"schaffe das Internet eine Zone radikaler Freiheit. Hier könne sich der Bürger unbeobachtet bewegen; fern von den Argusaugen des Staates, ohne Polizei, Gesinnungskontrolle und den sanften Terror der Mehrheit, kurz: ohne den großen Anderen, all die unsichtbaren Disziplinarmächte, die den Bürger unter Beobachtung stellen, die sein Reden und Denken regulieren und ihn auf Linie bringen. Das Internet sei ein Geschenk des Himmels, ein machtfreier Raum in der übermächtigen Moderne."
Ich habe im Netz etwas anderes wahrzunehmen geglaubt:
Die ständige Warnung: Wer das Netz kontrolliert, beseitigt das Grundrecht auf Freiheit. Der Staat darf hier nicht Spielregeln setzen, weil er sonst seine Aufgabe, Schutz des Schwachen gegen den Stärkeren, unmöglich machen würde.
Facebook war für mich die Speerspitze derer, die behaupteten und zum Teil wohl auch meinten, da die Privatheit sowieso nicht zu schützen sei, solle man sie bewusst freiwillig aufgeben.
Es war Bundesinnenminister Friedrich, der behauptete, der Schutz der Privatheit und des Briefgeheimnisses sei Aufgabe jedes Einzelnen. Ob er zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, dass Merkel abgehört wurde, wo doch schon Helmut Schmidt seiner Aussage nach (Zeit vom 31.10. 13) ständig davon ausging, dass er abgehört wurde?
Wahrscheinlicher ist wohl, dass Friedrich glaubte, dass der Öffentlichkeit die Kenntnis über die Abhörpraktiken weiterhin vorenthalten werden könne. Zumindest für die Dauer des Wahlkampfs.
Trotz der bei Assheuer folgenden weiteren Absonderlichkeiten. Sein optimistischer Schluss gefällt mir:
"Natürlich könnte man den Teufel aus dem Netz austreiben. Man müsste es nur wollen."
Schon Locke antwortete auf Hobbes Vorstellung von der Unkontrollierbarkeit des absoluten Staates mit dem Konzept des Gesellschaftsvertrages. Man müsste ihn nur schützen wollen.
Diejenigen, die nur stört, wenn Merkels Handy abgehört wird, gehören leider nicht zu den Verteidigern der Menschenwürde. Die, die gleich darauf verzichten, freilich auch nicht.
Dazu auch: Überwachungsstaat und Geheimdienst