Wenn man von Schülern hört, die im Regelschulsystem gescheitert sind und durch besondere Förderung wieder Selbstbewusstsein und Leistungsfähigkeit entwickeln, dann kann man Zweifel an der Weisheit der allgemeinen Durchsetzung von Inklusion entwickeln.
Es ist ähnlich wie beim Atomausstieg: Wenn man trotz geltender Rechtslage jahrelang darauf spekuliert hat, dass es schon nicht dazu kommen wird und deshalb nichts - oder doch viel zu wenig - dazu getan hat, die Umstellung vorzubereiten, dann kann man nicht kostenneutral von Knall auf Fall umstellen.
Es gibt großartige Erfolge bei der Integration von Behinderten seit Helen Keller. Meist erforderten sie besondere Anstrengungen. Mit gutem Willen und rechtlichen Regelungen allein ist es nicht getan.
Ein paar eindrucksvolle Beispiele bringt Spiegel online:
"Ich glaube nicht daran, dass man im gemeinsamen Unterricht immer allen gerecht werden kann", sagt Lisa Leifheit vom Selbsthilfeverein Selbstständigkeitshilfe bei Teilleistungsschwächen (SetH) in Münster; es wäre aber viel mehr möglich, wenn alle Förderungsmöglichkeiten genutzt würden.
Vgl. auch: Inklusion zwischen Anspruch und Wirklichkeit 29.2.12
Gemeinsam anders. Ein Besuch in Südtirol 11.6.12
24.2.12
Seniorensicherung
Man kennt die Kindersicherungen, die verhindern sollen, dass Kinder sich beim laufenden Betrieb eines Gerätes gefährden.
Seit einigen Jahren gibt es auch eine Seniorensicherung. Sie soll offenbar durch eine Fitnessprüfung sicherstellen, dass Senioren keine Selbstversorgung mehr versuchen, wenn sie gewisse Mindestqualifikationen nicht erfüllen.
Man kennt es von Gebrauchsanleitungen, die extrem klein gedruckt sind und deren deutsche Fassung aus einem Handbuch in 37 Sprachen herausgefunden werden muss. Eine Fortentwicklung sind die 200 Seiten starken Gebrauchsanleitungen, die nur aus dem Internet bezogen werden können, die also als Lektürevoraussetzung Internet- und Druckerzugang erfordern.
Aber auch Lebensmittel sind nicht selten so gut verschweißt, dass sie ohne Schere zu öffnen über 70-Jährigen nur in Ausnahmefällen gelingt.
Besonders einfallsreich ist die Verpackung von Medikamenten organisiert. Immer wieder sind sie durch Folien so sorgsam eingeschweißt, dass man auf der einen Seite erheblichen Druck ausüben muss, während man gleichzeitig auf der gegenüberliegenden Seite sorgfältig sichert, damit die Pille nicht herauskatapultiert und tief unter das nächststehende Möbelstück geschossen wird.
Betrügerische Senioren halten nicht nur Scheren, Messer und Stechbeitel parat. Manche arbeiten mit einer Kombination von Zangen, andere verwenden unfairerweise Tücher als Fangnetze. An der Seniorensicherung muss also noch weiter gearbeitet werden.
Seit einigen Jahren gibt es auch eine Seniorensicherung. Sie soll offenbar durch eine Fitnessprüfung sicherstellen, dass Senioren keine Selbstversorgung mehr versuchen, wenn sie gewisse Mindestqualifikationen nicht erfüllen.
Man kennt es von Gebrauchsanleitungen, die extrem klein gedruckt sind und deren deutsche Fassung aus einem Handbuch in 37 Sprachen herausgefunden werden muss. Eine Fortentwicklung sind die 200 Seiten starken Gebrauchsanleitungen, die nur aus dem Internet bezogen werden können, die also als Lektürevoraussetzung Internet- und Druckerzugang erfordern.
Aber auch Lebensmittel sind nicht selten so gut verschweißt, dass sie ohne Schere zu öffnen über 70-Jährigen nur in Ausnahmefällen gelingt.
Besonders einfallsreich ist die Verpackung von Medikamenten organisiert. Immer wieder sind sie durch Folien so sorgsam eingeschweißt, dass man auf der einen Seite erheblichen Druck ausüben muss, während man gleichzeitig auf der gegenüberliegenden Seite sorgfältig sichert, damit die Pille nicht herauskatapultiert und tief unter das nächststehende Möbelstück geschossen wird.
