Ich greife die Anregung von Cornelie Picht und Julian Grandke auf, an einer Social Learning Blogparade teilzunehmen, und beginne mit den ersten beiden Fragen:
Was verstehe ich unter Social Learning?
(Die 3 wichtigsten Kennzeichen)
Meine erste Reaktion, wenn ich diese Frage lese, ist, in der Wikipedia oder bei einem der Blogs, die über Social Learning schreiben, also bei "Experten" nachzusehen. Dabei weiß ich, dass in der Wikipedia meist keine Experten schreiben und die, die Experten sind, immer, was andere schreiben, wiedergeben sollen, nicht, was sie selbst wissen. Und auch, dass für diese Blogparade die Devise ausgegeben worden ist, es gäbe keine Experten für Social Learning.
Also schnell mein erstes Kennzeichen: Zusammenarbeit
Bei meinen ersten Schritten mit der Wikipedia hatte ich meinen Inhalt vollständig eingegeben, nur wusste ich nicht, wie ich ihn speichern sollte. Ich habe meinen Sohn angerufen, der hat mir gesagt, worauf ich klicken sollte und woran ich die Speicherung erkennen würde.
Dann wurde ich gefragt, ich arbeitete in der mittelalterlichen Geschichte, ob ich nicht auch ...
Als ich mit Wikipediamethoden (ein anderes Kapitel) dazu gebracht worden war, eine Nacht lang einen Artikel völlig umzubauen, fand sich bald jemand, der das begleitete. Alle weiteren größeren Änderungen haben wir nur in gegenseitigem Einvernehmen unternommen.
Nun ist, sich helfen lassen, und mit anderen zusammen zu arbeiten zwar Lernen im sozialen Kontext, aber nicht das, was der englische Fachausdruck mir an Assoziationen weckt.
Daher mein zweites Kennzeichen: Lernen im Internet
Zusammenarbeit bestimmt den größten Teil unseres Lebens, aber nur im Internet ist es möglich, ohne größeren Aufwand Arbeitspartner zu finden.
Als ich ein deutsches Wort vom Anfang des 19. Jahrhunderts, das damals noch keine Suchmaschine kannte, ins Wiktionary einfügte und nicht recht damit zurechtkam, flugs hals mir ein Zwölfjähriger auf die Sprünge.
Die Entzifferung eines Manuskripts aus dem frühen 19. Jahrhundert hatte ich lange betrieben, erst Bekannte von der Wikipedia machten es möglich, dass eine Edition bei Wikisource daraus wurde. Dabei haben sie mir so viel beigebracht, dass ich glaube, die Hauptarbeit daran selbst getan zu haben. In der Tat, was gelernt.
Als drittes Kennzeichen wähle ich: Lernen in lockerer Gemeinschaft
Wenn ich von meiner Frau, meinen Kindern, meinem Freund, von meinen Arbeitskollegen etwas lerne, so tue ich das in einer dauerhaften Verbindung. Im Internet findet man sich zu einer Zusammenarbeit oder an einer Lernaufgabe und verlässt sich, wenn diese abgeschlossen ist. Es bleiben freilich mehr oder minder lockere Verbindungen (manche können sich sogar zu dauerhaften auswachsen), die man reaktivieren kann, wenn es um eine neue Aufgabe geht.
Welche Tools und Methoden haben mich begeistert?
(Beim Lernen, in der Lehre, im Training)
Keine.
Begeistert hat mich von Anfang an, die Möglichkeit, anderen etwas anzubieten, was sie nutzen können oder auch nicht. Dass ich niemanden zu motivieren brauche, Material, das ich ins Internet einstelle, zu verwenden.
Wenn ich also doch ein Instrument nennen soll, so wäre es das Internet. Ich glaube aber nicht, dass man im Kontext des Social Learnings das Internet als Tool versteht.
Dann natürlich die Wikipedia. Auch kein Tool, sondern ein großartiges Gemeinschaftsunternehmen, an dem mich fasziniert hat, dass man mit sehr schwachen Kraften etwas sehr Großartiges, was über die Leistungsfähigkeit eines Genies hinausgeht, noch verbessern kann.
Dann habe ich einen Blog angefangen. Hat er mich begeistert? Natürlich erlaubte er mir sehr viel einfacher als meine Homepage, Inhalte ins Netz zu stellen. Aber das war für mich lange kein großer Unterschied.
Erst als ich durch cspannagel in den Hype um Lernen durch Lehren von Jean-Pol Martin gezogen wurde (den und LdL schätzte ich schon länger), merkte ich, dass sie nicht nur Rückmeldungen und das Knüpfen von Kontakten erlaubten, sondern dass man dabei ausführlichen Diskussionen folgen und in diese neue Aspekte einbringen konnte. Also Blogsoftware und die Kommentarfunktion sind mir wichtig, ja.
Gegenüber Twitter war ich misstrauisch, habe meinen Account dort auch einige Zeit ruhen lassen, doch inzwischen habe ich mehrere Accounts aufgemacht, die ich zwar fast durchweg sehr vernachlässige, aber auf Twitter verzichten würde ich ungern.
Facebook lehne ich ab. Die Beseitigung von Privatheit (dazu jetzt auch Computerbild), die Facebook aggressiv betreibt, widerspricht m.E. eindeutig dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Und die ist mir wichtiger als die vielen schönen Instrumente, mit denen das Internet soziales Lernen erleichtert. Wenn Social Learning nur in einer Gesellschaft möglich wäre, in der die Regeln von Facebook gelten, würde ich darauf verzichten.
Ich weiß etwas über die Möglichkeiten, auch bei Facebook eine gewisse Datenautonomie zu erhalten, ohne mich darin wirklich auszukennen. Wer Experte ist, wird vermutlich auch bei Facebook noch seine informationelle Selbstbestimmung erhalten können, zumal wenn er aus bewusster Entscheidung seine Privatsphäre energisch beschränkt oder auch ganz aufgibt.
Weil Facebook aber so leicht zugänglich ist, dass es auch dem in Datenschutz ganz Unbefangenen den Zugang erlaubt, hat es für mich dieselbe moralische Integrität wie die Stasi. Die war (als Organisation, nicht alle Mitglieder) auch davon überzeugt, dass ihr System richtig sei.
Weitere Tools? Natürlich braucht man viele, manche weniger als andere. Doch das führte mir zu weit.
Hier der Ort, wo die anderen Beiträge zur Blogparade gefunden werden können.
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