30.12.12

Was hat sich getan seit 1972? Was wird 2052 sein?

Der Club of Rome hat 1972 mit "Grenzen des Wachstums" einen energischen Warnruf ausgestoßen, indem er allgemeine Warnungen mit konkreten computersimulierten Szenarien unterfüttert hat. Schon 1973 ist den Industrieländern in der Ölkrise bewusst geworden, wie abhängig sie allein schon von einem Rohstoff war (und noch ist). Dennoch hat es nicht an Kritikern gefehlt, die vorausgesagt haben, dass die Entwicklung nicht so schrecklich verlaufen werde, wie in den Szenarien für den Fall eines totalen Umsteuerns vorausgesagt.
40 Jahre darauf meldet sich der Club of Rome wieder mit einer sehr umfassenden Studie. Angesichts der fatalen Aussichten, die die unzureichenden Versuche, den Klimawandel zu verzögern, uns inzwischen beschert haben, betont er freilich weniger die Probleme als die Machbarkeit einer Umsteuerung.

Im Vorwort des neuen Werks "2052. Der neue Bericht an den Club of Rome. Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre" heißt es (zitiert nach der "Leseprobe"):
Wenn Grenzüberziehung einmal eingetreten ist, dann gibt es nur noch zwei Wege zurück auf die Ebene der Nachhaltigkeit – entweder gesteuerter Niedergang durch die geordnete Einführung einer neuen Lösung (Fisch aus Fischfarmen) oder Zusammenbruch (man isst keinen Fisch mehr, weil es  keinen mehr gibt – und entzieht den Fischern damit die Lebensgrundlage, wie nach 1992 in Neufundland geschehen). Grenzüberziehung kann nicht dauerhaft aufrechterhalten werden. Wenn man das versucht, werden sich sehr schnell unlösbare Probleme ergeben. Durch diese Probleme wird die Moti vation, neue Lösungen zu identifizieren und umzusetzen, deutlich erhöht. Eine neue Lösung taucht aber nicht von heute auf morgen auf, sondern erst nach einer
»Verzögerung bei der Lösung und Umsetzung«, die leicht zehn Jahre dauern kann. Selbst wenn man also beginnt, bevor die Grundlagen ganz verschwunden sind, geht man das Risiko ein, diese vollends zu verbrauchen, während man noch auf eine neue Lösung wartet. Das war die eigentliche  Botschaft von Die Grenzen des Wachstums von 1972.
"Hoffnung ist so wichtig wie das Leben selbst", sagte Vaclav Havel. (Zitatnachweis im Vorwort auf S.14)
Ich schließe mich ihm an und hoffe demnächst noch mehr über den Gegenstand des Buches - und vielleicht auch über das Buch - zu berichten. (Vorläufig verweise ich nur auf das Stichwort Klimawandel auf diesem Blog und auf die aktuelleren Artikel zum selben Thema in meinem politischen Tagebuch)

22.12.12

Motivation (Fortsetzung der Blogparade)

Die am 30.9. begonnene Blogparade geht dank Georg Rückriem und teacherido weiter.

Georg Rückriem schreibt am 20.1.12 über Sinn als die Voraussetzung von Motivation. (Doch auch sein Beitrag über Lernkultur gehört in unseren Zusammenhang.)
Und am 21.1. schreibt er zu teacheridos Blogbeitrag über den Unsinn extrinsischer Motivation.
teacherido hat für heute eine Antwort auf Georgs Beitrag angekündigt. Meinerseits werde ich wohl erst nach den Feiertagen darauf reagieren.
Nur eine kurze Andeutung zur Wirksamkeit extrinsischer Motivation: Ein wesentlicher Grund, dass der vierte Band von Uwe Johnsons Jahrestagen trotz dessen Schreibhemmung doch noch zustande kam, war vermutlich Siegfried Unselds Druck. (vgl. Uwe Johnson – Siegfried Unseld: Der Briefwechsel. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-518-41072-5.)

Motivation ist wichtiger als Intelligenz (Mathe als Beispiel)

CSpannagel plädiert für den Sinn extrinsischer Motivation bei seiner Erläuterung des Hörsaalspiels "Ring the Bell". (7.5.13)

Motivationstheorien an Beispielen (ZEIT online 19.9.2016)

6.12.12

Zeichen des Gedenkens


Die rote Schleife steht für Solidarität mit Aidskranken
die gelbe für ?Link?*
das grüne Band für ?Link? und allgemein für die demokratischen Bewegungen in autoritär verfassten  Gesellschaften
Ein grüner Twitteravatar stand für Solidarität mit den Demokraten im Iran. Die meisten sind verschwunden.
Ich meine die grünen Twitteravatare.

Für mich steht die Farbe Grün gegenwärtig auch für die Hoffnung, dass die Frankfurter Rundschau uns erhalten bleibt.

Ob die gelbe Schleife im 19. Jh. im Andenken an Gefangene des Bürgerkriegs getragen wurde, ist unsicher. Aber das Zeichen für Solidarität und Gedenken sind jedenfalls sehr viel älter.

In that flickering light, the transformation of a willow garland into a yellow ribbon seems natural enough. At the same time, it would be difficult to argue on the basis of evidence in the history of the song that the yellow ribbon has any claim to being a traditional symbol.
Folklorists who have had occasion to discuss the matter with the Archive staff have been bothered by two decidedly untraditional aspects of the yellow ribbon. First, the color seems expressly contrary to tradition. We have already noted that yellow seems to have appeared in the two popular songs that bear on this for reasons of scansion rather than to evoke ancient associations. The discussion of color symbolism in Charles Platt's Popular Superstitions (London: H. Jenkins, 1925) suggests that white might have been a more appropriate choice, and indeed, in at least two versions of the returning prisoner story taken from oral tradition the symbol is a white ribbon or kerchief. (Zur Tradition der gelben Schleife)

29.11.12

Der Mann, der die Wüste aufhielt

Diesen Blogartikel verdanke ich Andrea Jeskas Bericht "Der Mann, der die Wüste aufhielt" in der ZEIT vom 29.11.12, S.17-19. Da ich diesen Bericht zunächst nicht verlinken konnte, habe ich einiges aus dem Internet über Yacouba Sawadogo zusammengetragen. Das kann aber die Lektüre ihres weit inhaltsreicheren Artikels nicht ersetzen.

Yacouba Sawadogo hatte keinen Erfolg auf der Koranschule, aber er kultivierte die Wüste, säte Hirse und  Bäume am Rand der Wüste, indem er traditionelle Techniken, Zaï-Löcher und Steinreihen, fortentwickelte.

Hier der Trailer zum Film, der über ihn gedreht wurde: The Man who stopped the Desert.

1953 schrieb Jean Giono über einen Bruder im Geiste von Yacouba Sawadogo:  L'Homme qui plantait des arbres Text - französisch (Der Mann, der Bäume pflanzte). Giono hat diesen Mann nie getroffen, er hat ihn erfunden, um die Liebe zum Pflanzen von Bäumen zu entfachen.

Yacouba Sawadogo ist real. Er begann seine Arbeit in Burkina Faso knapp 30 Jahre, nachdem Giono seinen Helden erfunden hatte. Er wurde für verrückt gehalten. Seine Felder wurden niedergebrannt, doch er machte weiter. Dann wurde der holländische Geologe Chris Reij  auf ihn aufmerksam und publizierte 2004 eine Studie über seine Arbeit. Dennoch beschloss 2008 die benachbarte Stadt Ouahigouya das von ihm fruchtbar gemachte Land zu beschlagnahmen und  ihm fast nichts davon übrig lassen. Er gab nicht auf. Der Präsident der Yatenga Province wurde auf ihn aufmerksam. 2010 wurde der oben erwähnte Film über ihn gedreht. Inzwischen arbeiten viele Tausend, vielleicht Millionen von kleinen Bauern nach seiner Methode. Die größten Erfolge wurden in Niger erzielt, wo "seit den achtziger Jahren" über "200 Millionen neue Bäume gepflanzt" (ZEIT, S.19) wurden, nach Chris Reijs Schätzung die jährliche Getreideernte über 500 000 t erhöht wurde, wovon jetzt  "2,5 Millonen Menschen" ernährt würden. (ZEIT, S.19)  Reij sagt über Yacouba: "Yacoubas Einfluss ist größer als der aller nationalen und internationalen Experten zusammen." (zitiert nach ZEIT, S.18)

Der Landraub, den die Stadt Ouahigouya versuchte, geschieht tausendfach nicht nur in Afrika. Kleinbauern werden um ihr Land gebracht. Man nimmt ihnen die Ernährungssouveränität, das Recht, selbst für ihre Ernährung zu sorgen.

In Andrea Jeskas Bericht heißt es gegen Schluss:
"[...] tauchten Leute auf, denen irgendein Beamter das Land zur Ansiedlung versprochen hatte. Sie begannen,  Yacoubas Bäume zu fällen und Häuser zu bauen, wo Yacoubas Hirse wächst."
Den Schluss kann man in der ZEIT vom 29.11. nachlesen.

Armutsbericht der Bundesregierung

Im Vergleich zur ersten Fassung fehlt im Bericht über Armut und Reichtum in der Bundesrepublik der erste Satz «Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt».

Die Süddeutsche Zeitung kommentiert:
Selbst die FDP wird keinen Wissenschaftler finden, der diesen Satz widerlegen kann. Trotzdem wurde die Passage gestrichen, genauso wie andere kritische Stellen. Das sagt mehr über den Zustand der Koalition aus als über die Situation der Armen in Deutschland. 
 Außerdem berichtet sie:
In der ersten Variante stand: "Während die Lohnentwicklung im oberen Bereich positiv steigend war, sind die unteren Löhne in den vergangenen zehn Jahren preisbereinigt gesunken. Die Einkommensspreizung hat zugenommen." Diese verletze "das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung" und könne "den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden".
Stattdessen wird nun angeführt, dass sinkende Reallöhne "Ausdruck struktureller Verbesserungen" am Arbeitsmarkt seien. Denn zwischen 2007 und 2011 seien im unteren Lohnbereich viele neue Vollzeitjobs entstanden, und so hätten Erwerbslose eine Arbeit bekommen.
Ich konzentriere mich in diesem Blog auf pädagogische Fragen. Daher weise ich darauf hin, dass dieser Vorgang sich sehr gut für die Behandlung im Sozialkundeunterricht eignet. Da wird man den vollen Wortlaut des Berichtes und auch Reaktionen darauf (Focus, Deutschlandfunk, ZEIT) heranziehen können.

Doch leugne ich nicht, dass mir auch unabhängig von Unterricht die Nachricht sehr wichtig erscheint.
Natürlich stimmen Ressorts sich untereinander ab. Natürlich wird in Regierungserkärungen eher geschönt als dramatisiert. Aber man kann auch zu weit gehen.
Ob man es Zensur nennt oder Wirklichkeitsverleugnung, für mich ist eine solche Regierung nicht mehr hinnehmbar.

23.11.12

Tod und Trauer im Internet (Blogparade)


Zunächst fand ich Gedenkseiten mit Kerzen anzünden auf Internetseiten nur schlecht. Aber inzwischen hat die Zahl der Personen, mit denen man nur über das Netz Kontakt hält, doch so zugenommen, dass ich jetzt die Blogparade zu schätzen weiß, zu der Jörg Eisfeld-Reschke und Birgit Aurelia Janetzky aufgerufen haben. (Was eine Blogparade ist, erklärt Jörg in seinem Artikel.)