Betrügerische Senioren halten nicht nur Scheren, Messer und Stechbeitel parat. Manche arbeiten mit einer Kombination von Zangen, andere verwenden unfairerweise Tücher als Fangnetze. An der Seniorensicherung muss also noch weiter gearbeitet werden.
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22.2.12
Einig gegen rechtsextremistischen Terror?
Nicht sehr oft bin ich mit Kultusministerin Dorothea Henzler einer Meinung. In diesem Fall bin ich's allerdings. Deshalb darf ich sie zitieren.
Als wir hier standen, kamen immer mehr Leute dazu. Wir haben länger gestanden als eine Minute, und wir waren noch nicht so viele, dass wir ganz sicher waren, "dass die Gesellschaft sich einig ist im Gedenken an die Opfer".
Manchmal liegt mir gar nicht so sehr daran, Nonkonformist zu sein.
Am 23. Februar 2012 wird der Opfer des rechtsextremistischen Terrors in einem Staatsakt gedacht. Arbeitgeber und Gewerkschaften rufen an diesem Tag bundesweit zu einer Schweigeminute um 12.00 Uhr auf. Die Hessische Kultusministerin Dorothea Henzler hat den Schulen empfohlen, sich „in der ihnen als geeignet erscheinenden Form an dem Gedenken und der Aktion der Sozialpartner zu beteiligen.“
„Die Gedenkveranstaltung in Berlin und die bundesweite Schweigeminute sind ein wichtiges Zeichen dafür, dass die Gesellschaft sich einig ist im Gedenken an die Opfer, in der Solidarität mit ihren Familien und Freunden und in der entschiedenen Ablehnung von rechtsextremistischer Ideologie und rechtsextremistischer Gewalt
Als wir hier standen, kamen immer mehr Leute dazu. Wir haben länger gestanden als eine Minute, und wir waren noch nicht so viele, dass wir ganz sicher waren, "dass die Gesellschaft sich einig ist im Gedenken an die Opfer".
Manchmal liegt mir gar nicht so sehr daran, Nonkonformist zu sein.
Disziplin durch Prügel?
Als in den Befreiungskriegen die preußischen Freiwilligenheere gegen Napoleon in den Krieg zogen, zweifelten die alten Offiziere der Armee Friedrichs II., ob unter diesen Soldaten ohne Gassenlaufen Manneszucht zu halten sei.
Ganze Generationen der männlichen britischen Elite sind in den Internaten der Public Schools der offiziellen Disziplinierung durch ihre Mitschüler unterworfen gewesen, nicht zuletzt der Prügelstrafe.
Jeder Karl-May-Leser kennt die Prügel, die der friedliebende Old Shatterhand an seinen Gegnern zu ihrer Bestrafung vollziehen lässt. Es widerspricht ihrer Ehre, aber etwas Nilpferdpeitsche, zumindest als Androhung, gehört im Orient auch für Kara Ben Nemsi zu den Methoden, sich bei Widerspenstigen Respekt zu verschaffen.
Vielleicht fragen sich manche aus der älteren Generation auch noch, ob nicht ein Rohrstock oder eine Ohrfeige ein gutes Erziehungsmittel sein könnten, das bei quirligen, quengelnden Kindern gesünder wäre als Ritalin.
Nicht nur für die, sondern für alle, die keine eigenen Refahrungen mit Prügelstrafe gemacht haben, ist das Buch "Die geprügelte Generation" von Ingrid Müller-Münch sicher lehrreich.
Mehr dazu findet man auf ihrem Blog ( http://gepruegelte-generation.de/)
Ganze Generationen der männlichen britischen Elite sind in den Internaten der Public Schools der offiziellen Disziplinierung durch ihre Mitschüler unterworfen gewesen, nicht zuletzt der Prügelstrafe.
Jeder Karl-May-Leser kennt die Prügel, die der friedliebende Old Shatterhand an seinen Gegnern zu ihrer Bestrafung vollziehen lässt. Es widerspricht ihrer Ehre, aber etwas Nilpferdpeitsche, zumindest als Androhung, gehört im Orient auch für Kara Ben Nemsi zu den Methoden, sich bei Widerspenstigen Respekt zu verschaffen.
Vielleicht fragen sich manche aus der älteren Generation auch noch, ob nicht ein Rohrstock oder eine Ohrfeige ein gutes Erziehungsmittel sein könnten, das bei quirligen, quengelnden Kindern gesünder wäre als Ritalin.
