Freie Tribüne
In Port-Gentil hört man Deutsch nicht so oft. Aber fließendes Deutsch von einem Schweißerlehrling scheint noch viel überraschender. Romeo, 28, hat die Schule in der 12. Klasse aufgegeben. Nach seinem großen Traum, mit Deutsch Karriere zu machen, ist die Wirklichkeit anders geworden. Unser Magazin hat ihn getroffen.
Nachbarschaft: Kannst du uns etwas von dir sagen?
Romeo: Danke. Ich bin Romeo, 28 Jahre alt. Ich stamme aus Kamerun und wohne jetzt in Gabun und besonders in Port-Gentil. Derzeit bin ich Schweißerlehrling.
N: Ein Schweißerlehrling, der aber Deutsch spricht und sogar fließendes Deutsch. Wieso?
R: Mein erster Kontakt mit Deutsch war in meinem Elternhaus in Kamerun. Damals war ich 10 Jahre alt. Meine Mutter hatte Deutsch in der Schule gelernt und sprach es gern. Regelmäßig hörte ich sie reden. In der 9. Klasse musste ich meine zweite Fremdsprache wählen. Da gab es kein Zögern. Ich wählte Deutsch.
N: Und dann...?
R: Ja, und dann war ich in der Klasse in Deutsch sehr begeistert. Zudem hat mir meine Mutter zu Hause geholfen. Als Hausfrau hatte sie viel Zeit und konnte meine „zweite Deutschlehrerin“ sein. Ich kriegte gute Noten und freute mich darauf. Ich wurde oft von meinen Deutschlehrern gelobt.
N: Hast du einmal ein Projekt oder einen Traum mit Deutsch gehabt?
R: Ja, natürlich! Da Deutsch mein Lieblingsfach war, wollte ich Deutsch bis zur Universität studieren und damit Karriere machen, z.B. als Lehrer, Dolmetscher oder etwas anderes. Leider habe ich die Schule früh verlassen.
N: Und warum mußtest du deine Studien so früh abschließen?
R: Wegen der schwierigen wirtschaftlichen Situation in meinem Land ist mein Vater arbeitslos geworden und konnte meine Schulung nicht mehr bezahlen. Es gab keine andere Möglichkeit. Ich musste die Schule widerwillig verlassen.
N: Wie hast du das empfunden?
R: Als sehr peinlich. Ich hatte einen Traum. Ich hatte den Willen und die intellektuellen Fähigkeiten, hatte aber leider keine Hilfe.
N: Trotzdem kannst du Deutsch noch sprechen und sogar fließend…
R: Ja, aber nicht mehr wie früher. Ich habe viel verlernt, da ich die Sprache fast nicht mehr übe.
N: Und wie bist du jetzt nach Gabun gekommen?
R: Meine ältere Schwester wohnt in Gabun. Sie ist verheiratet und mein Schwager hat mich eingeladen, um mir eine zweite Chance zu geben.
N: Das heißt Schweißen zu lernen?
R: Genau. Nach zwei Jahren meiner Ausbildung werde ich bald meine Ausbildung abschließen.
N: Und wie fühlst du dich in deiner neuen Schule?
R: Obwohl sie mir keinen Traumberuf öffnet, mag ich meine Lehre. Ich bedaure nur die Tatsache, dass es hier mehr Theorie als Praxis gibt. Es gibt nicht genug Maschinen und kein modernes Equipment. Ich fühle deswegen die Notwendigkeit, nach der Ausbildung hier noch eine Weiterbildung in einer besseren Berufsschule zu haben.
N: Dafür wird aber noch Geld benötigt. Wird dein Schwäger dich weiter unterstützen?
R: Das ist die Frage. Er hat schon viel für mich getan, und dafür bin ich ihm dankbar. Für eine Weiterbildung muss ich jetzt selbst Geld finden; das heißt einen Job suchen, was derzeit nicht leicht ist. Wenn ich genug gespart habe, kann ich meine Ausbildung bezahlen und warum nicht das Abitur an einer Abendschule vorbereiten?
N: Ist das dein neuer Traum?
R: Sagen wir eine neue Herausforderung.
N: Also, Nachbarschaft wünscht dir viel Glück.
R: Vielen Dank.
Das Gespräch führte Evariste Fosong.
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Übrigens (Nachtrag vom 18.10.12): Dieser Beitrag ist in seinem Ursprungsblog Nachbarschaft unter 10-mal aufgerufen worden, in diesem Blog über 800-mal. Ist das die Wirkung der Exotik?