Das Wichtigste an diesem Artikel ist also der Verweis auf den Link, über den man zu der Blogparade gelangen kann.
Meine Gedanken scheinen mir weniger interessant, doch um das Thema vorzustellen, möchte ich doch zwei Gedanken anführen:

1. Überlegungen für Situationen nach dem Tod betreffen an sich nur die Angehörigen und Freunde. Ob nach dem Tod nur tote Materie oder die Seele oder sonst etwas von einem übrig bleiben, alle das wird für das Internetnachleben nur wenig Interesse haben. Insofern also geht es nur um das, was für Angehörige und Freunde wichtig ist.

2. Angehörige und Freunde haben zumeist die Postadresse und können von den nächsten Angehörigen informiert werden. Geschäftspartner können über die E-Maildienste, bei denen die Adresse hinterlegt ist, informiert werden, wenn wichtige Geschäfte anstehen sollten, die über E-Mail angebahnt wurden.
Etwas weiter entfernte Netzbekannte wie z.B. Personen, die intensiv an gemeinsamen Arbeitsprojekten mitgearbeitet haben, müssen sich halt damit abfinden, dass keine Nachrichten mehr übers Netz laufen, so wie man früher ein "Empfänger nach unbekannt verzogen" erhalten hat, auch wenn das "unbekannt" außerhalb unserer Lebenswelt und daher besonders unbekannt war.
(Das heißt nicht, dass ich die Möglichkeit der Netzsuche und des Wiederherstellens von verloren geglaubten Verbindungen nicht zu schätzen wüsste. Aber vorbereitete Botschaften, die nach dem Ableben ins Netz gestellt werden, halte ich für unangemessen.)

Eine Übersicht der bis 28.10. erschienenen Beiträge zu dieser Blogparade findet sich hier.
Ausdrücklich hervorheben möchte ich zwei Beiträge:
Rechtsfolgen des Todes im Internet (allgemein)
(von Stephan Dirks)
Der digitale Nachlass in sozialen Netzwerken
(von der Kanzlei Markentiger)

17.11.12

LED-Lampen sind auch nicht ungefährlich

A study published in late 2010 in the journal Environmental Science and Technology found that LEDs contain lead, arsenic and a dozen other potentially dangerous substances.
So berichtete Scientific American am 15.9.2012

Der Wikipediaartikel zu Leuchtdiode vom 8.11.12 klingt weniger dramatisch:
Defekte oder ausgediente LED-Leuchtmittel müssen in Deutschland aufgrund des ElektroG im Elektronikschrott entsorgt werden. Das Galliumarsenid des eigentlichen LED-Kristalls ist giftig und umweltgefährlich, außerdem enthält das eingebaute Vorschaltgerät des Leuchtmittels weitere elektronische Bauteile. Die Schadstoffmenge in den Leuchtmitteln ist – wie bei den Kompaktleuchtstofflampen auch – aber im Vergleich zur Schadstoffbelastung durch die Produktion gering. Das prinzipiell mögliche Recycling von Galliumarsenid aus LEDs (Urban Mining) ist zur Zeit (2012) noch nicht rentabel. Galliumarsenid wird außerdem nur für LEDs mit Wellenlängen >570nm eingesetzt. Weiße LEDs enthalten kein giftiges Galliumarsenid.
Wer sich ein eigenes Bild machen will, sollte die Studie von 2010 lesen. Vermutlich gibt es auch schon Gegengutachten. LED-Autoscheinwerfer, die besonders bruchgefährdet sind, stellen wohl schon ein erhöhtes Risiko dar. Ich bin gespannt auf weitere Berichterstattung.

Morgenweb 17.11.12 (sehr besorgt - "Atemmaske" bei Entsorgung)
Ökotest 28.10.11
Umweltinstitut München (ohne Datumsangabe) klingt noch ganz unbesorgt, verweist aber auch auf die Notwendigkeit, die Lampen auf dem Wertstoffhof zu entsorgen.


Kosovo

Das Volkseinkommen des Kosovo, so wird kolportiert, beruhe zu 30% aus Unterstützungsgeld von internationalen Regierungen und anderen Ländern, zu 30% aus Geldtransfers von Auslandkosovaren in ihre Heimat, zu 30% aus Kriminalität und nur zu 10% aus Wirtschaftsleistungen im Kosovo selbst.

Ca. 50% der Kosovaren sind unter 18 Jahren. Der Unterricht findet in vielen Schulen in drei Schichten statt, weil es an Gebäuden fehlt. Während des Krieges und davor und danach fand weithin kein regulärer Unterricht statt, so dass für etwa 10 Jahrgänge so gut wie keine Ausbildung möglich war.
Die Statistik führt 1 Lehrer pro 19 Schüler an. Die Klassengrößen liegen aber weit höher. Es fehlen 10 Jahrgänge von Lehrern mit einer soliden Grundausbildung.

Die Landschaft ist sehr beeindruckend. Freilich verbinden sich mit manchem eindrucksvollen Bild auch Erinnerungen an die Leiden des Krieges.

Das Amselfeld ist mit der Schlacht, die dort 1389 stattfand, im serbischen Geschichtsbewusstsein als die große Abwehrschlacht gegen die Osmanen in Erinnerung und den Abwehrerfolgen bei Wien durchaus gleichzusetzen. Die Osmanen setzten danach ihren Vormarsch zunächst nicht weiter fort. (Weil die Osmanen später weiter vorrückten, galt die Schlacht später als osmanischer Erfolg. Heute gilt der Schlachtausgang in der internationalen Geschichtsschreibung als unentschieden.)
Insofern ist sie ein zentraler Bestandteil der nationalen Identität der Serben, die sich als mittelalterliches Bollwerk gegen das Vordringen des Islam auf dem Balkan verstehen.

Im Kosovo stehen eine ganze Reihe kunsthistorisch wichtiger serbischer Klöster, u.a. ein UNESCO-Weltkulturerbe. Der Norden des Kosovo um Kosovska Mitrovica ist ein recht geschlossenes serbisches Siedlungsgebiet. Außerdem gibt es im Kosovo eine Reihe serbischer Enklaven.

Der serbisch-albanische Gegensatz war nicht allein Ursache für den Kosovokrieg und die blutigen Auseinandersetzungen danach, sondern führt auch heute noch zu manchen recht absurden Situationen. Zum einen zu Grenzkontrollen innerhalb des Landes, aber auch dazu, dass zumindest eine Fabrik auf serbischem Gebiet ihre Produkte nicht ausführt, weil sie dem Staat Kosovo keine Einnahmen gönnt. Dafür nimmt man sogar die Zahlungsunfähigkeit in Kauf.

Der (oder das) Kosovo erhielt gegen Ende der kommunistischen Periode eine recht weitgehende Autonomie, bis Milosevic sie wieder einschränkte und damit sowie mit seiner Amselfeld-Rede von 1989 die Auseinandersetzungen im Kosovo auslöste.

Die Republik Kosovo wurde von 93 von 193 UN-Mitgliedstaaten anerkannt, insofern ist die Souveränität umstritten.

Wenn man das aus Denkmälern, Großplakaten und Gedenkstätten schließen darf, gibt es drei Nationalheilige : die UCK-Kämpfer, Mutter Teresa und Bill Clinton.

Es gibt wohl nur wenige Gebiete in Europa, wo die Müllentsorgung so schlecht klappt wie im Kosovo. Zeitweise ist die Oberfläche von Flüssen unter den darauf schwimmenden Plastikflaschen nicht auszumachen.

Die Währung des Kosovo war die D-Mark. Heute ist es der Euro, ohne dass der Kosovo Mitglied der Eurozone wäre.

Die hier wiedergegebenen Informationen verdanke ich weitgehend einem Vortrag von Jürgen Mescher. Für Fehler trage ich die Verantwortung. 



9.11.12

Ist Google mächtiger als China?

In der ersten Kollegstunde des Funkkollegs "Medien - Wirklichkeit 2.0" wird Claus Leggewie mit einer provozierenden Aussage zitiert: "Ich glaube, dass Google mächtiger ist als China".
Wenn man Macht als die Fähigkeit versteht, "Ziele zu erreichen, ohne sich äußeren Ansprüchen unterwerfen zu müssen" (Wikipedia), liegt er in seinem Glauben sicher falsch. Denn Google hat gegenüber China nachgegeben, gegenüber den USA und sogar gegenüber Bettina Wulff.
Doch wenn man Macht als "Macht über" (im Sinne von E.O. Czempiel als "kluge Macht") versteht, nämlich als die Fähigkeit,  "auf das Verhalten und Denken von Personen und sozialen Gruppen einzuwirken" (ebenfalls Wikipedia), dann hat Google diese Fähigkeit wohl in einem größeren Umfang als die chinesische Regierung, weil es schon mehrere Milliarden fortwährend beeinflusst.

Die erste Machtdefinition hat man auch als die Fähigkeit, nicht lernen zu müssen, und insofern als "dumme Macht" bezeichnet. Von dieser Macht hat der angeblich mächtigste Mann der Welt, Obama, unsäglich wenig (während G.W. Bush davon erstaunlich viel hatte). Wenn Obama nur direkt auf seine Ziele losgesteuert wäre und sich dabei auf einen engen Beraterkreis von Leuten seines Meinungspektrums verlassen hätte, wäre er gewiss gescheitert. So ist es ihm immerhin gelungen, als erster schwarzer Präsident der USA seine Wiederwahl zu erreichen und einen - kleinen - Teil seiner Ziele.
Bush war erfolgreicher im Zerstören, Obama erfolgreicher darin, trotz schwindender harter Macht ("Macht zu") der USA, andere Personen dazu zu bringen, das zu tun, was in seinem Sinne ist. Nicht Bush hat die Demokratisierungsversuche des arabischen Frühlings ausgelöst.

Doch in der Fähigkeit "neue Strukturen [zu] schaffen, die den eigenen Interessen besser dienen" (kluge Macht) bleibt Obama weit hinter Google zurück. Das liegt freilich daran, dass Google sich weitgehend auf die Strukturen beschränkt, auf die es unbeschränkten Einfluss hat, während Obama mehr "Macht zu" brauchte, um die Ziele zu erreichen, die er sich während seiner Feldarbeit in Chicago gesetzt hatte. Weit mehr "Macht zu", als sie ein intelligenter Präsident der USA je haben wird.
Die Tragik eines wohlmeinenden Präsdenten der USA liegt darin, dass er für - nahezu - unendlich viel Verantwortung übernehmen muss, was er nicht will, wenn er auch nur einen kleinen Teil dessen erreichen will, was seine eigentlichen Ziele sind.
Das ist freilich die Situation jedes verantwortlichen Politikers, für den das Erreichen seiner Ziele oberste Priorität hat.
Gustav Heinemann ist einen anderen Weg gegangen und hatte als oberste Priorität, auch als Politiker nichts verantworten zu müssen, was er für absolut unverantwortlich hielt. Das bedeutete freilich für lange Zeit eine Abstinenz von zentralen politischen Positionen. Und Bundeskanzler hätte er bei dieser Einstellung gewiss nicht werden (oder zumindest nicht länger als 100 Tage bleiben) können.