Nicht nur für die, sondern für alle, die keine eigenen Refahrungen mit Prügelstrafe gemacht haben, ist das Buch "Die geprügelte Generation" von Ingrid Müller-Münch sicher lehrreich.
Mehr dazu findet man auf ihrem Blog ( http://gepruegelte-generation.de/)
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18.2.12
Die Unauffälligen laufen Amok, nicht die als gewaltbereit Erkennbaren
In ihrem Buch "Amok. Ursachen erkennen – Warnsignale verstehen – Katastrophen verhindern" räumt Britta Bannenberg, Professorin für Kriminologie, zunächst mit zwei Vorurteilen auf, die allerdings zum Glück nicht mehr weit verbreitet sind:
1. Ein Amoklauf, wie er inzwischen wiederholt auch an deutschen Schulen aufgetreten ist (Winnenden, 2009, Erfurt, 2002 u.a.), ist keine Tat aufgrund eines unmittelbaren Affekts, sondern von langer Hand vorbereitet.
2. Wer an einen Amoklauf denkt, wirkt überhaupt nicht aggressiv, sondern sehr unauffällig. Und dennoch gibt es typische Kennzeichen eines Amokläufers, die schon Jahre vor der Tat darauf hindeuten, wer zum Amokläufer werden könnte. Und es gibt Mittel zur Vorbeugung.
Bevor sie darauf zu sprechen kommt, arbeitet sie freilich sorgfältig ab, was man über Amok sonst noch wissen sollte.
Das Buch ist hauptsächlich für Eltern und Lehrer gedacht, denn: „In der Schule ergibt sich das größte präventive Handlungspotential.“ (S.94) Weshalb das so ist, das ergibt sich aus der besonderen psychischen Konstitution potentieller Amokläufer und aus der Entstehung des Motivs für den Massenmord.
Potentielle Amokläufer sind zurückhaltend und still und haben erstaunlich oft Angst vor Gleichaltrigen, besonders vor körperlichen Auseinandersetzungen. In der Familie werden sie nicht vernachlässigt, oft haben sie Geschwister ohne psychische Probleme. Weil sie wenig aggressiv sind, schlagen sie bei Kränkungen nicht zurück, doch – und da beginnt die gefährliche Entwicklung – sie empfinden schon kleine Hänseleien und normale Kritik als schwer wiegenden persönlichen Angriff. Das wäre, wenn es ein Einzelfall bliebe, nicht weiter schlimm, denn die meisten Menschen reagieren gelegentlich überempfindlich. Problematisch wird es, wenn sich daraus eine narzisstische Persönlichkeitsstörung entwickelt, das heißt, dass der Betreffende sich für eine Ausnahmebegabung hält, die besonders viel Anerkennung verdiene. In diesem Stadium empfindet er schon jede normale Behandlung als Verkennung und als Beweis der Unwürdigkeit der anderen Menschen. Nicht der Narziss hat Defizite, sondern all die, die seine Ausnahmepersönlichkeit nicht erkennen oder ihn gar zu kritisieren wagen.
Da er auf diese Weise nie die Anerkennung erhält, die er verdient zu haben glaubt, träumt er davon, durch eine Ausnahmetat all seine Kritiker ins Unrecht zu setzen. In dieser Phase droht die Gefahr, dass er sich mit Amokläufern, von denen er hört, identifiziert, ihre Taten in Gedanken nachspielt und möglichst perfekt nachzuahmen versucht. Immer natürlich in der Vorstellung, einzigartig zu sein und keines Vorbildes zu bedürfen.
An dieser Stelle ist es verhängnisvoll, wenn er die Gelegenheit bekommt, monate- und jahrelang mit Computerspielen vom Typ Counterstrike und den vielfältigen Fortentwicklungen zu üben, sich in die Rolle des gnadenlosen Killers einzufühlen und mit Softairwaffen das virtuell Geübte auch in der Realität zu erproben. Denn dann fehlen ihm nur noch die echten, großkalibrigen Waffen, damit er auch ohne besondere körperliche Fähigkeiten zum Massenmörder werden kann.
Bei dieser letzten Schwelle ist es besonders gefährlich, wenn Väter Waffenbesitzer sind und ihre Waffen nicht ordnungsgemäß verwahren oder sogar den Sohn, weil es sonst so wenig Beziehungspunkte mit ihm gibt, in den Gebrauch der Waffen einführen.
Aufgrund dieser Analyse kann Britta Bannenberg ihre Empfehlungen zur Prävention geben.
