23.8.10

Prüfungen

Ich persönlich habe etwas gegen punktuelle Prüfungen:
Da gibt es Leute mithervorragenden Fähigkeiten und chronischer Prüfungsangst, denen im patriarchalischen System noch mit Tricks zu helfen war, die aber in Prüfungsmaschinerien hoffnungslos untergehen.
Da gibt es Referendare, die sich als empathisch, informiert und engagiert erwiesen haben, in der Prüfungslehrprobe aber aufgrund von Aufregung bei einer entscheidenden Weichenstellung der Stunde total einbrechen.
Da gibt es ... zum Beispiel auch Schüler, die bei Nachprüfungen nachweisen sollen, dass sie endlich begriffen haben, dass sie Lernen und Arbeiten auch ernst nehmen müssen, die dann auch einiges davon verstanden haben und dann doch scheitern.
Ungerecht ist das Prüfungsergebnis, weil der deutliche Lernzuwachs nicht zur Geltung kommt. (Ich war selbst schon enttäuscht, wenn ich als Nachhilfelehrer erstes Interesse an einem Fach wecken konnte und dann doch die Prüfung danaben ging.) Aber: Ist nach einem Jahr unzureichender Leistungen (im vom Spiegel vorgestellten Fall in mehreren Fächern) der Nachweis, dass in einem Fach mit Nachhilfe etwas gelernt wurde, Beweis dafür, dass es im kommenden Jahr besser laufen wird als in den vorhergehenden?
Mag sein, das System von Versetzen und Sitzenbleiben ist falsch. Aber punktuelle Prüfungen werden notwendigerweise immer wieder ungerechte Ergebnisse produzieren. Ungerecht kann auch sein, dass jemand Jahr für Jahr nicht lernt und dann in den Sommerferien von hervorragenden Lehrern prüfungsfit gedopt wird.

Ein Beispiel für den Vorzug punktueller Prüfungen:
Eine Schülerin erzielte stets gute Noten in Geschichte, weil sie vor den Klausuren alles gut durchlas und dann fast auswendig beherrschte.
Beim Abitur nahm sie sich erstmals die Zeit, sich ausführlich mit einem Thema zu befassen. Sie verstand etwas Wesentliches und schnitt hervorragend ab. Seitdem beschäftigt sie sich nicht mehr mit Geschichte. - Aber, sie hat etwas Wesentliches verstanden. Dafür hat sich die Prüfung geleohnt.

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