Heinemanns Einstellung ist vorbildlich, aber für einen heutigen US-Präsidenten kann sie es kaum sein.

Ich glaube, dass Obama in seiner ersten Amtszeit schwere Schuld auf sich geladen hat, aber dass kein anderer Mensch, von dem wir wissen, von den USA und von unserer Welt so viel Unheil abgehalten hat, wie es ihm schon in seiner ersten Amtszeit gelungen und für die zweite Amtszeit zu hoffen ist. (Dazu vgl. FR vom 9.11.12 und 8.11.12)

8.11.12

Monitor Lehrerbildung

Ich habe meinen Freund aus dem Saarland beneidet, weil er an der Universität studieren konnte, was er an der Schule für den Unterricht brauchte. In Niedersachsen und Hessen war das nur sehr bedingt der Fall.
Auch habe ich nie recht einsehen wollen, weshalb man das Abschreckungsprogramm für Anfangssemester des Mathematikstudiums in voller Schärfe auch auf Maschinenbauer und Lehramtsstudenten niedergehen ließ.
Deshalb habe ich große Sympathie für den Monitor Lehrerbildung, der auf die sanfte Tour über öffentliche Information versucht, an den Universitäten eine größere Offenheit für Studenten zu schaffen, die keine wissenschaftliche Karriere anstreben und daher zwar wissenschaftliches Arbeiten lernen sollten, aber nicht unbedingt nur im Bereich der Steckenpferde ihrer Dozenten.
Fachdidaktiker sollten daher an der Universität nicht als Wissenschaftler zweiter Klasse gelten (vgl. dazu die Lebenserinnerungen von Jean-Pol Martin). Von daher haben Zentren für Lehrerbildung einen Sinn.

Wenn Ekkehard Winter, der Geschäftsführer der Deutschen Telekom Stiftung, in der ZEIT Nr.46 vom 8.11.12, S.77 allerdings schreibt: "Die Zentren für Lehrerbildung gehören dazu, an manchen Hochschulen existieren sie bereits in erweiterter Form als Schools of Education" (Hervorhebung von mir), wird mir freilich etwas anders. Gerade weil ich die englische Sprache liebe, wittere ich in jedem überflüssigen Einsatz der englischen Sprache einen Etikettenschwindel. Und was ich über die Folgen der Aufteilung der Lehrerbildung in Module von Ausbildern und LIVs (Lehrern im Vorbereitungsdienst) gehört habe, hat mich sehr skeptisch gemacht.
Besonders skeptisch macht mich freilich, wenn man meint, nur über eine Veränderung der Ausbildung und nicht auch über eine Veränderung der Strukturen ließe sich ein besseres Lernklima an Schulen herstellen.

Dennoch scheint mir Monitor Lehrerbildung ein Schritt auf dem richtigen Weg zu einer sachgerechteren Lehrerausbildung.

5.11.12

Meine Eindrücke vom ZUM-Treffen 2012

Die ZUM hat zwei wichtige und aufwändige Umstellungen relativ unauffällig bewältigt, und das, ohne dass eine unerträgliche Überforderung entstanden ist.
Im Ergebnis ist mittelfristig eine Entlastung für besonders wichtige Funktionsträger zu erhoffen, zumal die laufenden Ausgaben abgenommen und die laufenden Einnahmen zugenommen haben.
So kann für spezielle Projekte durchaus Geld eingesetzt werden, ohne dass der ZUM-Haushalt ähnlich unsolide würde wie der Bundeshaushalt. (Offenbar ist Klaus doch die bessere schwäbische Hausfrau als Angela. ;-))
Das World Café war diesmal noch effektiver als beim letzten Mal. Der Vorstand, der schon Vieles in die Hand genommen hat, wurde mit Anregungen für die Weiterarbeit versorgt. Doch ging die Stimmung eher in die Richtung "Es ist ja schön, was ihr alles macht, und wir können uns noch alles mögliche wünschen; aber nehmt euch nicht zu viel vor." Oder war mein Eindruck falsch?

Dass der Vorstand nebenher noch Interviews geben konnte und bei wechselndem Vorsitz die Linie immer klar blieb, hat mich besonders beeindruckt.
Auch wenn gewisse Leute weiterhin unersetzlich sind, hatte ich den Eindruck, dass sich eine gewisse Arbeitsteilung recht gut eingespielt hat.

So war ich mit der Tagung sehr zufrieden, auch wenn ich eine Person sehr vermisst habe. Aber die kommt morgen aus dem Krankenhaus!
Hoffentlich ist sie mit dem Treffen ähnlich zufrieden wie ich.

Eigentlich habe ich im Laufe der Zeit schon einiges über die Geschichte der ZUM mitbekommen. Aber was Margit über die ersten Jahre noch zusätzlich zu berichten hatte, hat meinen Respekt für sie noch weiter erhöht. Ein dreifaches Hoch auf unsere Ehrenvorsitzende! (Sie braucht - auch ohne diese Hochs - gar kein Podest, um die Größte zu sein. ;-))

Anhang:
Was bisher nur in einem anderen Blog steht, sei hier noch angehängt:

Interview zum Jubiläum mit Karl Kirst

Kleine Chronik der ZUM

Erste Bilder vom Jubiläumstreffen in Königswinter
Präsentation des Zum-Vorstandes beim Jubiläumstreffen

Tweets vom Jubiläumstreffen (und von danach)

Ein Film wird entstehen, der besser wiedergeben wird, was vor sich gegangen ist, als ich es könnte.

Trotzdem schon einmal zwei Bilder: Entstehungsprozess und Ergebnis

Wie kann man die Kommunikation zwischen Mitgliedern und Vorstand verbessern?
Ideensammlung im World Café

1.11.12

Motivation durch Bindung an eine Bezugsperson

Man weiß, dass Säuglinge und Kleinkinder sich an eine Bezugsperson binden. Berühmt sind die Berichte von Konrad Lorenz über die Graugans, die auf ihn "geprägt" wurde und für die er die "Mutterrolle" übernahm.

Linda Tutmann berichtet in ZEIT online von jugendlichen Flüchtlingen, die ohne jeden Familienkontext in Deutschland eintreffen und für die beste Lernvoraussetzungen geschaffen werden sollen.
In der Lernforschung gibt es eine Theorie, die oft unter dem Stichwort »Lernen durch Bindung« zusammengefasst wird. Besonders in der Frühförderung, so hat die Wissenschaft herausgefunden, ist eine stabile emotionale Bezugsperson wie zum Beispiel die Mutter oder ein Erzieher entscheidend dafür, wie sich ein Kleinkind entwickelt. Aber auch in der Schule wird mehr und mehr die Persönlichkeit der Lehrer oder Schulleiter in den Fokus der Forschung gerückt. Lernen braucht Persönlichkeit, das glauben viele. Es gibt Neurobiologen wie Joachim Bauer, die sagen, dass die stärkste Motivationsquelle für junge Menschen ein anderer Mensch ist. »Dadurch dass die Kinder alleine nach Deutschland kommen, brauchen sie umso mehr ein Vorbild, jemanden, der die emotionale, soziale und kulturelle Lücke schließt«, erklärt der Migrationsforscher Anderson. Eine ganzheitliche Förderung sei wichtig, die Lehrer müssten wissen, woher der Schüler komme, seine Situation kennen, seine Probleme, seinen kulturellen Hintergrund.
Diese Flüchtlinge, berichtet sie,  "sprechen kaum oder gar kein Deutsch, manche sind durch die Flucht traumatisiert und leben ohne ihre Familie in einem fremden Land. Manche von ihnen können besser mit einer Kalaschnikow umgehen als mit dem Alphabet ihrer Muttersprache."

Woher soll ihre Motivation kommen?
Michael Stenger, der erfolgreich mit diesen Flüchtlingen arbeitet, meint über sich selbst:
»Ich bin ein Motivationskünstler.« Zu seinen Schülern sagt er Sätze wie diese: »Ihr seid die Zukunft Deutschlands. Ihr seid wichtig für die Gesellschaft.«

Der vollständige Artikel von  Linda Tutmann in ZEIT online enthält weit mehr zum Thema Flüchtlinge. Hier habe ich das zusammengestellt, woraus man erkennen kann, dass er eine Art Gastbeitrag zu unserem Thema "Wie motiviert man Unmotivierte?" ist.

29.10.12

Fördern Organspenden den Mangel an Organspendern?

Axel W. Bauer, Medizinhistoriker, Wissenschaftstheoretiker und Medizinethiker, schreibt am 28.10.12 in der FAS (S.15):
Der "Organmangel ist keine Naturkonstante, sondern eine Folge davon, dass aufgrund von wissenschaftlichen und medizintechnischen Fortschritten mehr transplantiert wird. Man kann daher die Prognose wagen: Je erfolgreicher die Transplantationsmedizin in qualitativer und quantitativer Hinsicht künftig wird, desto größer wird ihr Bedarf an Organen und damit der relative Organmangel werden."

Über Organspender schreibt er:
"Das Interesse an seinen Organen führt zu einer Konzentration auf die Vitalerhaltung dieser Organe über den Zeitpunkt eines menschenwürdigen Sterbens hinaus."

Sein Schluss:
"Einen rechtlichen oder gar moralischen Anspruch auf die Überlassung von fremden Organen, die konstitutiver Teil einer anderen Person waren, kann es um der Würde des Menschen, die auch die Würde des Organspenders mit umfasst, nicht geben. Insofern müssen sich Medizin und Gesellschaft bei allem Fortschrittsoptimismus auf diesem Feld auch künftig in eine gewisse Selbstbegrenzung ihrer Wünsche fügen."

Ein Ausweg aus dem Dilemma wäre, wenn man Wesen mit menschlichen Organen herstellte, die laut gesellschaftlicher Definition keine Menschen wären.
Was das für die Gesellschaft, die solche Definitionen vornimmt, bedeutet, hat Kazuo Ishiguro mit viel Einfühlung in die gutmeinenden Täter und die menschlichen Opfer beschrieben. Zum Roman und zu dem Zusammenhang des Themas mit dem der KZs des Naziregimes habe ich mich hier geäußert.

Ich war schon lange dagegen, ein Organ gespendet zu bekommen, und gegen einen Druck in Richtung Bereitschaft zur Organspende. Bauers Argumentation läuft darauf hinaus, dass aber auch freiwillige Organspende für den Todesfall ausgeschlossen werden sollte, weil sie den Verzicht auf Menschenwürde darstellte.
Ich habe meine hier begründete Bereitschaft zu freiwilliger Organspende nach ca. 30 Jahren, in denen ich einen Organspenderausweis bei mir getragen habe, jetzt beendet.
Dass Organtransplantationen unsozial sind, weil die Organspender nicht selten aus finanziellen Notlagen heraus spenden und die Empfänger hohe Summen für die Organe bezahlen, war mir bekannt. Mit meiner Spende wollte ich einen - zugegebenen minimalen - Beitrag dagegen leisten. Ein menschenunwürdiges Sterben zu provozieren bin ich dafür aber nicht bereit.

Das Thema wird seit 2007 (oder früher?) auf breiter Basis diskutiert. Ich habe nicht den Eindruck, dass den Argumenten von A. W. Bauer schon genügend Aufmerksamkeit geschenkt worden ist.