Zunächst weist sie darauf hin, dass selbstverständlich niemand bei einem Zwölf- oder Dreizehnjährigen voraussagen kann, ob er einmal zum Amokläufer wird oder nicht. Aber jedes Kind und jeder Jugendliche, das oder der Angst vor Gleichaltrigen hat und der sich oft extrem benachteiligt fühlt, kann es gebrauchen, wenn seine Persönlichkeit gestärkt wird und wenn ihm Wege, zu Erfolgserlebnissen zu kommen, gezeigt werden. Also gelte es, so Bannenberg, besonders auf die unauffälligen und unzugänglichen Schüler zu achten und zu verhindern, dass sie sich ausgeschlossen fühlen. Dazu bedürfe es einer Atmosphäre gegenseitigen Verständnisses. An dieser Stelle verweist sie besonders auf Dan Olweus und sein Gewaltpräventionsprogramm.
Damit erschöpft sich das Buch freilich durchaus nicht. Was besticht, sind besonders die – anonymisierten – Beispiele von Texten, in denen sich später Amokläufer aussprechen, die Belege dafür, dass die meisten Amokläufer im Vorfeld irgendwie und oft erstaunlich genau darauf hinweisen, was sie vorhaben. Hier wird deutlich, wie viel Schüler zur Prävention tun können und wie wichtig es ist, dass diese Schüler Lehrer kennen, denen sie sich anzuvertrauen bereit sind.
Was das Buch zu einem praktischen Ratgeber macht, sind die Diagnoseinstrumente zur Beurteilung der potentiellen Gefährlichkeit von Personen, die Gewalttaten ankündigen, und die Hinweise, wie man sich auf einen Ernstfall vorbereiten und im Ernstfall vorgehen sollte. Schließlich die Ratschläge, wie man mit den von einem Amoklauf Betroffenen umgehen sollte (hier kommt PTBS zur Sprache). Nicht zuletzt die Hinweise, wie Massenmedien Nachahmungstäter anregen oder aber hilfreich Einfühlung in die Situation der Betroffenen ermöglichen können.
Alles in allem ist das Buch keine angenehme, aber eine lohnende Lektüre und für die, die Präventionsprogramme angehen, auch ein nützliches Nachschlagewerk.
Hinweise:
Dieser Artikel ist zuvor auf ZUM-Buch erschienen.
Interview mit Britta Bannenberg (ca. 5 Min.) (Dank an Ursel für den Tipp!)
Zu den Folgen eines aktuellen Amoklaufes
1. Ein Amoklauf, wie er inzwischen wiederholt auch an deutschen Schulen aufgetreten ist (Winnenden, 2009, Erfurt, 2002 u.a.), ist keine Tat aufgrund eines unmittelbaren Affekts, sondern von langer Hand vorbereitet.
2. Wer an einen Amoklauf denkt, wirkt überhaupt nicht aggressiv, sondern sehr unauffällig. Und dennoch gibt es typische Kennzeichen eines Amokläufers, die schon Jahre vor der Tat darauf hindeuten, wer zum Amokläufer werden könnte. Und es gibt Mittel zur Vorbeugung.
Bevor sie darauf zu sprechen kommt, arbeitet sie freilich sorgfältig ab, was man über Amok sonst noch wissen sollte.
Das Buch ist hauptsächlich für Eltern und Lehrer gedacht, denn: „In der Schule ergibt sich das größte präventive Handlungspotential.“ (S.94) Weshalb das so ist, das ergibt sich aus der besonderen psychischen Konstitution potentieller Amokläufer und aus der Entstehung des Motivs für den Massenmord.
Potentielle Amokläufer sind zurückhaltend und still und haben erstaunlich oft Angst vor Gleichaltrigen, besonders vor körperlichen Auseinandersetzungen. In der Familie werden sie nicht vernachlässigt, oft haben sie Geschwister ohne psychische Probleme. Weil sie wenig aggressiv sind, schlagen sie bei Kränkungen nicht zurück, doch – und da beginnt die gefährliche Entwicklung – sie empfinden schon kleine Hänseleien und normale Kritik als schwer wiegenden persönlichen Angriff. Das wäre, wenn es ein Einzelfall bliebe, nicht weiter schlimm, denn die meisten Menschen reagieren gelegentlich überempfindlich. Problematisch wird es, wenn sich daraus eine narzisstische Persönlichkeitsstörung entwickelt, das heißt, dass der Betreffende sich für eine Ausnahmebegabung hält, die besonders viel Anerkennung verdiene. In diesem Stadium empfindet er schon jede normale Behandlung als Verkennung und als Beweis der Unwürdigkeit der anderen Menschen. Nicht der Narziss hat Defizite, sondern all die, die seine Ausnahmepersönlichkeit nicht erkennen oder ihn gar zu kritisieren wagen.
