Um das Deutsche lebendig zu erhalten, brauchte weder die Aufnahme von Fremdwörtern gestoppt zu werden noch müssten alle energisch eingedeutscht zu werden.
Es müßte in den von der Anglisierung betroffenen gemeinsprachlichen Bereichen nur die Menge der Codesprünge vermindert werden, so daß insgesamt der deutsche Code gefestigt würde. Hier eine Übersetzung, dort eine lautliche oder orthographische Anpassung, mit dem Ziel, die zugereisten Wörter in sämtlichen grammatischen Zusammenhängen frei gebrauchen zu können - schon das würde viel bewirken.Zimmer glaubt freilich nicht recht daran, dass dies gelingen kann, denn das setze ja "den gemeinsamen Willen voraus, das Deutsche an der deutschen Sprache zu erhalten". Dieser Wille aber sei "nicht vorhanden" und wo er vorhanden sei, würde er "sofort als Deutschtümelei ausgepfiffen".
(Zimmer: Deutsch und anders, S.85)
Das schrieb er, bevor die Debatte um die deutsche Leitkultur ausgebrochen war und bevor Angela ein Ende von Multikulti ansagte, wobei beide Male die deutsche Sprache nicht mit in den Blick kam. Dennoch scheint mir seine Skepsis angebracht, wenn auch nicht totale Resignation.
Wer hat schon die sprachliche Sensibilität, die 10 Veränderungen der deutschen Sprache, die er anführt, zu erkennen (das tun relativ viele) und die Gefährdung, die dem Deutschen aus diesen Veränderungen erwächst zu erkennen.
Welche Veränderungen mögen das wohl sein? Nicht die massenhafte Einreise von Wörtern, auch nicht die Übernahme idiomatischer Redeweisen wie "das macht Sinn", sondern ...
Hier mag man nachdenken, bei Zimmer nachschlagen oder auf meinen nächsten Beitrag warten.
Nachsatz:
Angela Merkel hat schon früh betont, dass Ausländer Deutsch lernen müssten. Insofern war Deutsch im Zusammenhang von Leitkultur und Multikulti sehr wohl im Gespräch. Aber dass den Deutschen in ihrer Gesamtheit die Fähigkeit verloren gehen könne, sich der Bildungsregeln des Deutschen sicher zu sein, das kam in diesen Diskussionen nicht zur Sprache.
2 Kommentare:
Seit 1970 bin ich der meinung, dass wir weltweit nur eine sprache brauchen. Welche wird sich in den nächsten hundert jahren herausschälen. Verständigungsprobleme gibt es genug. Wenn die sprache als barriere entfällt, ist das schon ein problem weniger.
Besten Dank für den anregenden Kommentar!
Meiner Einschätzung nach würde dies Szenario freilich einen gewaltigen Kulturumbruch bedeuten, für lange Zeit Milliarden von Menschen von der Kultur ihres Landes trennen und den "native speakers" der Einheitssprache einen enormen politischen Vorteil bringen.
Und mit Fundamentalisten jeglicher Art würde die Verständigung vermutlich um keinen Deut besser. Was hilft es Obama, dass er die englische Sprache weit besser beherrscht als die meisten seiner Landsleute? Sie wollen ihn trotzdem nicht verstehen, und vermutlich können sie es sogar auch gar nicht.
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