Mehr Artikel zu dem Thema findet man in meinen Blogs unter dem Suchwort (Tag, Label) "Organspende".
Auf den Gastbeitrag zu diesem Thema möchte ich aber ausdrücklich hinweisen.

19.10.12

Weiteres zu historischem Lernen in Blogs

Stefan Hessbrüggens Aufsatz Tatsachen im semantischen Web: Nanopublikationen in den digitalen Geisteswissenschaften? ist ebenso wie die im vorigen Blogpost genannten Aufsätze für ein Open Peer Review freigegeben.
Hessbrüggen geht dort davon aus, dass es einen "Fundus unbestrittener und wohl auch unbestreitbarer Tatsachen" gibt, mit denen sich geisteswissenschaftliche Forschung befasst, und beschäftigt sich mit der Methode, wie diese Tatsachen maschinenlesbar gemacht werden können.
Da seine Überlegungen weit komplizierter sind als etwa die zur computergeeigneten Katalogisierung von Publikationen, kann ich wenig zur Besprechung der Arbeit beitragen und möchte daher interessierte und kompetente Leser auf den Aufsatz aufmerksam machen.

Meine eigene Beurteilung bleibt sehr allgemein.

Faszinierend an dem Aufsatz finde ich die Vorstellung, dass genauso wie jetzt Wortsuche in digitalen Dokumenten durch Computer möglich geworden ist, auch 'geisteswissenschaftliche Tatsachen' durch Computer gesucht und in ihren Beziehungen zu anderen 'geisteswissenschaftlichen Tatsachen' beschrieben werden könnten.
Zwei Überlegungen machen mich allerdings skeptisch, ob in absehbarer Zeit die Aufbereitung geisteswissenschaftlicher Texte zu computerlesbaren 'Tatsachen'  den Aufwand lohnt.
1. die Besonderheit der Aussage „Hamlet ist Prinz von Dänemark“. Denn nicht nur Shakespeares, Georg Brittings und Döblins Hamlet unterscheiden sich sehr, von all den mir weniger vertrauten fiktiven Hamlets zu schweigen, sondern auch ihr „Prinz-von-Hamlet-sein“.
2. Der in der Politikwissenschaft in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts unternommene Versuch, Ereignisse zu quantifizieren und so mathematischer Kalkulation zugänglich zu machen, ist meiner Kenntnis nach nicht sehr erfolgreich gewesen.

15.10.12

Historisches Lernen über Blogs

Die Autoren des Aufsatzes rufen zum Peer-Review auf.
Wer stiftet einen Kommentar?

Ach ja, lesen sollte man den Aufsatz freilich auch noch.
Als Blogger fällt mir natürlich als erstes auf, dass im Text Links fehlen, man findet sie aber in Blog- und Literaturliste (so auch der zum Aufsatz von Graf und Mareike König zur deutschen Geschichtsblogosphäre).

Dann sollte ich anmerken, dass dem Blogger die ausführlichen Einleitungen wissenschaftlicher Aufsätze besonders bei Internetthemen reichlich redundant erscheinen. Aber wer sich kurz fasst, ist halt kein deutscher Wissenschaftler. (Amerikaner scheinen es anders zu sehen.)
Interessant wird der Text für mich frühestens ab Absatz 16, ab Absatz 21 lerne ich - Schande über mich! - dann wirklich etwas Neues hinzu, nämlich die Systematik.

Es stört mich, dass das eingedeutschte Fremdwort Sphäre partout sphere geschrieben wird, als hätten wir es erst über das Englische in unseren Sprachschatz eingeführt.
Nachtrag vom 18.10.12:
Nur der Tatsache, dass ich zu dem Aufsatz und demPeer Review über Link gekommen bin und nicht über das - noch nicht - gedruckte Buch ist es geschuldet, dass ich bei dieser Anmerkung den Titel der Aufsatzsammlung noch nicht kannte: historyblogosphere.
Da hätte ich mir meine Anmerkung sparen können.

Absatz 26 4. Zeile von unten: Komma vor adversativen Konjunktionen

Absatz 26 bis 36 waren für mich sehr informativ. Da ich nicht mehr unterrichte, waren die allgemeinen didaktischen Überlegungen mir neu.
Herzlichen Dank für den Überblick, den ich ohne den Twitterhinweis nicht gelesen hätte!

Bei einem wirklichen Peer Review setzte jetzt die Reflexion der dort vorgetragenen Gedanken an.
Ich beschränke mich hier auf den Hinweis, dass ich in meinem Unterricht Blogs mehr als Onlinearchiv eingesetzt habe, während ich, von der Wikipedia her kommend, für die gemeinsame Arbeit Wkis vorgezogen habe.
Jetzt sehe ich, dass dort die Konzentration auf das Endprodukt die Multiperspektivität von Geschichte eher als störend empfinden lässt, während Blogs sie stärker verdeutlichen könnten. (Über die jeweiligen Vorzüge bei der Verwendung wäre dann anhand konkreter Projekte zu diskutieren.)

Übrigens:
Das Lob von "Medien im Geschichtsunterricht" gefällt mir, weil der Blog mit HistNet zu meinen beiden am häufigsten gelesenen - historischen - Blogs gehört.

Nachtrag vom 17.10.12:
Mit Genuss und Gewinn habe ich den Artikel von Julia Schreiner "Neue (Auf)Schreibsysteme. Verändern Weblogs die Konventionen des geschichtswissenschaftlichen Schreibens?" gelesen. - Mein Open Peer Review war extrem kurz. Hier kann ich es noch stärker kürzen: "gut".

Es kann gut sein, dass der Twitterhinweis auf das Open Peer Review die Herausgeberin überraschend getroffen hat und noch mehr, dass daraufhin ein unbedarfter Geschichtslehrer und Blogger wie ich sich frech als ein Peer versteht, nur weil das Review open ist. (Zumal ich dann auch noch im Blog darüber berichte und die Möglichkeit der Beteiligung noch weiter bekannt wird.)
Hoffentlich schreckt das nicht von weiteren Versuchen dieser Art ab.
Andererseits gehört es zur Erfahrung, dass im Netz nicht nur Fachleute und Vandalen, sondern auch wohlmeinende Unbedarfte unterwegs sind und sich äußern.
Umso deutlicher möchte ich meinen Dank für dieses mutige Unternehmen aussprechen. So sehr ich als Miniblogger geneigt bin, die Vorteile der Blogs hochzuschätzen, so dankbar bin ich dafür, dass mein Horizont durch die Publikation über "Bloggen in den Geschichtswissenschaften" so erweitert wird.

Nachtrag vom 28.10.:
Im Umkreis des oben genannten Open Peer Review ist ein interessanter Blogbeitrag über das Kommentieren in wissenschaftlichen Blogs mit einer fast noch interessanteren Diskussion entstanden.
Ohne die Zeit, darauf einzugehen, möchte ich doch darauf hingewiesen haben.

Wie man sich bei Google ohne google+ anmelden kann

Das ist hier zu finden.
Ich danke Matthias herzlich für den Tipp!

14.10.12

Europäische Öffentlichkeit für europäische Demokratie

Ich habe nie recht an die Demokratisierung der Europäischen Union geglaubt, so lange es keine Europäische Öffentlichkeit gibt. Die geringen Ansätze, die es gab, schienen mir allenfalls für eine ganz schmale intellektuelle Elite zugänglich zu sein.
Aber inzwischen hat sich presseurop zu einer europäischen Zeitung im Internet (in 10 Sprachen) entwickelt, die ansprechend aufgemacht ist und zu den jeweiligen Originalartikeln verlinkt ist, aber auch eigene - übernationale - Artikel und Karikaturen enthält. So kann man auch bei sehr begrnzter Kenntnis der europäischen Sprachen Positionen aus allen Staaten der EU kennenlernen. Schon jetzt kann man auch alle Artikel dieser Presseschau kommentieren und sich die Kommentare, deren Sprache man nicht versteht, übersetzen lassen.

Zunächst ist das gewiss auch nur ein Forum für wenige, aber es ist endlich ein europäisches, das - tendenziell - der Mehrheit der EU-Bürger zugänglich ist.
Ich habe mir vorgenommen, es mitzuverfolgen und mich daran zu beteiligen.

11.10.12

Erfahrungen mit Motivation

"Dann hab ich gottseidank die Kurve gekriegt, zur Zufriedenheit der Studenten und auch zu meiner eigenen Zufriedenheit. Ich bin dazu übergegangen, alles in der Gesamtgruppe Schritt für Schritt zu machen (was ich normalerweise überhaupt nicht leiden kann), aber für diese Gruppe war es GENAU das richtige. "Okay, jetzt alle mal eine Strecke konstruieren, und zwar so." ... (zwei Minuten rumlaufen, schauen, bis es alle haben). "Jetzt konstruiert einen Kreis so....".... (zwei Minuten rumlaufen, schauen, bis es alle haben). ... usw. usw. [...] Woran man mal wieder sieht, dass man seine Methodenwahl auch nach der Lerngruppe ausrichten muss."

Was war vorhergegangen? 
Fehlte es an Motivation? 
Von seiten der Studenten, von seiten des Lehrers?

Zur Beantwortung der Fragen kann man nachlesen in CS Spannagel: "Über die Dehnung von Geduldsfäden."


Ich bekam eine Migrantin über 40 Jahre als Deutschschülerin, eine Altenpflegehelferin, die der Lehrerin im Altenpflegekurs keine Freude gemacht hatte.
In Unkenntnis dessen, was sie für ihre Arbeit brauchte, meinte ich zu ihr, sie müsse entscheiden, was sie lernen müsse. Das ging gut, bis ich als Texte für unsere sprachlichen Übungen welche aus dem Themenbereich der Altenpflege wählte. Ich merkte zunächst nichts, bis sie mir sagte, der Unterricht gefalle ihr nicht mehr.
Wie konnte es passieren, dass sie einige Zeit später mit Texten aus dem Bereich der Altenpflege zufrieden war, ja sogar mehr Texte dieser Art anforderte?

Statt Sachtexten suchte ich Erfahrungsberichte, und sie suchte Texte, wie sie an ihrem konkreten Arbeitsplatz geschrieben wurden.
Dass das nicht eins zu eins auf Schulunterricht in großen Klassen übertragen werden kann, versteht sich von selbst. Wenn aber beide Seiten daran glauben, dass der Partner im Lernarrangement besten Willens ist, eine möglichst günstige Lernsituation zu schaffen, dann wird des öfteren Vergleichbares möglich sein.

5.10.12

Was schafft Motivation?