Da er auf diese Weise nie die Anerkennung erhält, die er verdient zu haben glaubt, träumt er davon, durch eine Ausnahmetat all seine Kritiker ins Unrecht zu setzen. In dieser Phase droht die Gefahr, dass er sich mit Amokläufern, von denen er hört, identifiziert, ihre Taten in Gedanken nachspielt und möglichst perfekt nachzuahmen versucht. Immer natürlich in der Vorstellung, einzigartig zu sein und keines Vorbildes zu bedürfen.
An dieser Stelle ist es verhängnisvoll, wenn er die Gelegenheit bekommt, monate- und jahrelang mit Computerspielen vom Typ Counterstrike und den vielfältigen Fortentwicklungen zu üben, sich in die Rolle des gnadenlosen Killers einzufühlen und mit Softairwaffen das virtuell Geübte auch in der Realität zu erproben. Denn dann fehlen ihm nur noch die echten, großkalibrigen Waffen, damit er auch ohne besondere körperliche Fähigkeiten zum Massenmörder werden kann.
Bei dieser letzten Schwelle ist es besonders gefährlich, wenn Väter Waffenbesitzer sind und ihre Waffen nicht ordnungsgemäß verwahren oder sogar den Sohn, weil es sonst so wenig Beziehungspunkte mit ihm gibt, in den Gebrauch der Waffen einführen.
Aufgrund dieser Analyse kann Britta Bannenberg ihre Empfehlungen zur Prävention geben.
Zunächst weist sie darauf hin, dass selbstverständlich niemand bei einem Zwölf- oder Dreizehnjährigen voraussagen kann, ob er einmal zum Amokläufer wird oder nicht. Aber jedes Kind und jeder Jugendliche, das oder der Angst vor Gleichaltrigen hat und der sich oft extrem benachteiligt fühlt, kann es gebrauchen, wenn seine Persönlichkeit gestärkt wird und wenn ihm Wege, zu Erfolgserlebnissen zu kommen, gezeigt werden. Also gelte es, so Bannenberg, besonders auf die unauffälligen und unzugänglichen Schüler zu achten und zu verhindern, dass sie sich ausgeschlossen fühlen. Dazu bedürfe es einer Atmosphäre gegenseitigen Verständnisses. An dieser Stelle verweist sie besonders auf Dan Olweus und sein Gewaltpräventionsprogramm.
Damit erschöpft sich das Buch freilich durchaus nicht. Was besticht, sind besonders die – anonymisierten – Beispiele von Texten, in denen sich später Amokläufer aussprechen, die Belege dafür, dass die meisten Amokläufer im Vorfeld irgendwie und oft erstaunlich genau darauf hinweisen, was sie vorhaben. Hier wird deutlich, wie viel Schüler zur Prävention tun können und wie wichtig es ist, dass diese Schüler Lehrer kennen, denen sie sich anzuvertrauen bereit sind.
Was das Buch zu einem praktischen Ratgeber macht, sind die Diagnoseinstrumente zur Beurteilung der potentiellen Gefährlichkeit von Personen, die Gewalttaten ankündigen, und die Hinweise, wie man sich auf einen Ernstfall vorbereiten und im Ernstfall vorgehen sollte. Schließlich die Ratschläge, wie man mit den von einem Amoklauf Betroffenen umgehen sollte (hier kommt PTBS zur Sprache). Nicht zuletzt die Hinweise, wie Massenmedien Nachahmungstäter anregen oder aber hilfreich Einfühlung in die Situation der Betroffenen ermöglichen können.
Alles in allem ist das Buch keine angenehme, aber eine lohnende Lektüre und für die, die Präventionsprogramme angehen, auch ein nützliches Nachschlagewerk.
Hinweise:
Dieser Artikel ist zuvor auf ZUM-Buch erschienen.
Interview mit Britta Bannenberg (ca. 5 Min.) (Dank an Ursel für den Tipp!)
Zu den Folgen eines aktuellen Amoklaufes
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Amoklauf,
Britta Bannenberg
15.2.12
Weshalb jüdische Deutsche erfolgreicher waren als christliche, und schwarze Amerikaner nach der Anerkennung der Gleichberechtigung im Eifer nachließen ...
