20.5.19

Wir wollen es nicht wahrhaben


Früher hat man nicht selten den Überbringer einer unangenehmen Botschaft getötet.
Heute, im Zeitalter des Internets, sind wir humaner und sagen einfach mit Trump "Fake News".

Im Fall des menschengemachten Klimawandels ist das freilich nicht ganz so leicht. Wenn seit Jahrzehnten über 90 Prozent der Wissenschaftler über die Grunddiagnose einig sind und wenn inzwischen nach jahrzehntelangen Verhandlungen auch die Politiker 2015 auf einer Weltklimakonferenz konkrete Beschlüsse zu seiner Eindämmung gefasst haben, dann helfen auch die von Lobbyisten bezahlten Gegengutachten nichts mehr. Der Klimawandel lässt sich nicht mehr ernsthaft bestreiten.

Wieso aber gelingt es uns, weiterzumachen, als gäbe es ihn nicht?
Zwei Gründe gibt es.
Erstens: Wenn wir den Klimawandel jetzt noch eindämmen wollen, müssen wir unsere Lebensweise radikal umstellen. Und wer will das schon?
Zweitens: Die anderen leben ja auch weiter, als ob es ihn nicht gäbe. Das macht es viel leichter, den eigenen Augen nicht zu trauen. Wenn ich etwas verändere, macht das sowieso keinen wesentlichen Unterschied. Also brauche ich es nicht zu tun.

Etwas Weiteres kommt hinzu: Ständig gibt es neue Nachrichten über Missstände auf der Welt, über die wir uns aufregen können:
Wir diskutieren über Trump, Putin, Erdogan, Böhmermann, über die AfD, Seehofer und Merkel, Scheuer, Stuttgart21, den Berliner Flughafen, über Kevin Kühnert ... Es nimmt kein Ende. Das macht es leichter, nicht an den Klimawandel zu denken.
Jetzt gibt es freilich Schüler, die nicht mehr mitmachen wollen, die ein Recht auf Zukunft fordern.
Das schreckt auf. Aber nun setzt eine allgemein menschliche Reaktion ein: "Jetzt gibt es endlich jemanden, der sich um den Missstand kümmert. Ein Glück! Jetzt brauche ich es ja nicht mehr."
Lasst es Greta und die anderen Schülerinnen und Schüler mal machen! Jetzt bin ich ja nicht mehr gefragt. Jetzt kann ich wieder so tun, als ob alles in Ordnung wäre.

Nur ist da der 26.Mai. Wir alle sind gefragt, wie es in Europa weiter gehen soll. Als Demokraten haben wir sogar nicht nur ein Recht, sondern deshalb auch eine Pflicht, uns darum zu kümmern.
Da hilft es nun nicht, sich zu sagen: "Hauptsache, ich wähle nicht diese eine böse Partei." Jetzt gilt es zu fragen: Wer setzt sich für die Zukunft der kommenden Generationen ein und will wirklich ernsthaft den Klimawandel nach Kräften eindämmen?
Es sind nicht viele, aber die verdienen unsere Stimme.

1 Kommentar:

Walter Böhme hat gesagt…

Entscheidend ist, dass sich politisch etwas ändert. Aber wir können auch privat etwas dazu beitragen, dass die Forderungen der Schülerbewegung leichter verwirklicht werden können.

Abbau fossiler Brennstoffe im Rahmen einer Energiewende zu beenden;
Subventionen für fossile Energieerzeugung abzuschaffen;
Investitionen in erneuerbare Energien zu steigern;
Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs im Rahmen einer Verkehrswende.

Wir dürfen nicht nur davon reden, sondern müssen uns auch konsequent danach verhalten. Energie sparen, wo es möglich ist. Billigfluglinien und SUVs ächten, wie es beim Rauchen gelungen ist. Umweltbewusst einkaufen, fahren, essen und feiern.
Dazu können auch Kinder beitragen, indem sie - ohne sich um unsere erwachsenen Ausreden zu kümmern, uns immer wieder daran erinnern, uns auch im Alltag vernünftig verhalten. Kinder können ganz schön unbequem sein.
Das könnte uns allen helfen.