Thesen zu "Was schafft Motivation?"

allgemein:
1. Bedürfnisse (z.B. Hunger, Neugier, sieh auch: Maslowsche Bedürfnispyramide)
2. starke Gefühle (z.B. Hass, Liebe, Zorn/Empörung, Mitleid, Neid)
2. Ziele (z.B. Entwurf einer besseren Zukunft)
3. Selbstwirksamkeitserwartung / noch stärker: das Gefühl, gebraucht zu werden

spezieller:
4. ein niedrigschwelliges Angebot ("Gelegenheit macht Diebe") - Beispiel Barcamps, insbesondere clc12
5. die Kombination von Aufgabe/Projekt und Lernanlass (forschendes Lernen, workplace learning)
    5a) Spezialfall: Lernen durch Lehren
6. Anregung durch ein lernbereites Umfeld (Vorbildfunktion von Lehrer und Mitschülern) Beispiel: Inklusion (Inklusionstag); Lernen auf Augenhöhe
7. soziale Anerkennung
8. emotionale Zuwendung* (Wie anders bekommt man Hauptschüler dazu, ein Buch zu schreiben und öffentlich über an sich selbst beobachtete Lerndefizite zu schreiben?)
9. äußerer Druck ("Not lehrt beten") - Lernunmotivierte und Lerndemotivierte, die per Definition keine intrinsische Motivation mitbringen, werden wegen des größeren Reizes von Unterhaltungsangeboten abgelenkt, Beispiel Pinocchio. Helfen kann da nur extrinsische Motivation: Lernen für den Lehrer, für die Gruppe oder aufgrund von äußerem Druck.

Die Thesen stellen eine sehr subjektive Verkürzung der Aussagen in der Blogparade "Wie motiviert man Unmotivierte?" dar.
Nach und nach werden Begründungen nachgereicht. Dabei hoffe ich auf viel Kritik, die es mir erleichtert, herauszufinden, wo es an Begründungen fehlt oder wo eine These verändert werden sollte.

*aus diesem Anlass: Welttag des Lehrers (Twitter, Presseartikel)

Motivationstheorien an Beispielen (ZEIT online 19.9.2016)

Weshalb Motivation allein nicht reicht.

Ich bin überzeugt, dass Motivation nicht der einzige Ansatzpunkt ist, um bessere Lernergebnisse zu erreichen. Oft fehlt es an den materiellen Voraussetzungen.
Dabei meine ich nicht speziell die Computer, die in indischen Dörfern weitab von jeder Bildungsinstitution aufgestellt werden und wo vierjärige Mädchen, wenn sie denn einmal an dem umdrängten Kasten herankommen, sich teils als begnadete Problemlöserinnen erweisen sollen. Es geht konkret darum, ob Lernfähigen Zeit und Raum für Konzentration auf Lernen ermöglicht wird. (Beispiel: der afrikanische Schweißerlehrling und seine Deutschkenntnisse )
Comuputer und Internetzugang allein reichen allerdings auch nicht. Nicht wenige der billigen Computer, die in Afrika verteilt wurden, werden inzwischen nicht mehr benutzt, weil sie angesichts der Anforderungen des täglichen Lebens an Reiz verloren haben.

Hinweise:
Lernkultur auf dem clc12

30.9.12

Blogparade: Wie motiviert man Unmotivierte?

Ich beginne mit einer strittigen These:

Das Internet motiviert kein Lernen. 
Es erleichtert nur und regt die Beschäftigung mit zusätzlichen Themen an.
Die Anregung, die vom Internet ausgeht, kann zur Internetabhängigkeit führen, nicht dazu, dass man lernsüchtig wird.

"Das Gehirn lernt immer", heißt es. Wie kommt es dann nur, dass  über die Jahrhunderte hin zwar Tausende von Schulreformen durchgeführt worden sind, aber eine Spezies Mensch nicht abgeschafft worden ist, der lernunwillige Schüler?
Es gibt gewiss tausend Gründe, nicht das zu lernen, was von einem erwartet wird: Die überhöhte Anforderung, die zu geringe Anforderung, der unsympathische Lehrer, der einem die Lust austreibt, die Ablenkung durch das, was man viel lieber macht, und die Unterhaltungsindustrie ist immer erfinderischer in dem, was sie auf den Markt bringt, um uns von dem abzubringen, was Leben ausmacht: uns so zu verändern, dass wir mit den Herausforderungen unserer Umwelt fertig werden.

Die Antworten auf diese Erfahrungen sind ihrerseits vielseitig. Eine radikale ist die Forderung, die Schule einfach abzuschaffen. In den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts fand man dafür die Ausdrücke Unschooling und Deschooling. In unserem Jahrhundert ist die Vorstellung immer beliebter geworden, man müsse die Schüler einfach nur mit Lernmaterial versehen, dann würden sie schon lernen, was sie brauchen. "Youtube macht Lehrer überflüssig." "Im Internet ist alles zu finden, was man braucht."
Andererseits wird geklagt, eben dieses Internet mache unsere Kinder dumm. Von Manfred Spitzer plakativ formuliert: Wie wir unsere Kinder um den Verstand bringen.

Beim CorporateLearningCamp am 28./29.9.2012 (clc12) sind einige Leute, die klüger sind als ich, der Frage nachgegangen, und nicht nur in einer Sitzung ist Kluges dazu formuliert worden, was mich zum Nachdenken gebracht hat. Das eine oder andere wird sich daraus auch noch ergeben, doch denke ich, es sollten noch mehr Leute, den Anlass wahrnehmen, etwas von dem niederzuschreiben, was ihrer Erfahrung nach geeignet ist, Lernwiderstände zu vermeiden, auszuräumen oder zu überwinden.

Die, die etwas zu dieser Frage geschrieben haben oder etwas finden, was unbedingt wahrgenommen werden sollte, bitte ich, in einem Kommentar darauf hinzuweisen.

Liste der von mir entdeckten Beiträge:
1. Teacheridoo (Dank an mons7 für ihren Tweet )
Ich greife zunächst nur einen Gedanken heraus: "nicht durch Zwang" (Teacheridoo), wohl aber durch Druck (Fontanefan). Ein Beispiel ist Pinocchio. Er wird als sehr verführbar und ablenkbar geschildert, aber in der Situation, wo er zu verhungern droht, reagiert er durch Lernen.
Ein zweites Beispiel bietet Herr Larbig. Sein Lehrer widersprach ihm, und er wollte ihm beweisen, dass er im Recht war, und fing an seine Meinung sorgfältig mit guten Argumenten zu unterfüttern. (Herr Larbig war freilich schon vorher motiviert, doch funktioniert die Methode nicht selten auch bei Unmotivierten.)
2. Educational Technology (Dank an G. Bless für seinen Tweet. Bless gibt auch sonst viele gute Tipps.)
Die 10 Regeln für Eltern gelten auch für Lehrer.
3. M.L. Höfer: Zur Blogparade: Wie motiviert man Unmotivierte (im Unternehmen zum Lernen)? #clc12
Höfer plädiert für eine "offene und einladende Lernumgebung". Da stimme ich zu.
Ich bin mir allerdings nicht sicher, dass diese Umgebung ausreicht, alle Personen, die durch Vorerfahrungen Lernwiderstände aufgebaut haben, wieder für Lernen zu gewinnen. Solch eine Lernumgebung wäre gewiss nicht demotivierend (viele schulische Lernumgebungen sind es bisher leider durchaus). Aber reicht das aus, um intensiv Demotivierte wieder zu gewinnen?
4. sifore: Zur Blogparade
sifore geht ausdrücklich auf die Demotivierten ein und hofft, sie durch Gruppemarbeit zu gewinnen, bei der sie motiviert werden könnten, "für die Gruppe [...] ein gemeinsames Ziel zu erreichen". Wichtig scheint mir dabei, dass dabei keine Eigenmotivierung notwendig ist, sondern das extrinsische Motiv der sozialen Integration als Movens für die Lernanstrengung gesehen wird und dass Lernen hier nicht als Wissensvermehrung oder Training von Fähigkeiten, sondern als Bewältigung einer Aufgabe gesehen wird.
5. Herr Rau: Zur Blogparade
Aus Herrn Raus Argumentation greife ich die Aussage heraus: "jeder unmotivierte Schüler ist auf seine besondere Art unmotiviert". Das ist gewiss ein wesentlicher Grund, warum meine so allgemein gestellte Frage so schwer zu beantworten ist.
In der Diskussion zu seinem Artikel wird zum einen gefragt, ob die von Unterhaltungsangeboten und billigen Erfolgserlebnissen Verwöhnten nicht am besten durch "Misserfolgserfahrungen" motiviert werden können (Beelzebub Bruck). Dagegen sieht Denken hilft das Problem bei unmotivierten Lehrern. (Meine Frage: Wie motiviert man die dazu, erfolgreichere Lernermöglicher zu werden? Vielleicht durch schlechte Noten?)
6. kubiwahn: Zur Blogparade
kubiwahn nennt als sinnvolle Wege zur Motivation "Neugier fördern, ermutigen Fragen zu stellen, bestärken (!), passender Anspruch, Höflichkeit und Freundlichkeit, das Gefühl vermitteln persönlich angesprochen zu sein". Da stimme ich voll zu. Und auch seiner Abwehr der Vorstellung, "dass unmotivierte Schüler nur ein Zeichen eines unfähigen Lehrers" sind.
Allerdings deutet er auch an, dass eine Lehrerpersönlichkeit, die es verstünde, auch den Demotiviertesten zu "vermitteln persönlich angesprochen zu sein" nahezu den Stein der Weisen zur Motivation hätte (Tua res agitur).
7. Maik Riecken: Zur Blogparade
Genau da setzt auch Riecken an, wenn er als Voraussetzung für Motivation die Beantwortung dieser beiden Fragen sieht: “Was interessiert dich eigentlich? Worin siehst du für dich Sinn?” - Wenn Personen lernen, diese Frage zu beantworten, dann ist gewiss viel für Persönlichkeitsbildung getan, und damit für die Fähigkeit, sich selbst zu motivieren.
8. Herr Larbig: Wie motiviert man Unmotivierte? - ein Versuch
Herr Larbig liefert wieder eine sehr präzise Analyse, aus der ich für meine Zwecke folgende Passage herausgreife: "Selbst motiviert sein [...] am gemeinsam lernen, [...] ohne den eventuell vorhandenen Wissensvorsprung der Lernen[den]  in einigen Bereichen zu übergehen" sind wichtige Voraussetzung für Motivation auch des Gegenübers.
Das ist nahe an der Methode "Lernen durch Lehren": Der Lehrer leitet die Lernenden an, wie sie sich gegenseitig etwas lehren können.
9: hokey: Zur Blogparade
hokey erläutert sehr schön: Auch prizipiell Motivierte können mal so gestresst sein, dass sie unmotiviert sind.
Nicht jeder erfährt dann das, was der anonyme Gast im 14. Kommentar (sieh unten) berichtet: nämlich dass die andern dafür mit aller Macht in die Bresche springen, um die fehlende Motivation des einen durch die erhöhte Motivation der Gruppe auszugleichen.
Um es mir leicht zu machen, kleide ich mein Lob für hokeys sehr anschaulichen Artikel in die Worte eines dort Kommentierenden: "Leider sind viele Kollegen nicht so selbstreflektierend."
10. Lernspielwiese (mons7): Zur Blogparade
mons7 schreibt in ihrem Artikel ein Stück weit aus der Perspektive der Unmotivierten und merkt an, sie sei auch immer wieder unmotiviert gewesen, nämlich wenn
"1. es sich so anfühlte, als werde meine Arbeit vom Gegenüber mitnichten geschätzt.
2. ich mich massiv unterfordert fühlte.
3. ich keinerlei Einfluss auf die Art der Ausführung der Tätigkeit hatte (und im Grunde meines Herzens überzeugt davon war, es gebe eine effizientere/angenehmere/für die Organisation bessere Art der Durchführung)."
Und auf die schwere Frage, wie man die verschiedenen Arten von Unmotiviertheit erkennen könne, meint sie:
"Die einzige Antwort, die mir – und auch erst jetzt nach vorstehenden Überlegungen – dazu einfällt ist jene, dass man das jeweilige Individuum danach fragen sollte/könnte. Und dann – aber eben erst dann – überlegen, wie man – gleichsam an der Wurzel – etwas (was auch immer) ändern könnte."
11. Was Spaß am Lernen bringt
Peter Struck betrachtet das Beispiel Polen.
12. Ann-Theres über Lernmotivation und Lernhemmnisse bei Senioren
13. @schb hat schon am 19.8.2010 einen wichtigen Beitrag zu dieser Blogparade geliefert: Sechs Möglichkeiten, Lernende zu demotivieren. Darin weist er auf den gleichnamigen Aufsatz von Manfred Prenzel von 1997 (dort genauer zitiert) hin. Zentral ist für Prenzel, "dass gerade die Verantwortung, die sich die Lehrenden für den Lernprozess der Lernenden zusprechen, kontraproduktiv ist."
14. Linda Tutmann hebt hervor, wie wichtig für die Motivation eine Bezugsperson und das Vertrauen in die Wichtigkeit der eigenen Person ist. Die wichtigsten Gedanken sind unter "Motivation durch Bindung an eine Bezugsperson" zusammengefasst. Ihr vollständiger Bericht über Flüchtlingskinder findet sich hier.
15. Georg Rückriem schreibt über Sinn als die Voraussetzung von Motivation. Es ist der neuste Beitrag (22.1..12) und - wenn ich nicht unaufmerksam war - der des ältesten Teilnehmers. (Übrigens weiß Georg noch nichts davon, dass ich ihn hier aufgenommen habe, und Lisa Rosa auch noch nicht, dass sie mich darauf hingewiesen hat.) Schließlich ist er auch Professor für Pädagogik und was sonst noch alles. Hier seine - ebenfalls höchst wissenschaftliche - Arbeit zur Lernkultur.

