29.6.10

Biosprit macht Hunger

Es gibt manche Möglichkeiten, aus Biomasse Energie zu gewinnen.
Die bekannteste ist natürlich das Verbrennen von Holz, außerdem war lange die Produktion von Holzkohle die Voraussetzung für die Gewinnung von Metall aus Erzen. Ebenfalls seit Jahrtausenden wird der Kot von Tieren als Brennmaterial verwendet, besonders von Nomaden, die ihn nicht als Dünger verwenden können. Aber auch in holzarmen Gegenden wird er so eingesetzt, z.B. recht häufig in Indien. Zwar geht damit natürlicher Dünger verloren, wenn aber dadurch vermieden wird, dass die letzten Pflanzen ausgerottet werden, wird es trotzdem sinnvoll sein.
In letzter Zeit wird die Produktion von Biogas propagiert. So können landwirtschaftliche Abfälle und Wildpflanzen zur Energiegewinnung eingesetzt werden.
Umweltschützer waren von solch nachhaltiger Energieproduktion so fasziniert, dass sie sich auch eine Möglichkeit, damit in größerem Umfang Erdöl einzusparen versprachen. Denn wenn man pflanzliche Rohstoffe als Ausgangsstoff für die Herstellung von Kraftstoff einsetzte, dann gelänge es, fossile Rohstoffe, deren Erneuerung Jahrmillionen braucht, durch nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen.
Alkohol, umweltfreundlicher Bioethanol genannt, lässt sich aus stärkehaltigen Pflanzen wie Mais, Weizen und Zuckerrohr gewinnen, Biodiesel aus ölhaltigen Pflanzen wie Soja, Raps und Ölpalmen. Solche umweltfreundlichen Produkte wurden auch sogleich subventioniert, so dass z.B. in Brasilen Alkohol schon zum vorherrschenden Kraftstoff geworden ist.
Was man in der ersten Begeisterung nicht genügend beachtet hatte, war, dass es hier nicht mehr um landwirtschaftlichen Abfall ging, sondern um hochwertige Nahrungsmittel, die so der Lebensmittelproduktion entzogen wurden. In der EU mit ihrer landwirtschaftlichen Überproduktion mochte das Sinn haben, doch ganz gewiss nicht in Brasilien, wenn dafür Regenwald gerodet wurde, um angeblich nachhaltigen Treibstoff zu produzieren. (In Brasilien nimmt die Anbaufläche für Agrarkraftstoffe inzwischen eine Fläche dreimal so groß wie Deutschland ein.)
Dass inzwischen so viel Anbaufläche für Agrarkraftstoffe verbraucht wird, hat erheblich zur Steigerung der Lebensmittelkosten beigetragen. (Je nach Land wird der Anteil der Steigerung der Lebensmittelpreise seit 2005, der auf reduzierte Anbauflächen zurückgeht, auf 30% bis 70% geschätzt.) Dabei liegt das Einsparpotential von Agrarkraftstoffen gegenüber Erdöl nur bei 10 - 30 Prozent. Effektiver wäre es, Einsparmöglichkeiten über Beendigung der Subventionierung des Flugverkehrs, über Kraftfahrzeuge mit geringerem Verbrauch und durch Einsatz von Solarstrom zu unterstützen.
Der brasilianische Theologe Frei Betto kritisiert diese Politik daher sehr energisch: "Angesichts des Hungers in der Welt ist die Produktion von Agrosprit unverantwortlich und unmenschlich."

Literatur:
Caritas International (Hrsg.): Volle Tanks - leere Teller - Der Preis für Agrarkraftstoffe: Hunger, Vertreibung, Umweltzerstörung, Lambertus 2007

Link:
http://www.biofuelwatch.org.uk/

Ein (kleines) Handlungsangebot:
Dies  Flugblatt zur Weitergabe an Tankstellenpächter kann man auch bei  Regenwald.org herunterladen.

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