In the 50s and 60s, when integration was legally voted in, a number of black people stopped telling their children what they had been told, and all black children had been told in the US: that it all depends on you; you must get to school and you must go for As. After 1960 and for 10, maybe 20 years, the young people were let go. 'Go and have your own ideas and be eccentric. You don't have to go to school. Learn to dribble a ball.' It was pitiful. Grades that were fine in black schools sank to an embarrassing level." The malaise has since been addressed, she says. "People have awakened to the mistakes." (Das stellt Maya Angelou fest.)
Arthur Ruppin berichtete Anfang des 20. Jhs in "Der Anteil der Juden am Unterrichtswesen in Preußen":
Jüdische Schüler erreichten im Vergleich zu christlichen "rund acht Mal so häufig mittlere und höhere Schulabschlüsse" (Götz Aly: Warum die Deutschen? Warum die Juden?, S. 42).
Die Benachteiligung trieb die Eltern dazu, alles für den Schulerfolg ihrer Kinder zu tun. (vgl. Aly zu weiteren Gründen.)
Rezensionen zu Aly: FAZ, ZEIT, Welt, kulturradio.de
Anderswo werden Schüler dafür bezahlt, dass sie in die Schule gehen.
Ist Lernen um seiner selbst willen so schwer?
12.2.12
Christian Meier: Erinnern - Verdrängen - Vergessen
In seiner Schrift "Das Gebot zu vergessen und die Unabweisbarkeit der Erinnerung. Vom öffentlichen Umgang mit schlimmer Vergangenheit" zeigt Christian Meier in dem Aufsatz "Erinnern - Verdrängen - Vergessen" auf, dass in der europäischen Geschichte über 2000 jahre lang am Ende von Auseinandersetzungen wie Bürgerkriegen und Kriegen immer wieder ein öffentliches Gebot zu vergessen stand. An zahlreichen Beispielen aus der antiken griechischen Geschichte, deutlich pauschaler dann auch der mittelalterlichen und neuzeitlichen europäischen Geschichte weist er nach, dass diese Haltung bis zum Ende des 19. Jahrhunderts durchgängig vorhanden war. Als Begründung dafür findet er folgende Thesen:
1. Wenn man in Frieden zusammenleben will und nicht alte zu immer neuen Streitigkeiten führen sollen, dann muss einmal ein Schlusspunkt gesetzt werden.
2. Um des Friedens willen verzichtet man auf das Bestrafen von Unrecht auch darum, weil man weiß, dass die Gruppe der Verlierer fast jede Bestrafung von Beteiligten ihrer Gruppe als ungerecht und als Siegerjustiz empfinden würde.
3. Wenn politische Einheiten sich nicht vernichten können und in Frieden zusammen leben wollen, müssen sie sich gegenseitig respektieren.
4. Unrecht, das man im Auftrag eines Staates begangen hat, lässt sich besonders schwer einsehen, wenn man von der Rechtmäßigkeit der staatlichen Ordnung ausgeht.
5. Staaten können Unrecht offenbar besonders schwer zugeben, weil sie um ihre zukünftige Autorität besorgt sind.
6. Nach Neuanfängen ohne gegenseitiges Aufrechnen ist nicht nur nach Kriegen Bedarf. (Meier, S.45-47)
Gegenüber dem bis dahin in der Geschichte immer wieder eingeforderten Gebot des Vergessens kommt es nach Meier in Deutschland nach 1945 zu "einer welthistorisch völlig neuen Situation" (S.49).
In Nachkriegsdeutschland ab 1945 folgte auf die Bestrafung der Hauptverantwortlichen durch die Alliierten und das Scheitern einer Art vollständiger Säuberung zunächst eine Phase des Totschweigens.
Meier fragt, ob in der Phase bis 1958 "die Wahrheit über die NS-Vergangenheit wirklich zumutbar war. Wäre die damalige bundesrepublikanische Gesellschaft dadurch nicht stark überfordert gewesen? Wobei man sich streiten kann, ob sie überfordert war, weil sie verstockt, oder verstockt, weil sie überfordert war." (S.68)
Der Umschlag kam, als ein Verantwortlicher für Massenexekutionen auf Wiedereinstellung klagte.
"Indem einer allzu unverschämt auf das Vergessen baute, führte er das Ende der Vorherrschaft des Vergessens herbei." (S.70)
Dies ist der - nach Meier - welthistorisch neue Vorgang eines Versuchs der Aufarbeitung des Geschehens (das seiner Meinung nach freilich zu Unrecht oft "Vergangenheitsbewältigung" genannt wurde).
