Unrecht.
Dass sein Artikel während der Wulff-Affäre erscheint, ist kein Zufall. Seine Argumentation wird dadurch nicht überzeugender, freilich auch nicht die, die BILD dringe grundsätzlich nur in eine Privatsphäre ein, wenn sie ohnehin nicht schützenswert sei.

12.1.12

Schweizer: ein Millionenheer

Nicht nur deutsche Fürsten verkauften ihre Landeskinder als Soldaten, sondern auch Schweizer Familien, die darüber reich wurden.
Jost Auf der Maur, ein Abkomme einer solchen, inzwischen verarmten Soldatenhändlerfamilie, schreibt in Söldner für Europa darüber.
Über die vielhundertjährige Geschichte des Schweizerischen Söldnertums kamen, so hat er recherchiert, etwa eine Millionen Schweizer Söldner zusammen. Das in meiner Überschrift etwas reißerisch verkündete schweizerische Millionenheer kam also nie zusammen, es existiert nur virtuell, in der rückschauenden Betrachtung.
Heute sind vielleicht vierzig bis sechzig Schweizer in der französischen Fremdenlegion beschäftigt. Doch die Schweizer Neutralität, die der Schweiz jahrhundertelangen Frieden bescherte, ist nach Auf der Maurs Erkenntnissen wohl auch den Schweizer Söldnern zu verdanken ...
Das Bild eines Schweizer Söldner, wie Keller es in seiner Novelle Ursula zeichnet, hat nicht das Söldnerwesen, sondern die religiösen Wirren im Reformationszeitalter zum Thema. Doch tut man Keller nicht unrecht, wenn man feststellt, dass die Gestalt des Hansli, des ehemaligen Söldners als Hüter der Moral, nicht geeignet war, ein verharmlosendes Bild des Söldnerwesens zu dekuvrieren.

3.1.12

Götz Aly über abhängig Beschäftigte und Rechtsterrorismus

Götz Aly ist ein verdienter und mutiger Historiker, der in der Frankfurter Rundschau vom 3.1.2012 sein verbrieftes Recht auf Meinungsfreiheit zu einem Kommentar nutzt. Er schreibt u.a.:
Anno 1907 arbeiteten von hundert städtischen Erwerbstätigen in Deutschland 4,5 Prozent der Protestanten und drei Prozent der Katholiken als Selbstständige, aber von den Juden wirtschafteten 37 Prozent auf eigene Rechnung und ohne einen Chef vor der Nase. Den Mehrheitsdeutschen fehlte es an Mut zur wirtschaftlichen Freiheit, oft auch an Geschick und Wissen. Auch deshalb erklärten sie (jüdische) Unternehmer zu Hassfiguren.
Solche Deutsche gibt es auch heute noch. Sie maulen vor sich hin: Risiko, nein danke! Staatshilfe, ja bitte! Ihnen macht Eigenverantwortung mehr Angst als Freude, sie empfinden Freiheit als Unbequemlichkeit, beneiden den unternehmerisch erfolgreichen Nachbarn, bevorzugen jedoch für sich selbst die abhängige Beschäftigung als die mit Abstand gemütlichste Lebensform. Hauptsache sie „wahren ihre Ansprüche“ auf Lohn-, Arbeitsplatz- und Rentengarantie, haben ihr Bierchen und ihr Kassler, wahlweise ihre Ökopastinaken und ihr leckeres Bioei.
Jeder kennt diese garantiert germanischen Urdeutschen, die allerorten in den Angestelltenetagen – zugleich meckernd, initiativarm und bequem – die gute Laune stören oder in steril gewordenen Universitätsinstituten, Behörden, quasi staatlichen Stiftungen oder Wohlfahrtsorganisationen vergessen, wer die Steuergelder erwirtschaftet, von denen sie leben. [...]
Nüchtern stellte die Industrie- und Handelskammer Berlin vergangene Woche fest: „Die Selbstständigkeit ist im Ausland häufig höher angesehen als in Deutschland.“ Sie wird sogar verachtet – und in dieser geistigen Brühe schwimmen unsere rechtsterroristischen Fische.
In Südengland habe ich es erlebt, dass eine Baugesellschaft mit nur 4 Angestellten innerhalb eines Jahres über 60 Häuser hochgezogen hat. Alle anderen dort Beschäftigten firmierten als selbständige Unternehmer, die sich ihre Aufträge suchen mussten.
Die Regelung, dass ein Asylbewerber nur dann einen Arbeitsplatz erhält, wenn kein Deutscher an dem Arbeitsplatz interessiert ist, führt dazu, dass viele Migranten als Selbständige arbeiten müssen.
Als Sozialdemokrat bin ich gegen solches Abdrängen in Scheinselbständigkeit und wehre mich gegen eine Verklärung solcher Zustände.
Götz Aly mag es von Talkshows gewöhnt sein, dass man nur mit überspitzten Thesen erreicht, wieder eingeladen zu werden. Ich gönne ihm das Geld, das er auf diese Art und Weise "selbständig" erwirtschaftet.
Dass er Personen, die für gewerkschaftliche Forderungen eintreten, Begünstigung des Rechtsterrorismus vorwirft, geht freilich entschieden zu weit. Seiner Sache erweist er damit einen Bärendienst.

Ich weiß, dass Götz sich bei diesen Hinweisen missverstanden fühlen wird. Er würde sich aber auch missverstanden fühlen, wenn ich darauf hinwiese, dass die Altenpflegerinnen bei der Arbeiterwohlfahrt nicht sinnvoll alle selbständige Pflegebetriebe aufmachen können und dass sie mehr von gesellschaftlich notwendiger Arbeit leisten als Mark Zuckerberg als Begründer von Facebook, der laut Aly im Unterschied zu ihnen, den schmarotzenden Geringverdienerinnen, "die Steuergelder erwirtschaftet, von denen sie leben".

Aus dem Leserbrief von Carsten Neumann, Frankfurt in der FR vom 6.1.12:
"Dabei ist ein Menschenbild, das den Mensch erst existieren lässt, wenn er Existenzgründer geworden ist, genauso unrealistisch, zynisch und verhängnisvoll wie der Glaube an die gerechte Macht der Märkte."

Die Formulierung wird Aly nicht unbedingt gerecht, aber in ihrer Überspitzung weist sie auf ein Problem hin, das in Alys Argumentationsweise steckt.