Fontanefan  fährt fort:
Von der Reaktion auf meine Frage bin ich überwältigt und danke allen Teilnehmern der Blogparade herzlich für ihren Einsatz. Herzlichen Dank auch im Sinne aller Leser dieses Artikels!
Meine Empfehlung: Bevor Sie weiterlesen, sehen Sie sich erst einen der oben angeführten Artikel an.

Haben Sie das getan? Dann dürfen Sie jetzt weiterlesen:

Lernwiderstände:
1. Anforderungsniveau
Ein wichtiger Grund, der einen daran hindern kann, ein Problem anzugehen, ist, dass es zu schwer zu bewältigen scheint.
Das fängt schon bei der Sprache an. Oft kann eine etwas leichtere Sprache helfen.
Beispiel: Warum sind die Dinge, wie sie sind?
Ein Leistungskursschüler hat das Problem auf die einprägsame Formel gebracht "Bei diesem Text verstehe ich nur und und oder."
Ich nenne es für mich selbst das Adorno-Symptom, seit ich seine Erklärung gelesen habe, warum er von den USA nach Deutschland zurückgekehrt sei: In angelsächsischen Ländern erwarteten Lektoren von ihm, dass er verständlich schreibe.
So ist auch zu erklären, dass nur für die englische Wikipedia eine Version in leichter Sprache existiert, die Simple English Wikipedia(Genau genommen ist die SEWP freilich nicht konsequent in einfacher Sprache geschrieben. Die Autoren versuchen nur nach Kräften, möglichst einfach zu schreiben; bei der Erläuterung der Heisenbegschen Unschärferelation vereinfacht man nicht so lange, bis auch Menschen mit extremen Lernschwierigkeiten alles verstehen. Dennoch wird fortwährend an einer weiteren Vereinfachung schwieriger geschriebener Artikel gearbeitet.)
Für den deutschen Sprachbereich treten die verschiedensten Frageforen in die Bresche. Ich nenne eins, für das ich selbst öfters arbeite: Gute Frage. Hier zeigt sich eine zweite Schwierigkeit.
Viele Menschen haben Probleme bei der Recherche im Internet und geben deshalb vorzeitig auf. Auch dafür versucht Gute Frage die Lösung zu sein.

Gegen ein zu niedriges Anforderungsniveau scheint das Internet mit seiner Fülle von Querverweisen ein sehr geeignetes Medium zu sein. Wie man der Flucht in reines copy and paste entgegenwirken kann, erläutert Klaus Dautel.

Ein Problem stellt allerdings weiterhin dar, dass der Anreiz zur Ablenkung vom Lernen für viele größer ist als der zum Lernen. Das gilt insbesondere bei der Verwendung des Internets. (Beispiel)

2. vom Lehrer hervorgerufene Lernwiderstände

Zu Lernwiderständen führen (nach M. Prenzel, s.o.) insbesondere:
a) Unklarheit über die Ziele oder gar von den Lernenden abgelehnte Ziele
b) ein unpassendes Anspruchsniveau, besonders ein als zu niedrig empfundenes (vgl. Nr.1)
c) zu viel Kontrolle* und nicht nur zu viel Tadel, sondern auch Lob, das der Lernende nicht ernst nehmen kann
d) allgemein: jede Festlegung von Lernschritten, die nicht in Übereinstimmung mit dem Schülerinteresse steht
e) fehlendes Interesse des Lehrenden für den Lerngegenstand
Allgemein gesagt: Sobald der Lehrer selbst den Lernprozess steuern will und mehr als Lern-ermöglicher sein will, drohen Widerstände. Oft werden sie selbst von den Lernenden nicht erkannt, beim Lehrenden werden sie meist nur als Lernverweigerung und Störung wahrgenommen.

*Die Gefahr von zu viel Kontrolle schildert der Beitrag Kreide kotzen anschaulich am Beispiel von Referendaren, die zu sehr gegängelt werden und deren eigene Initiative zu wenig wahrgenommen wird. (Vielleicht ist die Darstellung aus Lehrersicht für Lehrer besonders leicht nachzuvollziehen.)


Meine weiteren Überlegungen habe ich hier in Thesenform festgehalten.
Durch die Kurzfassung in Thesen soll ein leichterer Zugang geschaffen werden.
Außerdem soll durch die Verkürzung Kritik erleichtert werden, damit es leichter zu Diskussionen kommt.

Über fremde und eigene Erfahrungen, wie verschwundene Motivation wieder gewonnen werden kann, berichte ich hier.

Motivationstheorien an Beispielen (ZEIT online 19.9.2016)

vgl. auch Herrn Larbigs Session im clc12: Zukunft des Lernens
Weiteres vom clc12 zu Lernen: z.B. Lernangebote, Lernkultur, Wissensvideos

Weitere bitte selbst als Kommentar eintragen bzw. tweeten! Ein PingBack funktioniert bei meinem Blog nicht!)
Ich verspreche, dass ich diese Beiträge lesen werde und sie, bevor ich weiter schreibe, in meinen Gedankengang einbeziehe.

Auswertung einer Blogparade zu Lernlust von Bob Blume, 25.2.15

KeinBock auf Schule? Ein Motivationsvideoveröffentlicht am 16.08.2014, 5min 41sec

29.9.12

Persönliche Eindrücke vom CoporateLearningCamp clc12

Als Blogger muss man aufpassen, dass man nicht zu viel Zeit im Internet verbringt und darüber seine Rückengymnastik, seine Haushaltsaufgaben oder auch nur das Abendessen vergisst...

Doch wenn man dann im richtigen Leben feststellen darf, dass diese Zeit im virtuellen Raum erlaubt hat, dass man mit sehr sympathischen und imponierenden Menschen eine Art Vertrautheit erworben hat, die man mit manchen anderen aus der realen Welt über Jahre nicht erwirbt, dann tut das gut.

                                                             Twitterwall vom clc12

Dass man in vertrauter Umgebung, in der man eine ähnliche Sprache spricht, auch mit "wildfremden" Menschen aus anderen Lebensbereichen ganz unbefangen lernen kann, kommt noch hinzu.

                                                          Die Sessions vom Samstag

Das liegt freilich nicht zuletzt am Format eines Barcamps und den Organisatoren: Karlheinz, Andrea und Monika. Herzlichen Dank!

Mein Dank zu meiner Session geht an die hervorragenden Beitragenden (vgl. hier) und an die Protokollanten Frieder und Wolfgang!

26.9.12

20 Millionen Schweine auf den Müll?

"Die Welt" berichtet am 25.9.12: Naturschützer schätzen: Jährlich geraten weltweit ca. 20 Millionen Schweine in den Müll.

Ich habe gegen Sojaschroteinfuhr und Fleischausfuhr Deutschlands und der EU protestiert:


Sehr geehrte Frau Aigner, sehr geehrter Herr Cioloş

Deutschland führt jährlich 4,2 Millionen Tonnen, die EU sogar 35 Millionen Tonnen Soja-Bohnen und Soja-Schrot als Futtermittelzusatz ein. Der Großteil davon stammt aus Südamerika und ist gentechnisch verändert (GV-Soja). Er landet im Futtertrog der Rinder, Schweine und Hühner in Europa.
Um Platz für die Soja-Monokulturen zu schaffen, werden in Argentinien, Brasilien und Paraguay die Tropenwälder abgeholzt. Auf dem überwiegenden Teil der Flächen wächst Gensoja des Monsanto-Konzerns aus den USA.
Die Monokulturen werden mit großen Mengen des Herbizids Roundup besprüht, einem weiteren Produkt von Monsanto. Hauptbestandteil von Roundup ist das Pflanzengift Glyphosat. Glyphosat kann beim Menschen Krebs, Embryonal- und Nervenschäden auslösen. Für im Wasser lebende Tiere wie Kaulquappen ist es tödlich.
Da mittlerweile immer mehr Wildkräuter resistent gegen das Pflanzengift sind, müssen immer größere Mengen und giftigere Mischungen verschiedener Herbizide versprüht werden. Die Chemikalien vergiften die Lebewesen, Böden und Gewässer. Auch die Menschen erkranken davon oder sterben sogar.
Mit unserem Sojakonsum in Europa sind wir für die Regenwald-Vernichtung und das Leiden der Menschen in Südamerika verantwortlich. Rettet den Regenwald e.V. fordert daher, die Importe von Soja nach Deutschland und in die EU unverzüglich zu stoppen.

Zur Protestaktion von Rettet den Regenwald e.V.