"Das Erstaunlich an diesem langgestreckten Prozeß der Erinnerungsarbeit war, daß sie - entgegen den vor allem auf "konservativer Seite" gehegten Befürchtungen - spätestens seit den neunziger Jahren den Deutschen als Vorzug angerechnet wird." (S.76)
"Wo es sich um Genozid handelt, wird mit aller Macht gegen das Vergessen anzukämpfen sein. Auch deswegen, damit nicht jemand wie Hitler aus dem Beschweigen des Mords an den Armeniern den Schluß zieht, man könne alles machen, ohne dafür büßen zu müssen." (S.89)
Der zweite Aufsatz des Bandes "Mentalitätsprobleme der deutschen Vereinigung" hat mit dem ersten das Thema "Vom öffentlichen Umgang mit schlimmer Vergangenheit" gemeinsam. Im Wesentlichen handelt er freilich von den Zumutungen, die auf die Bevölkerung der neuen Bundesländer nach der von ihr gewollten Vereinigung zukamen: "Was [...] auf die DDR-Bürger [...] zukam, war ungeheuerlich." (S.143)
Nachdem sich die sozialen Probleme seit der Finanzkrise bundesweit verschärfen, dürften sich diese Erfahrungen allerdings etwas relativieren. Vielleicht spielt auch eine Rolle, dass jetzt von den Griechen ähnliche Anpassungsleistungen verlangt werden, einfach aufgrund der Tatsache, dass ihr System wirtschaftlich weniger leistungsfähig ist.
Eine von Meiers Überlegungen zum Umgang mit schlimmer Vergangenheit sollte freilich besonders hervorgehoben werden:
"Aufarbeitung schlimmer Vergangenheit ist nicht nur ein rechtliches und intellektuelles Problem. [...] Im Falle der DDR kam der große Nachteil dazu, daß sich die Arbeit an ihrer Vergangenheit unter den Augen der Westdeutschen vollziehen mußte." (S.155)
Dieser Blick hat sicher zu Verzerrungen beigetragen. Einerseits, weil mancher aufgrund von Trotzreaktionen die alte DDR allzu nostalgisch verklärt, andererseits aber wohl auch, weil manche gelungene Verbindung von Anpassung und Widerstand in der DDR vom Westen her nicht zureichend nachvollzogen werden konnte.
Zur Kritik an Meiers Ansatz
In den vorliegenden Besprechungen ist manches kritisiert worden.
Am Wichtigsten erscheint mir, dass natürlich das Nichtvergessen über Jahrtausende der Normalfall war und das Gebot des Vergessens nur eine politische Forderung in Ausnahmefällen.
Dennoch scheint mir Meiers Hinweis darauf, dass das Gebot des Vergessens sinnvoll neben der Notwendigkeit der Erinnerung an Völkermord stehen sollte, sehr wichtig.
Zur Kritik an Meiers Ansatz
In den vorliegenden Besprechungen ist manches kritisiert worden.
Am Wichtigsten erscheint mir, dass natürlich das Nichtvergessen über Jahrtausende der Normalfall war und das Gebot des Vergessens nur eine politische Forderung in Ausnahmefällen.
Dennoch scheint mir Meiers Hinweis darauf, dass das Gebot des Vergessens sinnvoll neben der Notwendigkeit der Erinnerung an Völkermord stehen sollte, sehr wichtig.
Hinweis:
Dieser Artikel ist auch auf ZUM-Buch veröffentlicht worden.
10.2.12
"Unsere Hauptaufgabe ist, Wissen frei zugänglich zu machen"
Damit begründet Jimmy Wales den Eintages-Blackout der englischsprachigen Wikipedia in Protest gegen ACTA und SOPA, dabei seien die Wikipedianer als die größte Vereinigung von Urhebern selbstverständlich nicht gegen Urheberrechte.
Der (englische) Artikel in der Washington Post
Herr Larbig zum selben Thema
Netzkampagnen haben die Tendenz sich aufzuschaukeln. Das kann zu völlig überzogenen Reaktionen führen.
Im Fall von ACTA aber begrüße ich die energische Reaktion der Netzgemeinde. Auch wenn berechtigte Interessen geschützt werden sollen, die Methoden sind zu hilfreich für Netzsperren und zu problematisch im Sinne des Datenschutzes (vgl. hier).
