22.10.11

Social Learning Blogparade 4 - Subjektive Antworten auf Nathanaels Fragen

Dieser Beitrag zur Blogparade bezieht sich nicht auf die anfangs gestellten Fragen, sondern auf die Fragen vom Blog Nathanael Daillard, die erst im Laufe dieser Blogparade aufgekommen sind:
Frage: "Meint Social Learning etwa, dass ich mir einen Artikel auf einem Blog lese und daraus etwas lerne?" 
Meine Antwort: Nein
"Oder ich einen Schluss aus einem bestimmten Tweet bei Twitter ziehe?" 
Nein
"Oder meint Social Learning nicht einmal das Internet sondern einfach das Lernen in Gruppen?"
Nein
"Oder ist es die Interaktion und Kommunikation mit anderen Menschen, unabhängig ob online oder offline, woraus ich dann meine Schlüsse ziehe und somit etwas lerne?"


Es ist nur die online-Kommunikation, aber von dieser eben nicht nur das Schlüsse ziehen, sondern vor allem das Mitdenken und Weiterdenken des Gehörten/Gelesenen  mit der Rückkopplung auf den, der die erste Aussage gemacht hat, und all die, die auf sie reagiert und sie weitergedacht haben.  Das heißt, dass Social Learning die Ausweitung der offline-Denkpartnerschaften ins Netz und daher ihre potentielle Vervielfachung darstellt.
Während wir bei der Buchlektüre den Gedanken des Autors sehr intensiv nachgehen können, als Normalleser aber keine Rückmeldung des Autors erhalten, ob wir ihn richtig verstanden haben, können wir beim Social Learning die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Gedankenaustausch (Formulierung in Anlehnung an Kleist) beobachten, nicht selten sogar auch als nur stille Beobachter einer Blog-, Twitter-, Facebook- oder Google+-Diskussion. 


Ein Beispiel, was für eine zeit- und gesprächskontextversetzte Kommunikation das Internet möglich macht, liefert ein Twittergespräch über Wissenschaft, das zunächst ein Zwiegespräch über die Äußerung eines Dritten ist, der daran nicht beteiligt ist, dann aber sich interessanter Weise ausweitet (zum vollständigen Wortlaut hier): 
Das Gespräch vom 11.8.2009 ging von einer Äußerung aus, die Jean-Pol Martin, in der Community Bildungswissenschaftler 2.0 auf der Plattform mixxt.de getan hatte (vgl. erster Link im Gespräch).


Filterraum#wissenschaftler "...teilweise erscheint ihnen die Realität lästig und störend" http://bit.ly/a0cUJ
Fischblog@Filterraum Kann man da antworten? Bei den Papers, die ich so lese, steht jedenfalls vorne immer dabei, was neu und relevant ist #abstract
Filterraum@Fischblog ich kann da nicht intern antworten da kein wissenschaftler, du ja weil wissenschaftler. einfach anmelden =)
An dieser Stelle hat der am Gespräch bisher unbeteiligte berndweiss mitgelesen und schaltet sich ein:
berndweiss@Fischblog Hat mich auch schon gestört, aber @jeanpol schränkt es ja etwas ein: "Natürlich wird es meist getan, aber der...".
Filterraum und Fischblog lassen sich aber in ihrem Zwiegespräch nicht stören, auch als berndweiss sich ein zweites Mal einschaltet und dabei zoonpolitikon ins Gespräch zieht:
Fischblog@Filterraum Von der Wissenschaft die ich kenne ist das nicht einmal ein Zerrbild.[2] [...]
Fischblog@Filterraum Inwiefern? Methodisch driften Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften doch immer stärker auseinander.
berndweiss@Fischblog Nö, zumindest für Teile der Sozialwissenschaften gilt, dass sie sich immer stärker auf die Naturwissenschaften zubewegen.
zoonpolitikon@berndweiss @fischblog Woraus schliesst ihr das? Ich sehe keine eindeutigen Trends (zumindest in den Sozialwissenschaften).
zoonpolitikon@berndweiss Ev. in den Politikwissenschaften historisch etwas anders (Bauchgefühl). Höhepunkt des Quantitativen war in den 50er und in US.
zoonpolitikon@berndweiss Rational Choice schon lange dominant. Statistik und RAT meines Erachtens seit Jahrzehnten stabil. I guess that is where I sit.
zoonpolitikon@berndweiss Vielleicht einmal einen Blogeintrag wert, wie das in den Internationalen Beziehungen aussieht. Danke für die Idee.
Filterraum@Fischblog in dem sinne "dass die Menschen verstandesmäßig nicht mehr folgen können" http://bit.ly/c7VVD #singularität
Aus dem sich dabei ergebenden Gespräch von berndweiss und zoonpolitikon erhält letzterer eine Anregung, für die er sich beim ersten bedankt.
Rekapitulation: Jean-Pol Martins Äußerung hat Fischblog verärgert, der sich darüber mit Filterraum unterhält, was berndweiss dazu veranlasst ein Gespräch zu suchen, das nicht angenommen, aber von zoonpolitikon wahrgenommen wird und diesen anregt. Der Anstoß für die Anregung zoonpolitikons ging also von Jean-Pol aus, der von alledem nichts gewusst hat. Das nenne ich Social Learning.
Am Schluss des Gesprächs schaltet sich jeanpol ein, macht erst dadurch Fischblog auf berndweiss aufmerksam, und es kommt zu einem Dreiergespräch, das vermutlich auch von Filterraum mit verfolgt wird. Aber das weiß man nicht.

Ein am Gespräch unbeteiligter Beobachter (Fontane44) dokumentierte es und schrieb dazu auf der Diskussionsseite des Wikiartikels:

Benutzer:Jeanpol hatte etwas über Wissenschaft geschrieben und einige Twitterkommentare dazu aufgegriffen. (Über Wissenschaftler). Benutzer:Cspannagel fragte dort nach, ob Jeanpol nicht weitere Gesprächsbeiträge nachtragen könne. Dieser tat das. Mir fiel auf, dass das Gespräch noch etwas weitere Kreise gezogen hatte, und dokumentierte hier das von mir beobachtete Gespräch. Darauf teilte mir der Twitterer berndweiss mit, dass ich die Beiträge von zoonpolitikon übersehen hatte, weil ich ihm nicht folge. Auf diesen Hinweis hin habe ich diese Beiträge nachgetragen.
Aus der Art der Gesprächsführung lässt sich darauf schließen, dass (so wie ich) nicht alle Gesprächsteilnehmer das Gesamtgespräch mitverfolgt haben. Das lässt Rückschlüsse auf Twitterkommunikation allgemein zu.[1][2].

Aus den Anmerkungen lässt sich schließen, dass Fontane44 dazu veranlasst wurde, eine Dissertation von Duncan Watts zu rezipieren. Alles Folge der ersten Ausgangsäußerung von Jean-Pol Martin, die ihn ohne Fischblogs Verärgerung vielleicht zu gar nichts angeregt hätte. Nochmals, das ist in meinen Augen Social Learning. (Und ohne die Bloparade hätte ich dies bestimmt nicht geschrieben!)

Hier der Ort, wo die anderen Beiträge zur Blogparade gefunden werden können.

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