18.9.12

Strompreisnebelwerfer


Für Strom aus Windkraft und aus Photovoltaik braucht man keinerlei Rohstoffe, deshalb ist er kostenlos, so lange die Anlage funktioniert.
Je mehr Strom aus Windkraft und Photovoltaik produziert wird, desto mehr muss der Durchschnittsverbraucher zahlen.
Beide Aussagen sind richtig.
Die Anhänger der Energiewende tragen den ersten Satz vor, die Gegner den zweiten. Beide Sätze sind aber nur die halbe Wahrheit, und deshalb ist die Diskussion so verwirrend.
Was steckt dahinter?
Die Investitionen für Atomkraftwerke hat der Staat hoch subventioniert. Die - zukünftigen - Kosten für die Beseitigung der verstrahlten Altlasten ebenfalls. Deshalb - und weil die Energiekonzerne darauf spekuliert haben, dass der Atomausstieg so ernst nicht zu nehmen sei - konnten sie den Atomstrom konmkurrenzlos billig anbieten. Der Staat hat subventioniert, die Konzerne haben profitiert.
Beim Umstieg auf erneuerbare Energien wollte der Staat es klüger machen. Diesmal sollten die Stromkonzerne die Umstellung finanzieren. Deshalb hat man das Einspeisegesetz geschaffen, das die Konzerne verpflichtet, den Anbietern von Solarstrom so hohe Preise zu zahlen, dass sich für die die Investition in Solaranlagen rechnet. Dass diese Zahlungen auf den allgemeinen Verbraucherpreis aufgeschlagen werden, schien angesichts der geringen Menge Solarstrom, die angeboten wurde, vernachlässigbar.
Seit mehr Solarstrom produziert wird, entsteht an der Strombörse die leicht absurde Situation, dass der in der Herstellung billige Solarstrom den Strom an der Börse verbilligt, dass deswegen die Kosten für die Einspeisevergütung umso stärker ansteigen.
Deshalb können die Energiekonzerne behaupten: der - billige - Solarstrom sorgt für höhere Preise beim Endverbraucher. Diese halbe Wahrheit geistert gegenwärtig durch die Leserbriefspalten.
Dazu kommt dann noch der Spruch: "Der Strom muss bezahlbar bleiben."
Dabei denkt man freilich nur an die Großverbraucher von Strom. Deren Strom wird von den Normalverbrauchern subventioniert. Und das macht ihren Strom so teuer.

Angela Merkels Ankündigung,  dass der "rapide Ausbau von Wind- und Solarenergie durch die Länder zu hohe Stromkosten" nach sich ziehe, ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass allein der kleine Endverbraucher die Rechnung ihrer Energiewende bezahlen soll. Für den Bundeshaushalt soll alles kostenneutral sein. Wenn das nicht geht, wird der Atomausstieg vermutlich unter Hinweis auf die verfassungsmäßig abgesicherte Schuldenbremse verschoben, während gleichzeitig für den Rettungsschirm eine zeitlich und hinsichtlich des Betrages unbegrenzte Zahlungsverpflichtung durchgeboxt wird.

14.9.12

Geschichtsunterricht und Wikipedia

Während es in der Anfangszeit noch sinnvoll erschien, im Unterricht für die Wikipedia Beiträge zu verfassen, und so forschungs- und handlungsorientierten Unterricht anzuregen, ist das bei der gestiegenen Qualität der Wikipedia für Geschichte nur noch in Einzelfällen möglich (In anderen Fächern gibt es auch aus neuerer Zeit durchaus sehr erfreuliche Beispiele, dass das noch geht.)
Wer die Kombination von forschungs- und handlungsorientiertem Unterricht anstrebt, kann das jetzt besser durch die Kritik an Wikipediaartikeln und das Umschreiben auf didaktische Zielsetzungen (z.B. Gewichtung des didaktischen Schwerpunkts, schülerorientierte Sprache) erreichen.

Wie viel Verbesserungspotential die Wikipedia gerade im Bereich Geschichte eröffnet, wird kompetent von Peter Haber auf histnet im Artikel "Wikipedia. Ein Web 2.0-Projekt, das eine Enzyklopädie sein möchte" erläutert.
Wer den Begründungszsammenhang genauer kennen lernen möchte, greift am besten auf Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 63 (2012), 5-6 zurück. (Hier ein Link zu einem Überblick in die Inhalte des Heftes und eine kurze Einodrnung der Beiträge)

Wenn man vollständige Texte veröffentlichen lassen möchte, kann man das besser in Blogs oder didaktisch orientierten Wikis wie z.B. dem ZUM-Wiki tun. Dort vermutlich am besten auf Kurs- und Klassenseiten.

10.9.12

Die Frau an seiner Seite

Ich habe natürlich darüber nachgedacht: Ruth Brandt, Lady Di ...

Aber erst Bettina Wulff verdanke ich, dass mir der große Zusammenhang deutlicher geworden ist: Hillary Clinton, Michelle Obama, Ségolène Royal,  Valérie Trierweiler. Die Liste ließe sich - jede mit einer ganz eigenen Geschichte - fortsetzen.*
Wie schwer ist es auch der "Mann an ihrer Seite" zu sein: François Hollande, Bill Clinton.

Braucht ein "großer" Mann einen "Boss" (Eleanor Roosevelt, Loki Schmidt, ...)? Oder besser die passende Abfolge von Lebensgefährtinnen?
Wie steht es bei "großen Frauen"? Margaret  Thatcher, Angela Merkel? Hillary Clinton, Ségolène Royal ...  ? Oder Lou Andreas-Salomé, Alma Mahler-Werfel ...?

Es gibt viel nachzudenken. Vielleicht ist es noch nicht Zeit für einen Blogartikel? Oder hat jemand von euch schon den Durchblick?

Dann wären da noch Inge Jens "Unvollständige Erinnerungen" sowie Katja Manns und Elisabeth Johnsons ungeschriebene Memoiren.
Ich habe großen Respekt vor der Unvollständigkeit der öffentlichen Erinnerungen dieser und anderer Partner wichtiger Personen.
So sehr meine Neugier wünschte, sie wären ähnlich mitteilsam wie so manche - etwas weniger wichtige - Person auf Facebook.

*Elly Heuss-Knapp, Auguste Adenauer,

Der FR verdanke ich den Hinweis auf bzw. die Erinnerung an Winnie Mandela, Miriam Raffaella Bartolini, Danuta Walesa und Cherie Blair.
Laut FR vom 13.9.12, S.39 schrieb Danuta Walesa in ihren Memoiren: "Im August [1980] ist alles zusammengebrochen. Unser Nest wurde auseinandergerissen" und laut AFP "Ich bin wohl berechtigt, den Computer zu hassen, der [für ihn] wichtiger geworden ist als die Menschen". Diese Memoiren schrieb sie 31 Jahre nach der Erfahrung von 1980.
Die faz.net äußerte sich anlässlich Danuta Walesas Buch schon 2011 auch zu öffentlichen Aussagen anderer First Ladys, u.a. Nobuko Kans, die schon während der Amtszeit ihres Mannes äußerte, er sei "kein geborener Führer und ein schlechter Redner" (faz.net).
Insofern ist Bettina Wulff ja wohl noch zurückhaltend (?), zumal sie sich noch nicht über dreckige Socken geäußert hat wie eine andere Präsidentengattin.

(wird nach weiterem Nachdenken weiter verändert)

8.9.12

Jetzt!

Die Forderung ist alt. Der Text erscheint relativ nichtssagend. Originell erscheint nur das "jetzt".

Warum in Zeiten der Eurokrise, in Zeiten, wo das Grundgesetz zur Disposition steht, wo die Politik in den USA von der Teaparty übernommen zu werden droht, weil die Finanzkrise die US-Konjunktur dauerhaft beeinträchtigt hat, warum gerade jetzt die Forderung nach ökumenischer Einheit der Kirchen?

Wenn der christlich-jüdische und der christlich-muslimische Dialog gelingen soll, braucht es Empathie.
Was, wenn die nicht einmal für innerchristliche Verständigung reicht?

Ich werde unterschreiben. Link

Und die Gelegenheiten der Verständigung intensiver zu nutzen versuchen.
Dank für die Erinnerung!

26.8.12

Mittelalterliche Besitzverhältnisse waren kompliziert


Als Beispiel wähle ich das heutige Schloss Schaumburg (Text nach dem Wikipediaartikel "Schloss Schaumburg"). Weiterführende Links finden sich dort. Die Hervorhebungen sind von mir.
Ursprünglich hieß sie „Schauenburg“ oder „Schowenburg“. Die Schaumburg wurde im Jahr 1197 erstmals genannt, sie war das Zentrum einer gleichnamigen Herrschaft. Die Burg war im 12. Jahrhundert im Besitz der Grafen von Leiningen.
Mit dem Aussterben der Grafen im Mannesstamm um 1220 kam es zu einer Teilung und mehrfachem Besitzwechsel des Burglehens. Ein Teil der Burg befand sich im Besitz von Elise, der Tochter des Grafen Einicho von Leiningen und Gattin von Ruprecht dem Streitbaren von Nassau. Mit ihrem Tod ging dieser Anteil über ihre Tochter auf die Grafschaft Virneburg über. Ein weiterer Anteil an der Burg fiel an die Grafschaft Diez und von dieser an die Grafschaft Weilnau. Ein dritter Teil der Schaumburg fiel an das Haus Isenburg. Bei dessen Erbteilung 1232 gelangte der Anteil Schaumburg in den Besitz Gerlachs I. von Limburg. Das Haus Limburg musste jedoch bereits 1266 in einem Schiedsspruch zugunsten Kurkölns auf den Teil der Burg verzichten. Der Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg übertrug den Kurkölner Anteil 1276 an das Haus Westerburg.
Das Haus Westerburg baute ab 1279 die Schaumburg aus. Um die Stellung der Burg zu schwächen, erbaute Balduin von Luxemburg die Burg Balduinstein in der Nähe der Schaumburg. Es kam zu einem längeren Streit, in dessen Folge der Ort Balduinstein 1321 aus der Herrschaft Schaumburg getrennt und zur Stadt erhoben wurde.
Bis zum 15. Jahrhundert konnte das Haus Westerburg alle anderen Anteile der Burg erwerben. Ab 1557 residierte das Haus Leiningen-Westerburg-Schaumburg, eine Seitenlinie des Hauses Westerburg, auf der Schaumburg. 1656 verkaufte Georg Wilhelm von Leiningen Burg und Herrschaft an Agnes von Effern, die Witwe des Grafen Peter Melander von Holzappel, welche die Herrschaft Schaumburg mit der Grafschaft Holzappel vereinigte. Agnes starb noch im selben Jahr; die Schaumburg verblieb im Besitz ihrer weiblichen Nachkommen: Haus Nassau-Dillenburg (1656–1707), Anhalt-Bernburg-Schaumburg (1707–1812), Habsburg-Lothringen (1812–1867).

14.8.12

Quadriga Funkkolleg

Das Quadriga Funkkolleg, vom Hessischen Rundfunk angefangen, von der Quadriga von HR, SR, SDR und SWF ausgebaut, war eine vorzügliche Möglichkeit für Lehrer, die fernab jeder Universitätsbibliothek wohnten, sich über laufende wissenschaftliche Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten.
Strukturalistische Linguistik und Generative Tranformationsgrammatik sind zwar nur kurzfristig und relativ oberflächlich in den schulischen Sprachunterricht eingegangen, doch bot das Funkkolleg "Sprache – Eine Einführung in die moderne Linguistik" genügend Einführung, dass man Elemente davon einsetzen konnte und andererseits sich ein Bild darüber machen konnte, was dem Sprachunterricht ohne diese Konzepte fehhlte (bzw. nicht fehlte).