11.2.12:
Anti-ACTA-Demonstrationen, weiterer Link
Der (englische) Artikel in der Washington Post
Herr Larbig zum selben Thema
Netzkampagnen haben die Tendenz sich aufzuschaukeln. Das kann zu völlig überzogenen Reaktionen führen.
Im Fall von ACTA aber begrüße ich die energische Reaktion der Netzgemeinde. Auch wenn berechtigte Interessen geschützt werden sollen, die Methoden sind zu hilfreich für Netzsperren und zu problematisch im Sinne des Datenschutzes (vgl. hier).
11.2.12:
Anti-ACTA-Demonstrationen, weiterer Link
9.2.12
An der Bildung wird nicht gespart: in Stanford
Die US-Uni Stanford sammelte laut Spiegel online in 5 Jahren über 6 Milliarden US-Dollar an Spenden ein.
Das sind die Folgen von privatem Reichtum. Die weiteren Folgen sind, dass zwischen US-Universitäten ein Klassenunterschied herrscht. Auf jeden Fall hinsichtlich des vorhandenen Geldes, daraus folgend aber auch darin, was für Bildung eingesetzt werden kann.
Das sind die Folgen von privatem Reichtum. Die weiteren Folgen sind, dass zwischen US-Universitäten ein Klassenunterschied herrscht. Auf jeden Fall hinsichtlich des vorhandenen Geldes, daraus folgend aber auch darin, was für Bildung eingesetzt werden kann.
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Bildung,
Bildungsgerechtigkeit,
Bildungsinvestition
8.2.12
Sind Sie auch zu oft im Katastrophenmodus?
In seinem neusten Buch "Lasst Kinder wieder Kinder sein! Oder: Die Rückkehr zur Intuition"
argumentiert Michael Winterhoff wie folgt:
Aus dieser Situation hilft nach Winterhoff keine Abarbeitung von gut gemeinten Ratgeber-Checklisten heraus, sondern nur die Erkenntnis über die Zusammenhänge und das bewusste Umlegen des Hebels, der in den Katastrophenmodus geführt hat. Der einzelne müsse wieder zu sich selbst kommen, damit er in sich ruhend aus Intuition heraus handeln könne. Doch, merkt Winterhoff an: "Gerade die Aktionen, von denen man sich eine Rückkehr zur Ruhe erhofft, werden am Anfang vielleicht die größte Unruhe auslösen." (S.174) Dadurch dürfe man sich aber nicht irre machen lassen und solle seinen eigenen Weg aus dem Katastrophenmodus verfolgen.
Meine vollständige Rezension des Buches findet man hier in der ZUM-Buch.
Reflexionen zur Veränderung der Menschen durch ständige medial vermittelte Kommunikation findet man hier.
argumentiert Michael Winterhoff wie folgt:
Die Menschen in unserer Gesellschaft werden von Katastrophenmeldungen überflutet und geraten dadurch in einen andauernden "Katastrophenmodus". Außerdem setzt die neue Wahlfreiheit (beim Konsum, bei der Partnerwahl und bei der Arbeitsplatzwahl) sie fortwährend unter Entscheidungsdruck. Überdies hat das elektronische "Netz der Verfügbarkeit" (S.65) die Grenze zwischen Arbeitszeit und Freizeit weitgehend aufgehoben (E-Mails, Handys etc.). So kommt der Einzelne nicht mehr aus dem "Hamsterrad" heraus. Und wenn die Psyche erst einmal in Dauerstress versetzt ist, entwickelt sie Beharrungskräfte, die diesen Zustand beizubehalten streben und jede Veränderung erschweren.
Aus dieser Situation hilft nach Winterhoff keine Abarbeitung von gut gemeinten Ratgeber-Checklisten heraus, sondern nur die Erkenntnis über die Zusammenhänge und das bewusste Umlegen des Hebels, der in den Katastrophenmodus geführt hat. Der einzelne müsse wieder zu sich selbst kommen, damit er in sich ruhend aus Intuition heraus handeln könne. Doch, merkt Winterhoff an: "Gerade die Aktionen, von denen man sich eine Rückkehr zur Ruhe erhofft, werden am Anfang vielleicht die größte Unruhe auslösen." (S.174) Dadurch dürfe man sich aber nicht irre machen lassen und solle seinen eigenen Weg aus dem Katastrophenmodus verfolgen.
Meine vollständige Rezension des Buches findet man hier in der ZUM-Buch.
Reflexionen zur Veränderung der Menschen durch ständige medial vermittelte Kommunikation findet man hier.
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