1.3.12

Gauck, Götz Aly und der Holocaust

Joachim Gauck hat in einem Vortrag von 2006 gesagt, für Menschen, die das "Koordinatensystem religiöser Sinngebung verloren haben" könne ein paradoxer und unbewusster "psychischer Gewinn" darin liegen, im Holocaust einen negativen Fixpunkt zu sehen.
Götz Aly verteidigt ihn in der ZEIT vom 1.3.12 gegen die daraufhin gegen ihn von Deniz Yücel in der taz erhobenen Vorwürfe.
Gerade weil ich manche Positionen von Gauck und manche von Aly für fragürdig halte - nicht zuletzt aufgrund der Art, wie sie sie begründen bzw. nicht begründen, möchte ich aussprechen, dass ich Gaucks Überlegungen als von einem christlichen Standpunkt her gut nachvollziehbar und Alys Verteidigung für berechtigt halte.
Übrigens auch deswegen, weil ich sonst nicht selten mit in der taz vertretenen Positionen übereinstimme.

Die inzwischen nachgeholten Links verdanke ich dem von Aly kritisierten taz-Artikel, der die von ihm kritisierten Aussagen Gaucks vorbildlich verlinkt und außerdem in seinem Beitrag im Zusammenhang wiedergibt.
Er verweist auch auf die Argumentation von Clemens Heni, die ihn offenbar angeregt hat und die Heni schon am 3.6.2010 in einem Blogbeitrag vorgetragen hat und in der er als Kern der Prager Deklaration von 2008 herausstellte:
"[...] der Holocaust war demnach kein präzedenzloses Verbrechen, der Antisemitismus der Deutschen und ihrer Helfer war nichts Besonderes, vielmehr ‚typisch‘ für ‚totalitäre Regime‘ wie dem Nazismus und Kommunismus. Der Holocaustgedenktag soll abgewertet bzw. ersetzt werden! Das sind das Ziel und die Konsequenz der neuen antisemitischen Bewegung in Europa und kaum jemand nimmt davon in Deutschland Notiz."(sieh Henis Beitrag!)
Die Erstunterzeichner der Prager Deklaration "der frühere Präsident der Tschechischen Republik Vaclav Havel, der ehemalige Leiter der Gauck-Behörde, Joachim Gauck, der frühere Präsident von Litauen Vytautas Landsbergis, der schwedische konservative Politiker Göran Lindblad, sowie die beiden tschechischen Politiker Jana Hybaskova und Martin Mejstrik" seien also Vertreter eines neuen Antisemitismus.
Heni begründet seine Behauptung mit der Aussage "Ohne den Kampf der Sowjetunion wäre der Holocaust nicht beendet worden". Danach wäre offenbar Kritik am Stalinismus eine Spezialform des Antisemitismus. Meiner Meinung nach eine allzu steile These.

Dies möchte ich festgehalten haben, damit meine Kritik an Positionen von Gauck und von Aly nicht in einen falschen Kontext gestellt wird.

Nachtrag vom 5.3.12:
Harry Nutt von der FR weist darauf hin, dass Yücel von der taz mit seiner Position durchaus nicht alleine steht, vertritt aber seinerseits auch die Position, dass Aly mit seiner Verteidigung Gaucks Recht hat.

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