"Pädagogische Psychologie" und "Beratung in der Erziehung" hatten zu Recht die höchsten Teilnehmerzahlen und zwar höchstwahrscheinlich primär bei Lehrern; denn diese Gebiete waren in der Lehrerausbildung der davor liegenden Jahre meist recht stiefmütterlich behandelt worden, so wenig ich manche Universitätsveranstaltungen dieser Zeit missen möchte.
Diese beiden Funkkollegs brachten durch Auffrischung und Ergänzung von Kenntnissen und durch Ausweitung des methodischen Istrumentariums Ansätze, die eigene Praxis nicht nur aufgrund der eigenen Erfahrung zu reflektieren. Den Blick von außen vermochten sie freilich nicht zu ersetzen.

Damals habe ich das multiple-choice-Verfahren schätzen gelernt. So wenig es geeignet war, Verständnis abzuprüfen, so geeignet war es doch bei den Hausarbeiten als Checkliste, welche Texte man sich bisher noch nicht oder nicht genau genug angesehen hatte.
Für mich waren die Begleitbriefe immer das Wichtigste. Ich habe sie nach dem Eintreffen wie Zeitung gelesen, wenn auch natürlich nicht auf einen Rutsch. Dagegen war es unverhältnismäßig aufwändig, die Sendezeiten wahrzunehmen. So habe ich dann auch, als die Quadriga sich auflöste und Sendungen in den Mittelpunkt traten, die Beteiligung am Funkkolleg aufgegeben.

So sehr ich das Internet und insbesondere Wikipedia als Informationsquelle schätze und zu würdigen weiß, dass Unversitäten Vorlesungen zugänglich machen (Beispiel Yale), das Funkkolleg können sie mir nicht ersetzen.
Dort wurde aktuelle Forschungsstand auf einem Sachgebiet umrissen und andererseits didaktisch so gut aufbereitet, dass man den Zusammenhang nicht verlor, auch wenn man eine intensivere Lektüre von Fachliteratur nur noch vereinzelt leisten konnte.
Leider hat die Lehrerfortbildung, die ich erlebt habe, das so nicht leisten können.

Was sie für mich geleistet hat, war Anstoß zur inhaltlichen Erarbeitung von Teilgebieten, Einführung in neuere methodische und didaktische Konzepte und die Hinführung zur fachlich Arbeit mit Computer und Internet.
Das war eine ganze Menge! Doch führte dessen Beschreibung mich ganz vom Thema Praxisreflexion weg.

Doch eins sollte ich in diesem Kontext ansprechen: Das war angeleitetes Lernen. Ganz selbständiges, nur von eigenen Interessen geleitetes Lernen kann zu einer Verengung des Blicks führen, wie sie durch das Verharren  in den eigenen sozialen Netzwerken und durch die Ausrichtung von Suchmaschinen auf die eigenen Vorlieben  beim Umgang mit dem Netz ohnehin drohen.

13.8.12

Supervision als wichtiges Hilfsmittel für reflektierende Lehrer

Reflexion über die eigene Praxis als Lehrer heißt nicht zuletzt Reflexion über den Umgang mit Schülern, zu denen man schwer Zugang findet. Besonders dafür, aber auch für meine Unterrichtspraxis habe ich Supervision als wichtiges Hilfsmittel erlebt.
Dabei habe ich an zwei Gruppen teilgenommen, an einer, bei der zwei Psychologen die Leitung hatten und Übungen zur Selbsterfahrung im Umgang mit Schülern und Eltern machten, und einer, bei der die teilnehmenden LehrerInnen angeleitet von einem erfahrenen Psychotherapeuten ein Verständnis für die Situation des Schüers und seiner Eltern und ihr Verhältnis zu den jeweiligen Lehrenden zu erarbeiten versuchten.
Beide Gruppen waren nützlich. Das lag schon daran, dass man den speziellen Fall vorzutragen hatte und dazu die Sicht verschiedener Außenstehender bekam. Sehr wichtig war aber insbesondere, dass man viele unterschiedliche Fälle aus verschiedenen Schultypen aus der Sicht ganz unterschiedlicher LehrerInnen kennen lernte und so eigene Problemfälle zu relativieren und einzuordnen begann.
So denke ich an die Junglehrerin, die davon berichtete, dass ihr von einem Schüler, der neu in ihre Klasse kam, berichtet wurde, er habe angekündigt, seine Lehrerin umzubringen, und die dennoch rasch zu ihm Zugang zu ihm gefunden, aber immer noch ein ungelöstes Problem mit ihm hatte.
Gemeinsam konnten wir ihr ein differenzierteres Verständnis der Situation des Schülers ermöglichen, und spätere Berichte zeigten, dass dies sich auch als hilfreich erwies.
Ich meinerseits hatte durchaus meine Schwierigkeiten mit Schülern, die ihre Ablehnung von Unterricht weit harmloser als durch Morddrohungen zum Ausdruck brachten. Auch imponierte mir, dass diese Lehrerin bei der Erläuterung ihrer Situation darauf kam, dass sie ständig mit Referendaren überlaufen sei und die auch nicht abweisen wolle, weil bisher alle mit einer eins im Examen abgeschnitten hätten. (Schon aus Selbstschutz ist man gegenüber solcher Renommisterei ja vorsichtig. In ihrem Fall kam das freilich so beiläufig neben dem angestrengten Versuch um Verständnis der Situation des Schülers her, dass ich bereit war ihr Glauben zu schenken.)
Wenn man in gemeinsamer Reflexion dazu beitragen kann, dass solch eine Kollegin ihre Schüler besser versteht, hat man den Eindruck, etwas gelernt zu haben.
Bezeichnender ist aber ein anderer Fall. Eine erfahrene Grundschulkollegin, die immer wieder durch eine sehr gute Kenntnis ihrer Schüler aufgefallen war, berichtete von ihren vergeblichen Anstrengungen, einen Schüler zu fördern, zu dem sie durchaus ein Vertrauensverhältnis gewonnen hatte. Auch unsere Bemühungen, die ihr durchaus ein noch differenzierteres Verständnis des Schülers ermöglichten, brachten ihr keine wesentliche Hilfe.
Dann berichtete sie plötzlich davon, dass bei dem Schüler ein Durchbruch erzielt worden sei. Sie hatte keine neue Erkenntnis gewonnen, sie hatte auch ihr Verhalten gegenüber dem Schüler nicht geändert. Aber in der Nachmittagsbetreuung - seine Mutter war berufstätig -war er von einer Gruppe von 24 SchülerInnen (SuS) mit einer Betreuungsperson in eine gewechselt, wo pro acht SuS eine Betreuung zur Verfügung stand. (In der gab es ein sehr überzeugendes etreuungskonzept.) Dort konnte er sich erstmals auf Lernen konzentrieren. Das hatte es gebracht.

Zu sehen, dass manchmal äußere Bedingungen verantwortlich sein können und alles Verstehen der Situation des Schülers und der seiner alleinerziehenden Mutter nicht entscheidend hilft, hatte auch etwas Entlastendes.

Der Schüler ging übrigens in die 1.Klasse. Was die Veränderung der Nachmittagsbetreuung in dieser Situation für seine gesamte Schulkarriere ausgemacht hat, ist gar nicht abzuschätzen.

Dieser Beitrag ist Teil der von Herrn Larbig angeregten Blogparade Reflektierende Praktiker.

8.8.12

Meine persönliche Erfahrung mit Unterrichtsreflexion


Der hier folgende Artikel ist in seinem Anfang identisch mit dem letzten Teil des Artikels Reflektierende Praktiker vom 7.8.12, der im Rahmen einer von Herrn Larbig angeregten Blogparade entstand.
Da dieser Artikel aber von vielen gelesen wurde, bevor ich diesen Teil angefügt habe, wiederhole ich ihn hier und nenne im Anschluss schon die weiteren Kapitel, die noch folgen sollen.


Ständige Überprüfung der eigenen Unterrichtsstrategie an den Unterrichtserfolgen sollte selbstverständlich sein und bei den meisten Kollegen ist sie das auch. Mein Pädagogisches Tagebuch als Reflektionsjournal habe ich aber nicht lange geführt. Entscheidend war immer die Außensicht.

Ganz wichtig ist die Rückkopplung mit Schülern. Sie ist aber nicht hilfreich, wenn der Lehrer keinen Lernwillen der Schüler voraussetzt und da, wo er nicht vorhanden ist, nicht erkennt, wodurch er verloren ging. Das heißt, es muss eine offene Kommunikation möglich sein. Wo das - wie sehr häufig - nicht der Fall ist, kann Mediation helfen. Wenn der Mediator das Vertrauen der Schüler gewinnt, hat der Lehrer die Möglichkeit die Interessen der Schüler unverzerrt durch konfrontative Standpunkte und/oder abhängigkeitsbedingte Beschönigungen wahrzunehmen.
Eine interessante Möglichkeit, auf die kreidefressen hinweist (danke!), ist die anonyme online-Befragung der Schüler über Sefu. Das setzt freilich Schüler voraus, die auf die Anregung eingehen.

Nützlich ist es aber auch, in die Schülerrolle zu schlüpfen.
Das kann geschehen, wenn man dem Unterricht eines Referendars folgt und dabei z.B. feststellt, selbst der aktivste Schüler weniger als 10 Minuten dem Unterricht folgt (ein energisches Plädoyer für Lernen durch Lehren und forschendes Lernen).
Noch nützlicher aber fand ich die Gelegenheiten, wo ich an Fortbildungen teilnahm und die Vorteile von informierenden Frontalphasen und gut organisierten Gruppenphasen mit öden Informations- oder gar Selbstdarstellungsblöcken und ermüdenden Gruppendiskussionen verglich (wie bekannt: ein Saboteur kann - wenn die Methode nicht rasch gewechselt wird - eine Lerngruppe im Nu lähmen; eine mitreißende Aufgabe kann auch bei allgemeinem Desinteresse Anstöße geben, die noch nach Jahren Wirkung zeigen).

Gemeinsame Erarbeitung von Unterricht mit Kollegen, deren Unterricht ich meinem eigenen vorzog, hat meine Reflexion wesentlich gefördert, nur hatte ich nicht ständig die Gelegenheit dazu (was nicht daran lag, dass ich meinen Unterricht immer vorbildlich gefunden hätte).

Gelegentlich frustrierender, aber auch erstaunlich lehrreich ist die Arbeit mit LehrerInnen im Vorbereitungsdienst (LIVs, vormals Referendaren).

Ein großer Vorzug: Während sonst gerade das, was im Unterricht nicht läuft, zur Reflektion herausfordert, kommt bei der Arbeit als Mentor mehr das in den Bick, was man schon gut macht.
Zum einen, weil man bei Anfängerfehlern befriedigt feststellen kann: Wenigstens den Fehler machst du nicht mehr. Zum anderen, weil man sich bei der Unterrichtsvorbereitung bemüht, möglichst sichere Tipps zu geben.
Aber auch die eigenen Schwächen kommen bei der Arbeit mit LIVs ganz anders in den Blick:
1. Man sieht manches, was wenig hilfreich ist und versteht, weshalb es nicht funktioniert, und stellt gelegentlich fest: Das mache ich ja genauso. Höchste Zeit, dass ich das ändere.
2. Die/der Ausbildende weist die LIV auf etwas hin, wovon man noch nichts gehört hat. Höchste Zeit, dass man sich schlau macht.

Weitere Kapitel:
Supervision
Funkkolleg