In den vorhergehenden Beiträgen habe ich darauf hingewiesen, dass die deutsche Sprache durch mancherlei Veränderungen gefährdet ist.
Welche Änderungen sind das wohl? Dieter E. Zimmer führte in seinen Beiträgen von 1995 bis 1997 u. a. folgende Veränderungen an:
1. Mal werden Wörter übersetzt, mal nicht.
Das ist im Grunde natürlich richtig, weil manche Wörter unübersetzbar sind und ihre Bedeutung nur recht aufwendig erklärt werden kann, wenn überhaupt.
Problematisch wird es aber, wenn Wörter wie backup und restore beibehalten werden, obwohl es gute deutsche Entsprechungen gibt (sichern und wiederherstellen), dafür aber kaum übersetzbare in unverständliches Deutsch übertragen werden. So etwa, wenn smart decoy mit "Köder" Kopie wiedergegeben wird.
2. Manchmal werden ähnlich klingende Wörter aus dem Deutschen gewählt, die aber eine andere Bedeutung haben. Dann bleibt die "Übersetzung" so lange unverständlich, bis das deutsche Wort die neue Bedeutung mit aufgenommen hat und dadurch freilich missverständlicher wird. Ein Beispiel dafür ist die Wiedergabe von restore mit restaurieren statt mit wiederherstellen.
3. Richtig kritisch kann es dann werden, wenn die englische Idiomatik übernommen wird.
Relativ harmlos ist es, wenn man statt "Goethe wurde 1749 geboren" schreibt "in 1749". Auch wenn man Katzen und Hunde regnen lässt, ist es eher lustig als missverständlich. Aber wenn man "danke für diese Anweisungen" liest und gemeint ist "dank dieser Anweisungen", dann wird es schon schwieriger.
4. Die nächste Änderungstendenz greift noch tiefer in die Sprache ein, da sie sogar die Syntax verändert.
Das zeigt sich am stärksten bei den Adjektiven. Manchmal wird die englsche Umschreibung der Steigerungsformen übernommen: das ist mehr interessant, am meisten nützlich. Hufiger ist freilich die Schaffung von Scheiandjektiven, indem zusammengesetzte Wörter (Komposita) wie Standardtreiber auseinandergenommen und im ersten Bestandteil klein, im zweiten groß geschrieben werden: standard Treiber.
Bei Bildungen wie Urlaub exklusiv ist dann noch nicht einmal klar, ob das klein geschriebene exklusiv Adjektiv oder Adverb sein soll. Es geht aber auch noch anders: Aus der Film ist Klasse, der Comic ist Spitze wird der klasse Film, der spitze Comic. Obwohl diese Scheinadjektive von ihrem Ursprung als Substantive eine Endung bei sich tragen, sind sie aber nicht deklinierbar, also Fremdlinge in der deutschen Spache.
5. Änderung der Aussprache innerhalb eines Wortes, manchmal sogar mehrmalige Änderung; vgl. Lifestyle-Debut-Plan (englisch-französisch-deutsch).
6. Auseinandernehmen zusammengesetzter Substative und unverbundenes Nebeneinanderstellen der Bestandteile; vgl. Windows Anfänger.
7. Demgegenüber harmlos ist die Bezeichnung der ursprünglichen Wortgrenzen durch Binnengroßbuchstaben; vgl. LandesBank, InterCityTreff.
8. Einführung des englischen sächsischen Gentivs nicht nur bei Namen (Rita's statt Ritas), sondern auch bei anderen Substantiven (Manager's statt Managers), vereinzelt sogar anstelle eines Plurals (Auto's statt Autos).
9. Völlig ungrammatische Setzung von Kommata, die ganz am zufälligen Sprechrhythmus orientiert ist; vgl. Für, in der Shell installierte Objekte.
10. Völlig unmotiviertes Auseinanderreißen von Wörtern durch mangelhafte Trennprogramme: Bluter-güsse, Kreb-stiere, Waldst-erben.
Ich habe hier nicht alle Änderungen angeführt, die Zimmer 1995 in der Übersetzung eines Computerhandbuchs entdeckte und die er in einem Aufsatz über das Deutsch von morgen anführte, dafür aber andere aus seinem Buch von 1997 Deutsch ist anders - die Sprache im Modernisierungsfieber. Auch habe ich, wo sie mir aussagekräftiger erschienen, eigene Belege verwendet und die Reihenfolge der Veränderung gemäß der Wichtigkeit, die sie in meinen Augen haben, umgestellt.
Freilich hat es auch Vorzüge, wenn Sprachen sich vereinheitlichen. Wer wollte heute noch beklagen, dass Luther mit seiner Bibelübersetzung den wesentlichen Schub zur Schaffung eines einheitlichen Schriftdeutschen geleistet hat.
Warum sollten also Wörter, die sich auf neuste weltweite Entwicklungen beziehen, sich nicht weltweit gleichen. Gefährlich wird es aber, wenn einer Sprache die Baugesetze verlorengehen, so dass man vom Verstehen mehr und mehr zum Raten übergehen muss. Insofern kann ich Jean-Pol Martin zustimmen, wenn er in seinem Kommentar sagt: "Verständigungsprobleme gibt es genug." - Man sollte nicht mehr als nötig hinzufügen.
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